Fünf Klimaweiber, nur vier davon sichtbar
Zwei Fragen. Eine vorder-, eine hintergründig. [Nachtrag 2]
Es gibt gerade Zoff.
Man hat ein Pressefoto von vier Klimaaktivistinnen auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos verbreitet, darauf vier gleichartige weiße Tussis, Luisa Neubauer, Greta Thunberg, Isabelle Axelsson und Loukina Tille. Siehe etwa hier.
Eigentlich waren es aber fünf Tussis, nämlich auch noch Vanessa Nakate, 23, aus Uganda. Die hat man aber abgeschnitten. Ursprünglich war das Foto breiter. Siehe etwa hier.
Natürlich ist sie sauer darüber und äußert das auch (bzw. retweetet die Kritik einer anderen):
Everyone saying that I should position myself in the middle is wrong!
Does an African activist have to stand in the middle just because of fear of being cropped out?
It shouldn't be like this! pic.twitter.com/PR544GIv7g
— Vanessa Nakate (@vanessa_vash) January 25, 2020
“We don’t deserve this. Africa is the least emitter of carbons, but we are the most affected by the climate crisis,” Vanessa Nakate. “You erasing our voices won’t change anything. You erasing our stories won’t change anything.” @vanessa_vash https://t.co/imiOQzWTUC #AfricaMatters
— Elizabeth Wathuti 🇰🇪 (@lizwathuti) January 25, 2020
Und wie heute gar nicht mehr anders möglich, erwächst daraus natürlich sofort der Rassisten- und Hautfarbenvorwurf, weil Nakate, wie bei einer Frau aus Uganda jetzt auch nicht allzu überraschend, eben schwarz ist.
If you look very carefully, you can see where @AP cropped black climate activist @vanessa_vash out of the photo
It might surprise some, but black and brown people being affected by the #ClimateEmergency are also helping to find the solutions too#ClimateCrisis pic.twitter.com/LoEzE81g67— Charlene (@CK1london) January 24, 2020
Und Vanessa Nakate sagt das auch in einem kurzen Video, das zu verbreiten sie bittet, was ich hier ja gerne mal mache:
Share if you can
What it means to be removed from a photo! https://t.co/1dmcbyneYV— Vanessa Nakate (@vanessa_vash) January 24, 2020
Armes kleines Opfer. Da reist man aus Uganda zu einem der teuersten Orte der Welt, um an einer der exklusivsten Veranstaltungen der Welt teilzunehmen, was ja nun nicht jedem Menschen der Welt vergönnt ist, und dann muss man es ertragen, auf einem Foto nicht mit drauf zu sein. Das Schicksal ist hart. Herzzerreißend.
Gut, einigen wir uns darauf, dass Klimaaktivisten alles Nazis und die direkten Nachfolger des Bunds Deutscher Mädel sind, Gretas Zöpfe kamen uns ja schon so verdächtig bekannt vor. Und zur Neubauer hatte ich ja auch schon was geschrieben. Schimpft sie also fürderhin alle Nazis uns Rassistinnen.
Das war die vordergründige Frage, die gerade in den Social Media tobt.
Mich treibt eine ganz andere Frage um.
Mich interessiert das eigentlich nicht, ob die da auf dem Foto mit drauf war oder nicht. Es könnte ja auch gute Gründe haben, sie abzuschneiden. Vielleicht hat sie sich mit dazugedrängt. Oder schlecht benommen. Oder hatte einen anderen Sponsor. Oder passte nicht zum Text. Oder schlichte Eifersucht. Ich habe irgendwo noch einen Hinweis auf einen Text, wonach da in Davos eine eloquente Schwarze aus Afrika Greta schlicht die Schau gestohlen hat, und manche Journalisten der Meinung sein, dass das Prinzip Greta ausgeleiert und am Ende ist. Und seien wir ehrlich: Da kommt ja auch nichts Neues. Oder eigentlich kam noch nie etwas. Hat man von Greta jemals etwas anderes als haltlose, substanzlose, emotionale Vorwürfe gehört? Dass ihr irgendwer gleich Kindheit und Zukunft geklaut hätte? Timm Thaler hatte mal sein Lachen verkauft, aber der hat sich dann immerhin selbst drum gekümmert. Aber Greta? How dare you!? Ja, und, wie geht’s weiter? Noch irgendwas drauf außer verwöhntes anspruchsvolles Töchterchen mit Schneeflöckchensyndrom, die ihr Anspruchsdenken von Eltern auf Welt erweitert? Zickenkrieg und Eifersucht wegen Platz 1 auf der Pressewahrnehmungsskala?
