Ansichten eines Informatikers

Mitführungspflicht des Versicherungsnachweises

Hadmut
25.10.2019 16:30

Ich war gerade Mittagessen.

Sollte man nicht tun.

Immer wenn ich mit einem Problem im Kopf alleine zum Mittagessen gehe und dort dann darüber nachdenke, komme ich mit einem neuen zurück.

Es gibt für Drohnenflug eine Mitführungspflicht eines Versicherungsnachweises.

Gut. Nachdem ich nun (dämlicherweise) nach meinem letzten Blogartikel in den unendlichen Tiefen meiner Mailbox doch noch eine Mail mit so einem Nachweise gefunden habe, die seit 30.9. falsch einsortiert dort schlummerte, bin ich nunmehr (und wäre es schon im Urlaub gewesen) in der Lage, einen Versicherungsnachweis auszudrucken, zu laminieren, mitzuführen, was auch immer.

Die Frage ist: Wozu?

Einen Verbandskasten führt man mit, damit man ihn im Notfall einsetzen kann. Ebenso das Warndreieck. Die können zwar kontrolliert werden, Verkehrssicherheit und so, aber deren Primärzweck liegt – anders als beim KFZ-Schein – nicht darin, vorgezeigt zu werden. Rechtsgrundlage ist die Verkehrskontrolle nach § 36 StVO. Polizeibeamte dürfen zu … und so weiter und so fort. Wer darf was wofür.

Wozu aber muss ich einen Versicherungsnachweis nachführen, wenn mir nicht klar ist, ob und wem ich ihn zeigen muss, wenn er – anders als etwa ein Verbandskasten – keinen über das Vorzeigen hinausgehenden Zweck hat? Etwa, dass man sich vergewissert, wirklich versichert zu sein?

Oh, doch, etwas gefunden. § 106 LuftVZO, da wo auch steht, dass man das mitführen muss:

[…]
(2) Bei dem Betrieb von Luftfahrzeugen ist als Versicherungsnachweis eine Bestätigung über die Haftpflichtversicherung für Drittschäden mitzuführen, die den Anforderungen des Absatzes 1 genügt.
[…]
(4) Die zuständigen Stellen können jederzeit die Vorlage der nach den Absätzen 2 und 3 mitzuführenden Versicherungsbestätigung, die Vorlage des Versicherungsscheins sowie den Nachweis über die Zahlung des letzten Beitrags verlangen.

Toll. „Die zuständigen Stellen”.

Kommt einer an und will den Nachweis sehen. Was im Prinzip auf eine Ausweispflicht hinausläuft, weil da mein Name und meine Anschrift drauf stehen. Sag ich: „Wer bist’n Du überhaupt?” Sagt der: „Ich bin die zuständige Stelle…”

Pfffrrrr.

Schauen wir unter Begriffserklärungen. Dafür gibt es einen eigenen Paragraphen:

§ 2 Zuständige Stellen
Für Luftfahrtgerät nach § 1 Absatz 1 Nummer 7 und für Luftfahrtgerät nach § 1 Absatz 1 Nummer 8 erteilt der Beauftragte nach § 31c des Luftverkehrsgesetzes, im Übrigen das Luftfahrt-Bundesamt die Musterzulassung, soweit nicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 die Europäische Agentur für Flugsicherheit zuständig ist.

Äh..bitte, Hä!?

Ach so, Mist, war der falsche Abschnitt. Der über Musterzulassung. Es gibt noch einen, Verkehrszulassung des Luftfahrtgeräts:

§ 7 Zuständige Stellen
Die Verkehrszulassung wird von dem Luftfahrt-Bundesamt erteilt. Die Verkehrszulassung der Luftsportgeräte wird von dem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Beauftragten erteilt.

Und wer ist nun dafür zuständig? Sie reden ja in 106 gleich vom Plural, Stellen.

Rennen das Luftfahrt-Bundesamt oder das Verkehrsministerium (Stimmt, eigentlich hätte ich bei denen und nicht beim Innenministerium fragen müssen…Mist, eigentlich wurde das in der Schulung zum Drohnenführerschein angesprochen, dass die die Aufsicht über manches haben, aber nicht, ob die auch die Gesetze machen, denn die macht ja eigentlich auch der Bundestag – aber das Innenministerium wusste das offenbar auch nicht) im Gelände herum und verlangen von Privatleuten Versicherungsnachweise?

Und könnte die Polizei sowas verlangen? Aufgrund welcher Zuständigkeit?

Worin liegt der Sinn einer Mitführungspflicht, wenn der Versicherungsnachweise keinen Eigenzweck (wie Verbandskasten) hat, es aber nicht plausibel ersichtlich ist, wem man ihn vorzeigen muss?

Und was soll das dann:

Die zuständigen Stellen können jederzeit die Vorlage der nach den Absätzen 2 und 3 mitzuführenden Versicherungsbestätigung, die Vorlage des Versicherungsscheins sowie den Nachweis über die Zahlung des letzten Beitrags verlangen.

In der Drohnenführerscheinschulung und -prüfung hieß es, Versicherungsnachweis. Vom Versicherungsschein und Zahlungsnachweis war da nicht die Rede. Und in in der Bußgeldvorschrift § 108 Absatz 1 Nr. 5e heißt es nur

als Führer eines Luftfahrzeuges entgegen …

e) § 106 Abs. 2 oder 3 Satz 1 die Bestätigung über die Haftpflichtversicherung

beim Betrieb des Luftfahrzeugs oder bei der Luftbeförderung nicht mitführt;

Ordnungswidrig ist als nur das Nichtmitführen der Bestätigung. Schein oder Zahlungsnachweis nicht dabeizuhaben ist keine Ordnungswidrigkeit, sie können aber verlangt werden, und zwar von den zuständigen Stellen, von denen man nicht so genau weiß, wer es ist?

