Siemens-Gurkinnen
Eine Absurdität. Mit Frauen.
Ich hatte es schon einige Male im Blog, aber kann es mir gerade nicht verkneifen, es wieder zu erzählen: Siemens-Gurken.
Wisst Ihr, was eine Siemens-Gurke ist?
Das war ein Spässle, was wir uns damals im Studentenwohnheim und rund um die Uni ein paarmal erlaubt haben.
Liebe Kinder: Macht das auf gar keinen Fall nach. Das ist monströs lebensgefährlich, stinkt bestialitisch und tut Euch schrecklich weh, bevor Ihr tot umfallt. Also tut es auf keinen Fall!
Wenn man ein Stromkabel mit zwei Gabeln verbindet und die im richtigen Abstand in eine saure Gurke steckt, und dann Strom draufgibt, dauert’s etwas, dann fängt sie an, vernehmlich zu brummen wie ein Trafo und orange zu leuchten. (Manche meinten dazu, man könne Chlorophyll durch Anregung auch dazu bringen, das umgekehrte zu tun, also rotes Licht nicht zu absorbieren, sondern abzugeben. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das überhaupt stimmt oder es nicht doch einfach Hitze oer sowas ist. Das unten erwähnte Video führt es auf das Natrium im Salz in der Gurke zurück.) Dummerweise ist das nicht nur sehr lebensgefährlich, es stinkt auch noch unbeschreiblich, ganz schlimm. So ein Studentenunfug eben, sollte man meinen, aber ich habe mir sagen lassen, dass es in der Frühzeit jenes Studentenwohnheimes bei ungenügendem Küchenausbau dazu gekommen sein soll, dass sich manche Leute damit auf dem Zimmer ihre Würstchen heiß machten. Es hieß zudem, die benötigte Siemensgurkenmaschine (=Kabel + zwei Gabeln, ich hatte mir das Luxusmodell mit Schalter gebaut) sei nur dann stilecht und akzeptabel, wenn aus der Uni-Mensa geklaute Blechgabeln verbaut würden, nur mit diesen wäre der Effekt wirklich überzeugend.
Ihr braucht es nicht auszuprobieren, man findet auf Youtube reichlich eindrucksvolle (und geruchsfreie) Videos dazu. Und glaubt mir, es stinkt wirklich ganz widerlich.
Immerhin: Mir ist kein Fall bekannt, in dem sich eine der Gurken selbst unter Strom gesetzt hätte.
In München kam es laut SPIEGEL zu einem Prozess gegen einen Mann, der im Internet Frauen dazu brachte, sich zwei unter Strom stehende Löffel an den Kopf zu halten: Als würde mein Gehirn brennen.
Ein 30-Jähriger überredete im Internet Dutzende Frauen zu lebensgefährlichen Experimenten mit Stromschlägen. Vor Gericht haben nun zwei Betroffene erzählt, wie sie auf ihn hereinfielen.
Das Video ist schwer zu ertragen. Eine 22-Jährige zögert, ihr ist die Angst anzusehen, sie schließt die Augen. Dann hält sie sich zwei Löffel an ihre Schläfen, an den Löffeln sind Kabel befestigt. Das Videobild bleibt stehen. Die Sicherung ist rausgeflogen, die Internetverbindung unterbrochen. David G., der das Video aufzeichnet, sieht für den Moment nur noch ein Standbild. Doch er hat noch nicht genug.
Der 30-jährige IT-Fachmann ist wegen versuchten Mordes in 88 Fällen angeklagt. Er soll Dutzende Mädchen und Frauen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht haben, sich Stromschläge zuzufügen. Er schaute ihnen per Skype dabei zu. Die damals 22-jährige Studentin aus Gießen leidet bis heute unter den Folgen. […]
Kurz nachdem sie die Sicherung wieder eingesetzt hat, meldet sich die junge Frau in dem Video-Chat zurück. “Ich habe einen Stromschlag erhalten”, sagt sie in die Kamera ihres Laptops. Es habe einen Kurzschluss gegeben. David G. antwortet schriftlich. “Wie hat sich das für Sie angefühlt?” “Ich bin ein bisschen zittrig, es kribbelt alles in meinem Körper”, sagt sie und steht sichtlich unter Schock.
David G. bittet sie, den Versuch zu wiederholen. Er schreibt: “Feuchten Sie dafür Ihre Schläfen etwas an.” “Anfeuchten?”, fragt die Frau. Ihr Blick ist voller Angst. Sie atmet tief durch. “Das kostet viel Überwindung”, sagt sie. Die Studentin zögert. Dann hält sie wieder die Löffel in der Hand. Sie schließt die Augen, atmet laut.
Sie machte es sogar zweimal.
Und dann das:
Im Video schickt die junge Frau ihm gerade ihre Adresse, “nur mal zur Sicherheit”, für den Fall, dass sie hinterher tot in ihrer Wohnung liege. Dann schließt sie wieder die Augen, hebt die Löffel. Plötzlich sagt sie: “Ich glaube, ich mache es an den Füßen.” […] “Er hat gesagt, er sei Arzt.” Ob sie Interesse an einer Studie habe. Sie machte mit, weil sie Geld brauchte.
Dann schildert sie den Moment des Stromschlages. “Ich bin zusammengesackt. Mir wurde schwarz vor Augen. Es hat sich angefühlt, als würde mein Gehirn brennen.”
Nun war die Frau auch psychisch krank, aber es gab ja noch viel mehr Fälle.
David G. hat auch in diesem Fall die Stromschläge mitgeschnitten. Auf dem Video ist zu sehen, wie die Zeugin mit einem Nagel an einer Steckdose hantiert und mit einem Metalllöffel an ihrem nackten Fuß. Dann ist ein Schrei zu hören. […]
Hinterher sei auch ihr klar geworden, dass sie sich 220 Volt durch den Körper gejagt hat. “Da fällt einem schon auf, dass das eine echt doofe Idee war.” Sie lacht. “Natürlich habe ich das keinem erzählt.”
Früher hat man das kleinen Kindern gesagt, dass sie nichts in die Steckdose stecken sollen.
Wie kann ein Schulsystem so versagen, dass erwachsene Leute sich Strom aus der Steckdose an den Kopf halten, weil einer aus dem Internet sagt, sie sollten das tun?
Zuvor hatte an diesem Tag eine andere Betroffene ausgesagt. Nathalie P., 27, lebt in Berlin und promoviert in Biologie.
Promoviert in Berlin in Biologie und hält sich Stromkabel an den Kopf.