Man weiß es nicht. Zudem ist es mir völlig wurscht, ob die da nun mit drauf ist oder nicht.
Wie kommen die überhaupt dahin?
Soweit ich weiß und jetzt auf die Schnelle nachlesen konnte, kann man da nicht einfach so hin und teilnehmen, gar sprechen.
Auf der Webseite des Forums selbst habe ich dazu jetzt zumindest auf den ersten Blick auch nichts gefunden, eigentlich nicht mal eine klare Aussage dazu, wer sie eigentlich sind und was dieses Forum ist. Eine kommerzielle Konferenz oder was?
Irgendwie habe ich da jetzt zumindest bei kurzem Hinschauen nicht einmal ein Impressum, eine Anschrift, eine Rechtsform gefunden, eine Angabe dazu, was dieses Forum überhaupt sein soll.
Das Weltwirtschaftsforum wurde 1971 als gemeinnützige Stiftung gegründet und hat seit 2015 offiziell den Status einer internationalen Organisation.[4] Es ist unparteiisch und an keinerlei politische oder nationale Interessen gebunden. Das WEF hat Beobachterstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen und steht unter der externen Aufsicht des Eidgenössischen Departement des Innern.
Hä!?
Wie kann man denn „offiziell eine internationale Organisation” sein? Auf welcher Rechtsgrundlage? Wessen Recht? Naja, stimmt wohl so nicht ganz, laut der angegebenen Quelle hat die Schweiz sie als etwas in der Art anerkennt:
An seiner Sitzung vom 17. Dezember 2014 hat der Bundesrat das WEF als „anderes internationales Organ“ im Sinne des Gaststaatgesetzes anerkannt und das Abkommen genehmigt. Das Abkommen bestätigt den Status, den die Stiftung World Economic Forum in der Schweiz geniesst. Es beruht auf der bedeutenden Rolle des WEF für die Schweiz und sieht eine Stärkung der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und dem WEF in dessen Tätigkeitsgebiet vor.
Nur weil die Schweiz das WEF bezüglich seines Rechtsumganges damit als „anderes internationales Organ“ kategorisiert, heißt das noch lange nicht, dass man „offiziell eine internationale Organisation” ist. Ich bin auch kein Alien, nur weil ich in den USA nach dortigem Aufenthaltsrecht so bezeichnet werde, wenn ich als Tourist dort bin. (Sting, Englishman in New York: „Legal Alien”.)
Also ist dieses WEF objektiv betrachtet auch nur eine dieser undurchsichtigen, rechtsverachtenden, stiftungsbasierten NGOs, die da ihr Unwesen treiben.
Wie kommt man nun dahin?
Mal abgesehen davon, dass man die Hotelzimmer dort sicherlich in Streifen goldgressten Latinums bezahlt, und ich für die Teilnahme eine Hypothek aufnehmen müsste, wenn ich denn ein Haus hätte, kann man sich da nicht einfach anmelden.
Stellt Euch mal vor, was passieren würde, wenn ich da ankäme und sagen würde, Grüß Gott, ich bin der Danisch, Blogger, ich würde da auch gerne mal teilnehmen, und auch gern was sprechen, gerne auch direkt nach Donald Trump.
Meint Ihr, die sagen mir „Ach prima, auf Sie haben wir gerade gewartet, endlich wird es eine tolle Veranstaltung” ?
Nöh.
Das Forum wird von seinen rund 1000 Mitgliedsunternehmen finanziert.
