Ansichten eines Informatikers

Abklatschen

Hadmut
28.4.2020 12:04

Über die Jugend.

Auf Focus heißt es gerade über einen ersten Schultag nach dem Pandemie-Lock-Down:

Die Frage ist tatsächlich, was gut gelaufen ist. Nach der ersten Unterrichtsstunde nach der Öffnung meiner Gesamtschule, die zwischen Dortmund und Essen liegt, und in der ich einen 10er-Jahrgang zum Abschluss führen soll, dachte ich zunächst, das wird überhaupt nicht laufen. Einer Stunde Hygiene-Schulung für Zehntklässler, die nach Meinung einiger Politiker „vernünftig“ sind und daher in kleinen Schritten vor allen anderen Schülern wieder am Unterricht teilnehmen dürfen, um sich auf ihren Abschluss vorzubereiten, folgte ein großes Umarmungshappening auf dem Schulhof.

Als sei Corona eine Erfindung in einem Playstation-Spiel, schlugen sich die 16-Jährigen ab, saßen eng zusammen und freuten sich über ihr Wiedersehen. Schon während der einstündigen Schulung über Hygiene, Abstand, Händewaschen musste ich mitansehen, wie alle Schutzmaßnahmen und Appelle an Vernunft, Verantwortung und Rücksicht auch und vielleicht zur Abwechslung mal vor allem für uns Lehrer ad absurdum geführt wurden. Zuspätkommer Berkan freute sich wie Bolle, nach fünf Wochen seinen Kumpel Mike wiederzusehen, ignorierte den Menschen, der mit Gummihandschuhen am Pult saß und gab dem Kumpel High Five mit Umarmung und Bruderkuss.

Super. Damit Lara nicht zu kurz kommt oder gar eifersüchtig wird, wurde ihr zur Begrüßung macho-mäßig durch die Haare gewuschelt. Welcome back on Titanic. Was tun? Eingreifen? Dazwischen gehen? Rumbrüllen? Ich entschied mich für eine Ermahnung, die aber offenbar keine nachhaltige Wirkung erzielte. Zehn Minuten vor Ende der Hygiene-Stunde war Berkans Konzentrationsfähigkeit erschöpft, er musste noch einmal zu Mike und ihn abklatschen.

Am nächsten Tag kam Berkan wieder zu spät, diesmal zusammen mit Lara, mit der er sich nur gemeinsam die Hände waschen wollte. Gelächter, lockere, entspannte Stimmung unter den Schülern. Corona wird sicher überbewertet.

Nur zur Erinnerung: Es ist gerade erst ein paar Monate her, als uns diese Generation in den Medien noch als die allein-Weisen hingestellt wurden, als seien Schüler dieses Alters oder darunter die einzigen, die in der Lage wären, die Klima-Katastrophe zu erkennen und abzuwenden, und dass die Fridays-for-Future-Schulstreiks Ausdruck ihrer tiefen, weit jenseits dessen, was schnöde Schule vermitteln könnte, liegenden Weisheit und überragenden Reife sei.