Wer denkt sich so einen Scheiß aus?

Das mit dem Drohnenrecht wurde ja unlängst (ich glaube das war letztes Jahr, zumindest habe ich letztes Jahr Schulung und Führerschein gemacht und dabei zumindest geglaubt, dass es die Schulungen noch nicht so lange gibt, nee, das war wohl Oktober 2017) geändert, da kam das mit rein.

Kann das sein, dass man das da alles reingewurschtelt hat ohne viel nachzudenken?

Die Prüfungsaufgabe

Ich habe die Prüfung auf Anhieb bestanden, aber ich muss zu meiner Schande einstehen, nicht mit glorreicher Punktzahl. Hat gerreicht, aber andere waren besser. Weil ich mich da auch vorher nicht vorbereitet hatte, sondern ich hatte das Material nur mal überflogen, mich da in die Schulung gesetzt, und hinterher halt die Prüfungsbögen angekreuzt, weil es mir ohnehin nicht um die Führerschein an sich ging, sondern um das Wissen und da mal reingehört zu haben, weil ich ja gar nicht vorhabe, Drohnen über 2kg zu fliegen. Mir ging es eigentlich eher darum, dass ich mich auf Neuseeland nicht durch praktische Übungen vorbereiten konnte, noch nie so ein Ding gesteuert habe, und mir so das wichtigste anhören wollte, vor 20 Jahren aber mal drauf und dran war, den Hubschrauberpilotenschein zu machen, schon gelesen und gelernt hatte, es dann aber an der Geldnot gescheitert ist. Und weil ein richtiger Pilotenschein auch als Drohnenschein anerkannt wird, dachte ich mir, da kann ja nicht viel drin vorkommen, was nicht auch Pilotenwissen sein könnte.

Auch wenn es für das Ergebnis nicht drauf ankam, den Schein habe ich ja bekommen, habe ich mich dann doch mit dem Prüfer (war auch der Lehrer) angelegt, weil ich eine Antwort für richtig hielt, die als falsch gewertet wurde. (Eigentlich mehrere, aber da hat es mich besonders gewurmt.)

Wörtlich habe ich es nicht mehr im Kopf, aber sinngemäß so aus dem Gedächtnis, es ging um Windrichtungen und Sicherheit:

Sie wollen Ihre Drohne auf einem Platz Ihren Freunden vorführen. Dabei herrscht wechselnder, böiger Westwind. Wo platzieren Sie Ihr Publikum?

a) westlich
b) nördlich
c) östlich

[Anmerkung: heißt, der Wind kommt aus Westen und ist ungleichmäßig.]

Da hatte ich nördlich angekreuzt, „richtig” wäre aber westlich gewesen. Ich fragte, wieso das denn richtig sein sollte, ich hielte „westlich” für fahrlässig. Ich weiß nämlich von einem Hubschrauberfastunfall, der eine Pilotin wegen eines ähnlichen Fehlers ad hoc den Job und zuvor ihr Publikum fast den Kopf gekostet hatte. Nöh, meinte der Prüfer, wenn der Wind aus Westen kommt, ist man doch im Westen am sichersten.

Nein, sprach ich, da steht doch wechselnd, böig. Wenn nämlich ein Westwind bläst, sorgt die Drohne über ihr GPS (und Bodenkameras und weiß der Kuckuck) dafür, dass sie trotzdem am selben Platz bleibt, steuert also gegen und fliegt so stark gegen den Wind, dass sie den Wind kompensiert. Lässt der Westwind aber plötzlich nach, haut’s die Drohne erst mal nach Westen, bis sie das bemerkt und wieder ausgleicht. Und wird er plötzlich wieder stärker, pendelt sie nach Osten. Also muss ich bei böigem Westwind damit rechnen, dass die Drohne in beide Richtungen, Osten und Westen ausschlägt. Also bleibt logisch nur, die Zuschauer in den Norden zu stellen, also quer zur Bewegungsrichtung.

Ja, meinte er, die Argumentation sei logisch, das sei nicht von der Hand zu weisen. Da sei was dran.

Sie entspräche aber nun einmal nicht der Musterlösung.

Ich fragte, wer die Aufgaben und die Musterlösungen gemacht hat, woher die kämen.

Er sagte, die habe er selbst geschrieben.

Äh…wie bitte!?

Beim PKW- und Sportbootführerschein gab’s doch auch zentrale einheitliche Fragen und Musterlösungen. Wie kommt das, dass die sich das hier selbst ausdenken? Ja, meinte er, die hatten halt keine. Es gibt eine Führerscheinpflicht ab 2kg, aber kein curriculum, kein Prüfungsfragen, keine Lösungen, nichts. Deshalb denkt sich jeder, der schult, einfach selbst Fragen und die Musterlösung aus, reicht sie ein und die machen ihren Haken dran. Deshalb könne er davon auch nicht abweichen, egal wie gut ich begründe.

Irgendwie kommt mir das alles doch sehr aktionistisch und unausgegoren vor.

Es würde mich interessieren, ob überhaupt jemals irgendwer irgendwo einen Versicherungsnachweis überprüft.