Das typische Mitgliedsunternehmen ist ein globales Unternehmen mit einem Umsatz von über 5 Mrd. US-Dollar, wobei dies je nach Branche und Region variieren kann. Ausserdem zählen die meisten dieser Unternehmen zu den wichtigsten Unternehmen ihrer Branche und/oder ihres Landes und spielen bei der Zukunftsgestaltung ihrer Branche und/oder Region eine wichtige Rolle.[7] Seit 2005 bezahlt jedes Mitgliedsunternehmen eine Basis-Jahresmitgliedsgebühr von 42’500 Schweizer Franken (CHF) und eine Gebühr von 18’000 CHF für die Teilnahme ihres Präsidenten am Jahrestreffen in Davos. Industrie- und strategische Partner bezahlen jeweils 250’000 CHF und 500’000 CHF, um massgeblich an den Initiativen des Forums mitzuwirken.[8][9]
An den Kosten der Veranstaltung ist die Schweiz mit Aufwendungen für Polizei- und Militäreinsatz beteiligt. So wurden für das Treffen im Jahr 2019 knapp elf Millionen Franken (9,5 Millionen Euro) veranschlagt. An den Polizeikosten von neun Millionen Franken – vornehmlich für Personenschutz – beteiligt sich die Stiftung mit einem Viertel. Der Grossteil entfällt auf die Öffentliche Hand, aufgeteilt auf den Bund, den Kanton Graubünden und die Gemeinde Davos. Die Armee schützt die Verkehrswege und Gebäude und überwacht den Luftraum. Bis zu 5000 Angehörige der Streitkräfte können eingesetzt werden. […]
Die zentrale Veranstaltung des Forums ist das Treffen der mehr als 1000 Mitgliedsunternehmen sowie Politikern und Vertretern von Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen, Religion und Medien alljährlich im Januar oder Februar in Davos.[12][13]
Die Gäste können im Rahmen der fünftägigen Veranstaltung an rund 220 Sitzungen des offiziellen Programms teilnehmen. In den Diskussionen des offiziellen Programms werden wichtige Fragen von globaler Bedeutung (z. B. internationale Handelshemmnisse, Konflikte, Armut und Umweltprobleme) sowie mögliche Lösungen behandelt.[2]
Das Ladenlokal von Ettinger Sport während des WEFs 2018 als «Caspian week»Darüber hinaus finden viele informelle Treffen sowie Empfänge und Präsentationen von Unternehmen und Staaten statt. Davoser Ladengeschäfte werden von Unternehmen oder Staaten während des Treffens angemietet, um darin Veranstaltungen durchzuführen.[14]
Im Übrigen nehmen rund 500 Internet-, Print-, Radio- und TV-Journalisten am Jahrestreffen teil. Medienvertreter haben Zugang zu allen Veranstaltungen des offiziellen Programms, die auch als Webcast live übertragen werden.
Was durchaus auch mal die Frage aufwirft, wer ist eigentlich „Internet-Journalist”? Bin ich das auch?
Was mir nach alledem nicht einleuchtet:
Wie kommen eigentlich Greta, Luisa und die anderen Aktivisten dahin?
Wenn die doch alle so tun, als seien sie einfach nur engagierte und empörte Privatleute?
Auf dem Foto sieht man ja, dass die da Akkreditierungen um den Hals hängen haben.
Wie also sind die da reingekommen? Durch wen? Mit wem? Und warum?
Wie kann das eigentlich sein, dass man dort eine Art High Noon-Konfrontation zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten und einer 16-jährigen Schulabbrecherin mit Angststörungen inszeniert und die auf gleicher Ebene sehen will?
Wer verarscht uns da?
Nachtrag: Ein Leser schreibt mir dazu:
Ein Freund, welcher da geschäftlich tätig ist meinte, dass es etwa 70.000 CHF kostet, um dabei zu sein. Bei VIPs fängt es wohl ab 100.000 an. Viele, die dort wirklich arbeiten, machen das sogar freiwillig. Die Show von Greta war auf jeden Fall nicht billig.
— XoGuSi (@XoGuSi) January 25, 2020
Wer zahlt das?
Nachtrag 2: Auch passend formuliert: „#FridaysForFuture ist eine Veranstaltung der #Eliten Sonst würde man sie in #Davos auch gar nicht vorlassen.”
Weiß, privilegiert, jung, weiblich: Manchmal sagen Bilder mehr als viele Tweets… #FridaysForFuture ist eine Veranstaltung der #Eliten Sonst würde man sie in #Davos auch gar nicht vorlassen. #mussmanwissen https://t.co/KwKVHA9Sor
— Stefan Slaby (@publizistikon) January 25, 2020