Geheimdienstdrehpunkt Schweiz
Ein Leser schreibt, dass ganz erstaunlichen Geheimdienste ihr Unwesen in der Schweiz trieben.
So sei etwas die DDR in der Schweiz sehr aktiv gewesen, wie etwa die Luzerner Zeitung 2017 beschrieb: DDR: Heisse Geschäfte im Kalten Krieg
Über Jahre hinweg nutzte der ostdeutsche Geheimdienst die Schweiz, um die internationalen Sanktionen gegen die DDR zu umgehen. In die geheimen Stasi-Geschäfte waren auch bekannte Politiker verstrickt. […]
Im September 1987 lag brisante Post auf dem Tisch des Chefs der schweizerischen Bundespolizei (Bupo). Absender war der Präsident des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), Hans-Georg Wieck. Der umfangreiche Geheimbericht, der an Bupo-Chef Peter Huber persönlich gerichtet war, beschreibt im Detail das geheime Beschaffungsnetz der DDR in der Schweiz.
Im Papier erwähnt sind die Namen von Firmen und Händlern, die unter Umgehung des von den Westmächten verhängten Embargos Hochtechnologie in die Deutsche Demokratische Republik (DDR) verschoben. Weil die Schweiz den Handelsboykott gegen den Ostblock aus neutralitätspolitischen Gründen offiziell nicht mittrug, waren die eidgenössischen Exportbestimmungen deutlich weniger streng als in anderen Ländern.
Damit schuf die Schweiz die Voraussetzungen dafür, dass sie während des Kalten Krieges zu einer Drehscheibe für Embargogeschäfte und zu einer Art Schlupfloch im Eisernen Vorhang für Ost-West-Schiebereien werden konnte. Gesteuert wurden diese Umgehungsgeschäfte vom ostdeutschen Geheimdienst, der Stasi.
Die Schweiz aufgrund ihrer „Neutralität” als Geheimdienstbasar. Was läge da näher, als ausgerechnet da faule Cryptomaschinen anzubieten?
(Lacher-Detail: Irgendwo in einer der vielen Artikel zu der Sache stand, dass die USA den Ländern, die sich Crypto-Maschinen der Crypto AG nicht leisten konnte, großzügig „Militärkredite” gewährte, damit die sich Verschlüsselung Made in Switzerland leisten konnten.)
Daraus wird ersichtlich, dass die Bedeutung des Schweizer Finanz- und Handelsplatzes für die DDR grösser war, als bislang allgemein bekannt war. Zum Netzwerk der Stasi, das der Abwicklung der Umgehungsgeschäfte diente, gehörten Schweizer Unternehmer, Banker, Rechtsanwälte, Treuhänder und bürgerliche Politiker. Der Wirtschaftsplatz Zug spielte dabei eine herausragende Rolle.
Aus dem BND-Papier, das sich im Schweizerischen Bundesarchiv in Bern befindet, geht zweifelsfrei hervor, dass die damals in Zug domizilierte Aktiengesellschaft A. Dreh- und Angelpunkt solcher geheimer Schiebereien war. Kopf des für die DDR wichtigen Beschaffungsnetzes von Embargogütern war ein in der Zentralschweiz wohnhafter österreichischer Geschäftsmann. Dieser gehörte in den Achtzigerjahren zu den wichtigsten Lieferanten von Hightech an die DDR.
1987? War da nicht was? Barschel in der Schweizer Badewanne? (Übrigens der Grund, warum ich in der Schweiz Hotelzimmer nur mit Dusche nehme.)
Auch die Anwaltskanzlei eines ehemaligen, landesweit bekannten Zuger Politikers diente als Domizil einer Tarnfirma, über die hochwertige elektronische Geräte in den Osten geschleust wurden. Entsprechende Hinweise sind in den archivierten Akten der schweizerischen Bundespolizei zu finden. Der Gründer und Präsident dieser Briefkastenfirma war Heinz Koch (Name geändert), ein langjähriger Bekannter dieses Spitzenpolitikers. Nach Einschätzung der US-amerikanischen Anklagebehörden war Koch in den Achtzigerjahren Teil eines internationalen Technologieschmugglerrings. Im Juli 1982 beschlagnahmten Beamte der deutschen Zollfahndung in Frankfurt und München eine brisante Sendung, die per Luftfracht aus Übersee nach Europa gelangt war: vier Rechner des amerikanischen Computerherstellers DEC. Laut den amerikanischen Anklagebehörden hätte diese «heisse Ware» in die Sowjetunion und in die DDR geschleust werden sollen.
DEC? DDR? Irgendwie denkt man da auch an Kuckucksei und 23.
