Noch ein Sozialismus, der nicht funktioniert
Von wegen Carsharing.
Hieß es nicht so oft, wir bräuchten keine eigenen Autos mehr, wer noch fahren müsse, solle car-sharing nutzen?
Neulich kam ja schon raus, dass Car-Sharing umweltschädlich ist, weil damit Leute Auto fahren, die es sonst nicht tun würden, weil sich ein eigenes Auto für sie nicht lohnt. Ohne Car-Sharing würden sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, so fahren sie ab und zu mal Auto, was sie sonst nicht tun würden.
Denn erstaunlicherweise ist car-sharing derzeit vergleichsweise billig. Ich kam auch schon ins Grübeln, weil ich seit ich in Berlin wohne, so wenig mit dem eigenen Auto fahre, dass es sich eigentlich nicht mehr lohnt. Car-Sharing käme mich weit billiger. Dann allerdings schaue ich mal auf die App oder suche mal unterwegs einen Flitzer für die Heimfahrt am späten Abend, und weit und breit ist kein Auto ohne längeren Fußmarsch zu haben. Oder wenn, dann ist es innen dreckig und stinkt, manchmal auch schlimmer.
Es ist einfach nicht schön, sich ein Auto mit Leuten zu teilen, die damit umgehen wie Sau. Mein Auto ist inzwischen über zehn Jahre alt, kann sich innen aber an den allermeisten Stellen mit Neuwagen messen, was Sauberkeit angeht. Car-Sharing-Karren dagegen sind, obwohl ziemlich neu, nicht selten so richtig dreckig. Und selbst wenn sie gereinigt werden, stinken sie. Ich sehe immer wieder mal Leute, die in den Dingern rauchen oder dampfen.
Nun schreibt die WELT darüber, dass der ganze Zauber auch wirtschaftlich nicht funktioniert. Die machen da Verluste, weil sie darauf spekulierten, erst den Markt zu erobern und dann die Preise heben zu können.
Nicht nur Bosch stellt sich die Frage: Lohnt sich das eigentlich? Lässt sich mit der geteilten Mobilität Geld verdienen? Kann man für 19 Cent pro Minute wirklich ein Auto inklusive Sprit oder geladenem Akku vermieten? Und werden die Anbieter jemals Geld verdienen?
So richtig glaubt kaum noch jemand in der Branche daran. Auch wegen der ungewissen wirtschaftlichen Perspektive haben BMW und Daimler ihre Mobilitätsdienste rund um DriveNow und Car2Go fusioniert. Zahlen zur Höhe der Verluste haben die Unternehmen bewusst nie veröffentlicht. […]
„Das Carsharing ist ein extrem wettbewerbsintensiver Markt, der zudem auch noch eine begrenzte Größe von insgesamt nur rund 1,5 Milliarden Euro gegenüber einem Autovermietungsmarkt von rund 60 Milliarden Euro hat“, sagt Sixt. „Das Geschäft ist kapitalintensiv, die Kosten für die nötige IT-Infrastruktur sind hoch und der Preisdruck wird hoch bleiben oder sogar noch zunehmen.“
Sixt rechnet vor, dass ein Mietwagen pro Tag zwischen 60 und 90 Euro koste, das entspreche fünf bis sechs Cent pro Minute. „Die Carsharingpreise liegen bereits heute deutlich darüber, es ist daher unwahrscheinlich, dass sie demnächst noch weiter steigen werden“, sagt er. „Man sollte kein Geschäftsmodell darauf ausrichten, dass die Preise schon irgendwann steigen werden.“ […]
Inzwischen gibt man auch in der Autoindustrie zu, dass es sich bei den Mobilitätsdiensten eher um Marketingausgaben als um ein echtes Geschäft handelt. Das Prinzip: Man lässt die Carsharing-Nutzer die eigenen Autos fast kostenlos zur Probe fahren in der Hoffnung, dass sie sich irgendwann ein eigenes Fahrzeug kaufen. Es gibt noch einen Vorteil für die Hersteller: Sie können so ihre Elektroautos auf die Straße bringen, ohne Kunden dafür suchen zu müssen. Dadurch sinkt der durchschnittliche CO2-Ausstoß ihrer Gesamtflotte.
