Ansichten eines Informatikers

Nächste Runde Schweinezyklus

Hadmut
9.6.2020 14:21

Ich sag’s doch: Alle 10 Jahre geht der Schwachsinn von neuem los.

Das habe ich auch schon so oft im Blog beschrieben: Der Schweinezyklus des Schwachsinns zwischen Politik und Internet, tritt erstaunlich pünktlich alle 10 Jahre auf.

Seit es das Internet hier in Deutschland gibt, entsteht etwa alle 10 Jahre – vermutlich immer dann, wenn alle Beteiligten personell komplett durch neue Ahnungslose ersetzt wurden – von neuem der politische Versuch, Kryptographie und Pornographie im Internet zu sperren, als Dosenöffner für die Totalzensur.

Ursula von der Laien hat eigentlich 2009 schon korrupt und intrigant den völligen Schwachsinn gebaut, als sie mit ihre tiefenbekloppte Kinderpornosperre durchsetzen wollte. Jetzt kommen die nächsten.

Wie golem berichtet, will die Kommission für Jugendmedienschutz irgendwie – sie sind sich ganz sicher, dass sie es machen werden, sie wissen nur noch nicht so genau wie – Pornographie ohne Jugendschutz sperren will.

Konkret machen alle drei Angebote pornografische Inhalte frei zugänglich, ohne sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang dazu erhalten. Mit ihrem Beschluss spricht die KJM eine Beanstandung gegenüber den Anbietern aus und untersagt die Verbreitung der Angebote in der vorliegenden Form. Gemäß JMStV dürfen pornografische Angebote im Internet nur innerhalb einer geschlossenen Benutzergruppe für Erwachsene verbreitet werden, die mittels vorgeschalteter Altersverifikationssysteme hergestellt werden kann. Während Anbieter mit Sitz in Deutschland diesen gesetzlichen Verpflichtungen in der Regel nachkommen, ist die Rechtsdurchsetzung bei Anbietern mit Sitz im Ausland grundsätzlich schwieriger.

Schwieriger?

Wie kommen die eigentlich auf die Idee, dass unser Recht für Server, die irgendwo anders auf der Welt stehen, überhaupt gelten würde? Ein Staatsvertrag noch dazu, der ja explizit sagt, dass er nur für die beteiligten Bundesländer gilt.

Fragen wir mal umgekehrt: Angenommen, die Chinesen, die Russen, die Nordkoreaner würden bei uns vorstellig und verlangten, dass wir von unseren Webseiten, unseren Nachrichtenseiten, irgendetwas wegnehmen oder sperren, weil es gegen ihre Gesetze verstößt, würden wir uns dem unterwerfen? Nein. Und ich hoffe: Nein. (Bei Maas und Merkel weiß man nie.)

Wenn es trotz der nun vorliegenden Beschlüsse der KJM weiterhin nicht gelingt, die Anbieter zu einer rechtskonformen Anpassung ihrer Angebote zu bewegen, ist die KJM bereit, den Weg weiterzugehen und alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen. Dass Anbieter mit solch enormer Reichweite, die sich gezielt an deutsches Publikum richten, deutsches Recht trotz offenkundiger Gefährdung von Kindern und Jugendlichen ignorieren, ist nicht hinnehmbar.“

Und was wären da so die „zur Verfügung stehenden Rechtsmittel”?

Während die Kombination aus Indizierungen, Jugendschutzprogrammen und elterlicher Begleitung am PC bislang noch als notfalls ausreichender Schutz bewertet werden konnte, erfordert es die veränderte Medienrezeption nun, im Zweifel auch bislang ungenutzte Instrumente zur Rechtsdurchsetzung bis hin zu Sperrverfügungen gegen Access-Provider in Erwägung zu ziehen.

Sperrverfügungen gegen Access-Provider.

Da sind sie wieder, die Juristen. Wenn man nicht weiter weiß, versucht man, sich den nächst greifbaren zu krallen und dem das Problem irgendwie aufs Auge zu drücken. So irgendwie erst mal das Problem zu verstehen, das kennen Juristen da nicht.

DNS-Sperren?
Dass DNS-Sperren nur gegen die Laien und überdies auch unter denen nur gegen die mit privaten/kleinen Anschlüssen wirken, weil jeder, der größere Infrastruktur als Home-LAN betreibt, einen eigenen DNS-Recursor betreibt, und das auch jeder lokal auf seinem PC machen kann, habe ich den Regierenden und Strafverfolgenden schon 2009 versucht zu erklären. Und dass man solche Sperren gar zu einfach umgehen kann. Oder nicht mal zu umgehen braucht, die Sperre in vielen Fällen keine Auswirkung hat und deshalb nicht geeignet im verfassungsrechtlichen Sinne ist.

Das wird jetzt aber noch schwieriger, weil die Browserhersteller anfangen DNS-over-HTTPS (DoH) einzusetzen. Dann kann der Provider da auch nicht mehr eingreifen.

IP-basierte Sperren?
Auch das wird zunehmen schwierig, Stichwort „Cloud-Computing”. Nicht nur kann der Webserver-Betreiber damit in Sekundenschnelle die IP-Adresse ändern, und auch von den Präfixen nicht mehr von Angeboten in derselben Cloud zu unterscheiden ist, die „legale” Angebote anbieten, es kann durch die Virtualisierung sogar vorkommen, dass legale und illegale Angebote dieselbe IP-Adresse verwenden.

Wie will man das dann sperren, ohne gegen Recht zu verstoßen.

IPv6?
Im Gegensatz zu 2009 ist inzwischen IPv6 flächendeckend in Funktion. Damit kann man illegalen Angeboten so viele IP-Adressen geben und die so mit legalen verzahnen, dass man das nicht mehr sperren kann.

Da bin ich echt mal gespannt, wie sie das anpacken wollen.

Bisher kriegen sie es ja nicht mal hin, bei linken Webseiten die Impressumspflicht durchzusetzen.