Lanz „kocht”
Wie Fernsehen und Meinungen zusammengerührt und die Zuschauer gehirngewaschen werden.
Ich hatte vor ein paar Tagen schon auf die Kritik von reitschuster.de an der Lanz-Sendung mit Maaßen verlinkt, in der auch beschrieben wurde, dass bei Lanz die Sendung gekürzt und geschnitten wird. Ich hatte auch schon geschrieben, dass mir die Art und Weise, wie Lanz den Leuten sofort ins Wort fällt, wenn sie nicht das sagen, was er hören will, gewaltig auf die Nerven geht, und dass ich Lanz für überaus oberflächlich und ungebildet halte, ein Schwiegersohnschnösel, der über ein bisschen Zeitungslesenniveau nicht hinauskommt und nur selten ordentliche Fragen hinbekommt. (Ich muss fairerweise sagen, dass er manchmal auch richtige Fragen stellt, aber die sind so selten, dass Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis stehen.)
Nun legt der nach, kritisiert, dass das Publikum in totaler political correctness reagiert hat, wenn’s passt jubelt und klatscht, und wenn’s nicht passt, eisig schweigt, und beschreibt die Produktionsfirma fernsehmacher, die extra3, Lanz, Küchenschlacht und anderes produziert, dabei Lanz laut reitschuster zusammen mit einer anderen Firma, an der Lanz als Mitgründer beteiligt ist.
Und die nun bieten als Dienstleistung an:
1) Promotion
Zusätzlich zu den aus unserer umfassenden Datenbank stammenden Kunden generieren wir durch unsere geschulten Promotionteams Ihr formatspezifisches Publikum auf öffentlichen Veranstaltungen oder einfach “von der Straße”. Der persönliche Kontakt steigert gezielt die Bekanntheit Ihres Formates und bindet die Zuschauer. Wir erstellen Ihnen Give-aways für Promotiontouren oder rüsten unsere Promoterteams mit Outfits, die Ihr Logo tragen, aus.3) Outbound-Marketing
Wir haben die Möglichkeit innerhalb kurzer Zeit Ihr Wunschpublikum aus unserer Datenbank (über 200.000 Kunden) zu generieren und in Ihr Studio einzuladen. Unser System ermöglicht das Setzen von zielgruppenspezifischen Merkmalen (u.a. Alter, Einzugsgebiet,…) für Ihr TV-Format. Wir erstellen in Abstimmung mit Ihnen Tickets, Einladungsschreiben und Anfahrtsskizzen und verschicken all dieses an die Zuschschauer. Ferner wickeln wir die Bareinnahme oder die Vorab-Banküberweisungen von Ticketgelden ab.
Das heißt, dass die da als Dienstleistung haben, dass man sich die gewünschte „Meinung” im Publikum vorher aus der Datenbank einfach dazubestellen kann.
Dazu reitschuster.de:
Die merkwürdige Unausgewogenheit in vielen Talkshows im Öffentlich-rechtlichen, wie gerade eben mit Maaßen, habe ich schon bisher sehr argwöhnisch betrachtet. […]
In der Psychologie ist bekannt, wie wichtig diese Reaktionen für die Meinungsbildung der Zuschauer sind.
Das ist dann schon richtig Fake.
Das Grundprinzip modernen Propaganda-Journalismus hatten wir ja schon öfters als Thema: Minderheiten als Mehrheiten darstellen und Mehrheiten einreden, sie wären eine kleine isolierte Randgruppe.
Um das zu tun nutzt man dann – wir sind wieder im evolutionären Verhalten, Herdentrieb, Amygdala und so weiter – Gruppenverhalten, für das bekanntlich besonders Frauen wegen ihres starken Herdenverhaltens und ihres Konformationszwanges besonders anfällig sind.