Als ich noch Kind war, ging man mit Autos völlig anders um.
Da war es selbstverständlich, dass am Samstag das Auto gewaschen und geputzt wurde. Da hatte man noch die Gardena Autowaschbürste, in die man Seifenstäbchen eingesteckt hat, um dann das Auto in der Einfahrt gründlich einzuseifen und abzuwaschen, und das natürlich so, dass auch jeder Nachbar es sieht. Das Auto war Statussymbol und das Waschen des Autos für den Mann und das Putzen der Wohnungsfensterscheiben für die Frau war allgemeine Sozialübung, die man zur Konformität zur Schau stellte. Die Spießigkeit der frühen Siebziger.
Nun waren die damaligen Autos, besonders die Diesel, unglaubliche Dreckschleudern, da kam so ein richtig dicker, öliger Ruß heraus, und man konnte sich die Hose ruinieren, wenn man im Verkehr als Fußgänger zu dicht an einem laufenden Auto entlang lief. Häuser mit Parkplätzen davor hatten alle entweder Schilder, man möge doch vorwärts einparken, oder aber dicke schwarze Rußflecken an den Wänden. War etwa bei Supermärkten überall so. Deshalb waren Autos damals nach einer Woche Gebrauch auch noch so richtig dreckig. Und den Dreck dann in der heimischen Hofeinfahrt dann abzuwaschen war auch eine Sauerei ersten Ranges, und es hat seinen Grund, dass man das irgendwann mal verboten hat und man das Auto nur noch dort waschen darf, wo es Abscheider gibt.
Das liegt aber wesentlich an der damaligen Fahrzeugtechnik und nicht am Nutzungsmodell.
Grundsätzlich muss man deshalb die Frage stellen, ob das spießig-kapitalistisch-altweißmännrige Modell des Privatwagens, der gehegt und gepflegt wird, bis er irgendwann mal wirklich tot ist, das Material also so weit wie möglich genutzt wird, nicht weitaus umweltfreundlicher – und im Ergebnis auch billiger – ist als die sozialistischen Carsharing-Modelle, in denen Autos durchverheizt werden. Denn Miet- und Carsharing-Autos werden nicht alt.
Als ich mir vor eben über 10 Jahren ein neues Auto kaufen wollte, sah ich bei einem Händler mal ein Auto, das erst ein oder zwei Jahre alt war und gut da stand, verblüffend günstig. Nicht mal viel gefahren. Fand ich interessant. Und fragte, ob das ein Unfallwagen sei, weil so günstig. Nein, meinte der Händler, das sei ein Mietwagen gewesen. Die seien günstiger, weil erstens die Mietwagenfirmen die in großen Stückzahlen einkaufen und deshalb unglaubliche Rabatte bekämen, für die sind die Fahrzeuge viel billiger als für den normalen Käufer. Und nach kurzer Zeit schon seien die für die Geschäftsmodelle der Vermieter durch, die wollten die verkaufen, solange die als Gebrauchtwagen noch was hermachen und nicht alt aussehen, und nicht in die Wartung und Reparaturen kommen. Aber das habe eben auch seinen Grund. Die Leute fahren damit wie die Bekloppten, und die Fahrzeuge seien, auch wenn sie so gut dastehen und wie neu aussehen, oft schon zu Schanden gefahren, Stoßdämpfer durch und sowas, weil die einfach über Bordsteine bretten und sowas. Er würde sich oder seiner Familie niemals so ein Auto kaufen und sowas auch nicht mehr fahren.
Ob er das jetzt nur sagte, um mir ein teureres Auto zu verkaufen oder das ernst meinte, sei mal dahingestellt. Es entspräche aber dem, was ich in Berlin an Fahrkultur oft beobachte.
Und es hat bei mir den Eindruck hinterlassen, dass Mietwägen ein enormer Fahrzeugverbrauch sind und die vorzeitig altern.
Die Frage ist also, ob diese ganzen neuzeitlichen sozialistischen Fahrzeugmodelle (also nicht Trabant, sondern Carsharing) nicht nur teurer, sondern auch umweltschädlicher sind als der gute alte gepflegte Privatwagen.