Hier gibt es noch einen vierseitigen Artikel aus einem Magazin namens „Gerbergassse 18”: Die geheimen Geschäfte der Stasi in der Schweiz – Technologieschieber und Devisenbeschafer im Dienste von Schalck-Golodkowski
Die von der KoKo erwirtschafteten De-visen dienten nicht nur zur Beschaffung von Westwaren, sondern auch zur Fi-nanzierung der westdeutschen Kom-munistischen Partei (DKP). Die SED unterstützte die DKP jährlich mit 60 bis 70 Millionen DM (West-Mark). Eine zentrale Rolle in der illegalen Parteien-inanzierung spielte die von Ottokar Hermann 1969 gegründete und von ihm kontrollierte West-Berliner Firma Che-mo-Plast, die er später unter das Dach der Tessiner Briefkastenirma Rexim stellte. Mit einem jährlichen Umsatz von 400 Millionen DM zählte Chemo-Plast mit Abstand zu den inanz- und umsatz-stärksten Handelsirmen innerhalb der KoKo. […]
DDR-Außenhändler, Stasi-Agenten und DDR-Strohmänner in der Schweiz stan-den seit Ende der 1960er Jahre im Visier der schweizerischen Bundespolizei. Dennoch blieben sie meist unbehelligt – obwohl die Umgehungsgeschäfte, die jahrzehntelang und im großen Stil über die Schweiz abgewickelt wurden, zu schweren wirtschaftspolitischen Verstimmungen mit den USA führten. Die Repräsentanten des DDR-Regimes sowie deren Schweizer Geschäftspartner und Hintermänner konnten, so gewinnt man den Eindruck, ihren Aktivitäten in der Schweiz offenbar ungestört nachgehen. Dabei irritiert die Passivität der Schweizer Behörden, weil sie überhaupt nicht zum ofiziellen Selbstbild der Schweiz im Kalten Krieg passt: Die Bun-despolizei verstand sich als Bollwerk gegen eine vermeintliche kommunistische Unterwanderung der Schweiz, woraus sie die Legitimität für die Bespitzelung hunderttausender Schweizer Bürger schöpfte. Es wäre höchst interessant und dringend geboten zu untersuchen, welche Motive dem Gewährenlassen zugrunde lagen.
Und aus einer Bildunterschrift
Die Schweizer Botschaft in Ost-Berlin (foto-graiert im März 1973) stellte Stasi-Agenten wie Günther Forgber (IM „Martin“) jahrzehn-telang Dauervisa aus.
Hier wird beschrieben, wie die DDR dann die Schweizer Botschaft in Ostberlin bespitzelte bis hin zur Frage, wie man aus einer Salami Sprengstoff herstellt. Lacher:
Zudem ist es der Stasi gelungen, in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre den Schweizer Funkverkehr zu entschlüsseln.
Interessante Frage, ob die Schweizer selbst Produkte der Crypto AG einsetzten.
Aufgrund der dadurch gewonnenen Erkenntnisse erstellte die Behörde ein umfassendes Profil der Eidgenossenschaft. Obschon als neutraler Staat weder Nato- noch UNO-Mitglied, betrachtete die Stasi die Schweiz als Feindesland. In einem mehrseitigen Bericht heisst es: «Die Schweiz verfügt über einen international durchorganisierten Propagandaapparat. Mit seiner Hilfe wird der Weltöffentlichkeit unermüdlich ein Bild vom idealen Schweizer Staat, seiner Neutralität, seinem Freiheits- und Friedenswillen vermittelt.» Und weiter: «Dieses ständige Aufwerten gerade dieser Ideale ist mit handfesten ökonomischen Interessen der Schweizer Finanzoligarchie verbunden. Die enge ideologische Partnerschaft zum USAImperialismus wird auch in den Massenmedien der Schweiz deutlich.»
Ein international durchorganisierter Propagandaapparat, der der Weltöffentlichkeit unermüdlich das Bild vom idealen Schweizer Staat, einer Neutralität vermittelt.
Da die Schweiz aber tatsächlich nicht in der NATO oder irgendwelchen Bündnissen war, konnte sie so rein rechtlich gesehen im Prinzip tun und lassen, was sie wollte. Es gab an sich nichts, was die Schweiz daran gehindert hätte, mit allerlei Zeugs zu handeln.
Leser schrieben mir aber, dass das ein erstes Ende fand, weil Ronald Reagan da nicht mehr mitspielte, und die Schweiz unter Druck setzte, und ein zweites nach 9/11, als die USA sich die Geldströme genau ansehen wollten. Infolgedessen kam es zur Spionageaffäre um die Swift-Überweisungen.