Nazi-Medizin
Jetzt wird’s interessant, was Moral, Political Correctness und so weiter angeht.
Es gibt doch so verschiedene Sekten und Religiöse, die bestimmte Behandlungen für sich ablehnen. Bluttransfusionen, Organtransplantationen und sowas.
Als ich vor 30 Jahren mal heftig im Krankenhaus lag, erzählte mir ein Pfleger, dass sie unlängst einen kuriosen Fall hatten. Ein schwerkranker Patient, der aber durchaus unter Kontrolle und deshalb bei ihnen nicht in Lebensgefahr war, aber in der Intensivstation in Beatmung, künstlichem Koma und so weiter war, war urplötzlich verschwunden.
Einfach weg.
Also dieses weg im Sinne von nicht mehr da.
Oder nicht mehr ganz da.
Sie haben ihn dann sehr schnell gefunden, weil das natürlich schon auffällt, wenn jemand von der Intensiv verschwindet, vor allem bewusstlos. Sieht halt komisch aus. Nur nicht gleich im ersten Augenblick, weil gerade ein anderer Notfall war, aber viel weiter als bis zum Stationsausgang ist er auch nicht gekommen. Er war nämlich der Chef eines größeren Roma-Clans, und die hatten sich da irgendwie reingeschlichen und im richtigen Augenblick abgeklemmt und rausgetragen, weil sie der Meinung waren, dass der jetzt gleich stirbt und sie nur unter freiem Himmel sterben dürfen. Deshalb betrachteten sie es als ihre Pflicht, den jetzt draußen auf den Rasen zwischen den Klinikgebäuden (die da so im Quadrat um eine große Rasenfläche in der Mitte) standen, damit der da sterben kann.
Es fand nicht die Billigung der Stationsleitung. Wäre ja auch kein schöner Anblick gewesen.
Zumal sie ihn auch trotz des Zwischenfalls noch durchbekommen haben. Es hieß, er habe sich selbst dann nach seinem Genesen nicht verbindlich festlegen wollen, ob er eher zur Strategie der Ärzte oder der der Verwandtschaft tendiere.
Wie dem auch sei: Weltanschauliche Befindlichkeiten haben enormen Einfluss auf die Akzeptanz der Therapiemethode und zu verabreichender Substanzen. Das wird man nicht von der Hand weisen können.
Ich möchte zu diesem Spannungsfeld nun eine Fragestellung ungeahnter Tiefe aufwerfen. (Oder um ehrlicher zu sein: Eine Hinweis eines Lesers aufgreifen und in der für mein Blog typischen Art und Weise schriftstellerisch aufpolstern.)
Kommen wir also ohne weitere Umschweife auf den Punkt:
Das derzeit angeblich wirksamste bekannte Mittel gegen COVID-19 soll ein Mittel sein, das von den Nazis entwickelt wurde:
Lol. Anti-Malarial drug Chloroquine, which has been found to be an effective treatment for COVID 19, was invented by Hans Andersag in 1934 at Bayer Labs in Westphalia. Looks like we have a lot to thank the Nazis for. https://t.co/yGToUJHA1R
— Mike P's Juice Squeeze 🍊 (@MikePsJuice) March 19, 2020
Choroquin. Handelsname Resochin.
Resochin sagt mir was. Als ich 1990 mit einem Kumpel in Singapur und Malaysia war, hatte ich das Zeug als Malaria-Prophylaxe gefressen. War absurd teuer. Der Kumpel hatte sich das in Rumänien gekauft, wo es spottbillig war, aber dafür die Tabletten so lausig gepresst, dass er das Zeug aus der Flasche mit dem Löffel als Pulver gefressen hat. Ich hatte damals vier Wochen lang Dünnpfiff, und mich gewundert, ob es am Klima oder am Essen liegen könnte, um dann überraschend festzustellen, dass der schlagartig aufhörte, als die Packung leer war. Zusätzlich hatte man damals noch als Notfallmedikament Lariam dabei, von dem mir eine Reisebekannte mal erzählte, dass sie das mal nehmen sollte und grausliche Halluzinationen davon bekam. (Die Tapetenmuster fingen an zu leben und auf der Wand herumzulaufen und sowas.) Wenn ich richtig informiert bin, beruht das auf Mefloquin, einer Variante von Resochin.
Und über dieses Chloroquin heißt es:
Chloroquin wurde 1934 durch Hans Andersag bei der I.G. Farbenindustrie in Elberfeld synthetisiert. Dieses Resochin genannte Mittel hatte jedoch zuerst keine Bedeutung, da die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zur Malariaprophylaxe das nah verwandte, zur gleichen Zeit erfundene Sontochin (methyliertes Chloroquin) einsetzte. Proben von Sontochin wurden bei deutschen Kriegsgefangenen in Nordafrika gefunden und in den USA analysiert. Dort wurden auch analoge Substanzen untersucht, dabei zeigte sich die überlegene Wirkung und Verträglichkeit von Chloroquin im Vergleich zu eingeführten Mitteln wie Atebrin, dem unter dem Namen Quinacrine dominierenden Malariamittel der Alliierten im Pazifikkrieg.
I.G. Farben ist natürlich berüchtigt und bekannt. Man kann sich fragen, inwieweit die 1934 schon mit dem NS verflochten war, aber die allwissende Müllhalde schreibt:
In Folge der Weltwirtschaftskrise wurde 1933 die Wirtschaftspolitische Abteilung (WiPo) aufgebaut, die die Zusammenarbeit der I.G. mit der NSDAP fördern sollte und die sich mit Fragen zur Gesetzgebung, Besteuerung und Außenwirtschaftspolitik beschäftigte.
Unter dem Vorsitz von Carl Bosch stimmte die I.G.-Farben-Generalversammlung Anfang Dezember 1932 dem Programm der Agrarkartellierung zu, einem Interessenkompromiss von Industrie und Großagrariern. Dieser Entschluss des damals größten Konzerns Europas bereitete nach Auffassung von Alfred Sohn-Rethel auch den Weg zur NS-Diktatur.
Beim Geheimtreffen vom 20. Februar 1933, auf dem eine Gruppe von Industriellen einen Wahlfonds von 3 Millionen Reichsmark für die NSDAP beschloss, nahm als Vertreter der I.G. Farben das Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler teil. Die I.G. Farben beteiligte sich an diesem Wahlfonds mit 400.000 RM und überwies die Summe an die NSDAP-Parteikasse am 28. Februar 1933, einen Tag nach dem Reichstagsbrand. Die SA unterhielt ein als „Schwarze Kasse“ bezeichnetes Konto bei der Bayerischen Hypo- und Wechselbank mit dem Namen „B 2“ für Spenden aus Industriekreisen, auf das die IG Farben über 500.000 Reichsmark einzahlte. Im Winter 1933/34 spendete die IG Farben nach Aussage von Heinrich Gattineau 200.000 Reichsmark für Mäntel der SA.
Wenn das so war, dann war I.G. Farben schon 1933 schwer Nazi.
Was jetzt freilich die Frage aufwirft, wer nun gegen das Corona-Virus mit Chloroquin behandelt werden kann.
Denn bisher wird ja rundheraus alles abgelehnt, was auch nur entfernt mit Nazis zu tun gehabt hätte.
(Was erstaunlich ist, denn zwei der Lieblingsfahrzeuge der Linken der 68er-Generation waren VW Käfer und VW Bully.)
Generell wird man aber nun alle, insbesondere Linke und Antifa, auffordern müssen, Farbe zu bekennen und zu erklären, ob sie gegen COVID-19 ein von den Nazis entwickeltes Medikament bekommen wollen oder nicht.