Die Selbstübereignung durch Deppenstempel und Arschgeweih
Ein Aspekt, an den ich noch gar nicht so intensiv gedacht hatte.
Ich hatte gerade geschrieben, dass ich eben bei einem Vortrag einer Firma war, die Videoschnipsel handelt und dazu Videographen anfüttern will.
Natürlich haben sie erläutert, wie sie sich das so vorstellen und welche Anforderungen sie stellen.
Wenn beispielsweise ein Markenlogo im Bild ist, dann wird das schwierig. Man müsse die also abdecken oder anderweitig aus dem Bild nehmen, also beispielsweise kein Mac-Book, an dem man den Apfel sieht, oder kein T-Shirt mit Nike drauf. Und die Personen müssen, wenn es nicht gerade Berichterstattung aus der Öffentlichkeit ist, ein Release vorlegen, also dass sie erklären, das zu erlauben.
So weit, so gut. Bekannt.
Dann aber sagte sie etwas, was ich bisher nicht so im Blick hatte. (Die Firma sitzt in Kanada, USA, London, Prag, nur so als Hintergrund zum Rechtsumfeld.)
Wenn nämlich abgebildete Personen sichtbare Tattoos haben, und das nicht nur einfache 08/15-Tattoos sondern irgendwelche Bilder oder bildlichen Darstellungen wären, dann bräuchte man zusätlich ein Release das Tattoo-Künstlers. Dann muss der zustimmen, dass man das veröffentlichen darf.
Ist ja der Wahnsinn.
Da lassen sich Leute tätowieren, in die Haut, was sie nicht mehr wegkriegen, und berauben sich damit lebenslang der Freiheit, sich selbst zu veröffentlichen? Sind für den Rest ihres Lebens von der urheberlichen Zustimmung des Tattoo-Fritzen abhängig?
Was ist zum Beispiel, wenn der verstorben ist und das Recht auf seine Erben übergeht und die das entweder nicht gutheißen oder ganz viel Lizenzkohle haben wollen?
Oder man bei verschiedenen Künstlern war, die sich gegenseitig nicht leiden und sich gegenseitig blockieren wollen?
Oder der Künstler so ein politisch korrekter und der Meinung ist, dass man Tätowierten die Einnahmequellen abschneiden müsse?
Oder meint, ja, gerne, aber nur für eine Runde im Bett?
Es würde mich echt mal interessieren, wieviele der Tätowierten sich dessen bewusst sind, dass sie sich damit rechtlich einem oder mehreren anderen übereignen.
Aktfotografie
Ich habe ja der Aktfotografie bis auf unabsehbar weiteres völlig entsagt und abgeschworen.
Muss man sich vorstellen: Ich bin in zwei Fotografenforen und die hübschesten Frauen schreiben mich an, sie seien dann und dann in Berlin, ob ich nicht Lust und Zeit hätte, sie würden sich gerne vor mir ganz ausziehen.
Und ich sage „Nein, danke!”
Der blanke Wahnsinn.
Der Hauptgrund ist, dass mir das einfach viel zu gefährlich geworden ist. Die Gefahr, hinterher für irgendwas beschuldigt oder in eine Falle gelockt zu werden, ist für mich längst viel zu hoch.
Ein Nebengrund ist, dass das Thema Frauenakt auch irgendwie durch ist. Es ist wirklich schwer, noch irgendwie irgendeine Pose, Situation oder Darstellung zu finden, die ich nicht schon zwischen ein- und zehntausend Mal gesehen habe. Frauen sind wie ein Diercke-Atlas. Um 1850 waren Afrika, Südamerika und Australien noch große weiße Flecken mit der Aufschrift „größtenteils unerforscht”, da konnte man noch den Entdecker geben und in unerforschte Gebiete vordringen. Da wurden diese wunderbaren kleinen Sauereien noch unter dem Ladentisch gehandelt. Herrlich die frühfotographischen Frivolitäten. Heute kann man den ganzen Globus metergenau auf Googlemaps sehen und jede Ecke per Streetview von zuhause aus besichtigen. Mit jedem Winkel der Frau bin ich voll vertraut, alle anderen aber auch. Selbst wenn man noch tolle neue Bilder hinbekommt, es interessiert keinen mehr. Mit Büchern oder Ausstellungen von Bildern nackter Frauen zieht man keine Wurst mehr vom Brot. Das Thema ist erst mal durch.
Ein zweiter Nebengrund ist aber, dass mir die Tattoos auf den Wecker gehen.
Es ist heute echt schwer, noch Frauen ohne Tattoos zu finden.
Und es ist echt schwer, Frauen mit Tattoos noch ordentlich zu fotografieren. Irgendwas anzuziehen, Dessous, Strapse, Leder, weiß der Kuckuck ist schwierig, weil sich das optisch immer irgendwie beißt und nie zusammenpasst, außerdem schlicht zu viel wird.
Man kann eine tättowierte Frau im Prinzip auch nicht mehr ausziehen. Geht nicht mehr. Sie hat immer denselben Scheiß an.
Und es sind nur sehr, sehr wenige, bei denen das dann noch gut aussieht. Es sind inzwischen sogar immer mehr, die dann einen ganzen Arm oder Hals nur noch in dunkelblau haben, weil der ganze Mist nicht mehr wegging und nur noch durch Überdecken wieder unlesbar zu machen war. Wir reden ständig von Weißen und von Schwarzen, manchmal sogar von Roten und von Gelben, aber wir vergessen die wachsende (Noch-)Minderheit der Blauen völlig.
Und nicht selten haben sie sich dann sowas wie Dessous auftätowiert, oft Strumpfbänder oder Strapsstrumpfabschlüsse mit lächerlichen Schleifchen hinten, bei denen ich, wären sie echt, zuerst mal bitten würde, das auszuziehen. Ich frage mich ja manchmal, wer das beim Bumsen toll findet, wenn alles voller Schleifchen ist. Mittermeier hat das ja mal so durch den Kakao gezogen. Wenn man eine Frau mit Arschgeweih bumst, kommt man sich vor, als ob einem ein Hirsch einen bläst.
Nee, sorry, das ist nicht so meins und reduziert die Auswahl aus deutschen Landen enorm. (Allerdings wird der Markt der Aktmodelle heute längst von Ukrainerinnen aufgerollt, und bei denen ist das eher selten.)
Woran ich allerdings noch nie gedacht habe: Dass man für sowas dann nicht nur ein Release des Models, sondern auch des Tattoo-Naglers braucht.
Woher soll man überhaupt wissen, wer das war?
Ja, der hieß damals Jo und arbeitete in dem Laden, den es nicht mehr gibt.
Oder: Das war auf einer Messe in XY, den Preis weiß ich noch, das Jahr nicht mehr genau…
Oder: Da war ich besoffen…
Oder: Das war mein Ex, nur nicht kontaktieren…
Das ist einfach juristisch eine Katastrophe.
Juristische Doktorarbeit über urheberechtliche Probleme der Tattoo-Szene?