Das ist dann die perfide Psychomasche, die Hirnwäsche:
- Man bekommt Standpunkte dargelegt,
- die poltisch erwünschten dürfen ausreden, die unerwünschten werden ständig unterbrochen und bekämpft, was per se schon den Eindruck eines herdenwidrigen Verhaltens erweckt,
- und dann wird einem eine prototypische Hintergrund-Herde präsentiert, damit man nicht einfach alleine auf dem Sofa sitzt und nachdenkt, sondern immer das Gefühl hat, in einer Herde zu sein, der man sich ein- und unterzuordnen hat, die einem dann subtil und im Hintergrund klarmacht, welche Meinungen herdenkonform und welche herdenwidrig sind, tief durch das Unterbewusstsein.
So richtig dreckig durchs Unterbewusstsein.
Ist dann allerdings als Masche auch nicht so ganz neu, die Methode ist durchaus schon mindestens über 2000 Jahre alt. Ich hatte ja mal Griechisch-Unterricht in der Schule (humanistisches altsprachliches Gymnasium) und dabei als Schüler der Griechisch-Truppe eben auch an einer Theateraufführung eines alten griechischen Bühnenstückes teilgenommen. Meinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechend aber als Bühnentechniker, weil ich in Griechisch schlecht und ein lausiger Schauspieler bin und war, aber dafür der einzige, der aufgrund von Elektronikkenntnissen in der Lage war, die völlig kaputte Scheinwerferanlage der Aula, deren Hersteller es nicht mehr gab, wieder zu reparieren und in Ganz zu setzen, weil ich wusste, was Leistungstransistoren sind, wo man sie als Ersatzteil bekommt und wie man sie mittels eines Lötkolbens auswechselt. Daraufhin war man Platz an den Scheinwerfern unverrückbare beschlossene Sache. Humanismus gut und schön, aber am wichtigsten war damals der, der Löten kann. Ich zwar da zwei, drei Nachmittage beschäftigt, und alle Scheinwerfersteuerungen gingen wieder.
Und ein zentrales Element dieses Bühnenstückes (übersetzt vom Griechischlehrer persönlich) waren eben nicht nur der Tragödienheld und was sonst noch in antikem Chic auf der Bühne rumsprang, sondern eben auch ein griechischer Theaterchor mit Masken, Leute, die zwar anonym und nicht identifizierbar waren, aber die Öffentlichkeit (= die Herde) verkörperten, dem Publikum erklärten, die öffentliche Meinung vertraten und mitteilten. Ich wäre ja damals vor Lachen fast von meiner Scheinwerferbrücke über der Bühne gefallen, als der der Held im Tragödienschicksal versank und der (hauptsächlich aus Mädels bestehende Chor sich zu ihm beugte und „Du Armer…!” säuselte. Ich weiß gar nicht mehr, was für ein Stück das war. (Iphigenie auf Tauris oder sowas.)
Aber das sind so die Details, derentwegen man sich erinnert, an den Rest der Theaternummer kann ich mich nämlich nicht erinnern. Außer daran, dass mir in der Premiere plötzlich heiß und kalt wurde, weil ich während der Premiere von der Beleuchterbrücke oben (Blick von oben auf die Bühne) entdeckte, dass auf dem Hocker, auf den sich der Held gleich voller Tragik setzen würde, ein Reißnagel mit der Spitze nach oben lag, mit dem irgendein Stoff irgendwo befestigt war und der da abgefallen war. Das wäre auf meine Kappe gegangen, ist aber nichts passiert. Der hat das gar nicht gemerkt.
Aber wenn ich so rückwirkend darüber nachdenke, dann hat der griechische Theaterchor schon – teilweise – eine ähnliche Funktion gehabt wie heute das Fernsehpublikum, nämlich als Herdendarsteller dem Zuschauer eine öffentliche Meinung mitzuteilen, in die er sich als Teil der Öffentlichkeit einzufinden hat.
Medienkompetenz muss auch bedeuten, solche Methoden zu erkennen und sich davon nicht täuschen zu lassen.