Ansichten eines Informatikers

Mehr Kloppe in Wien und die Wendung der Türken

Hadmut
26.6.2020 19:18

Passender könnte man es sich kaum ausdenken.

Ich hatte doch von dem flotten Dreier in Wien zwischen der Antifa, der kurdisch-feministischen Frauenplattform und den türkischen grauen Wölfen berichtet.

Ein Leser tadelte, der betroffene Stadtteil Favoriten sei kein Edelstadtteil, sondern genau das Gegenteil, aber ich dachte, das hätte ich beschrieben und deutlich gemacht, dass die Antifa bisher nur immer in Edelstadtteilen ohne Faschisten gegen Faschismus demonstriert, weil es da ungefährlich ist, und sie nun ungeplant in einem rustikalen Stadtteil auftrat und prompt aufs Maul bekam.

Ein anderer Leser erklärte mir, dass das involvierte Gebäude ein sehr schillerndes sei. Es habe einst der KPÖ, der kommunistischen Partei Österreichs, gehört, sei von einem Investor aufgekauft und dann zu einem derb überhöhten Preis an die Stadt Wien weiterverkauft worden. Passend zu seiner Vergangenheit habe man da Kurden und Antifanten einquartiert, weil die gut zusammenpassten. Das scheint also kein Zufall zu sein, dass es da um dieses Haus ging. Hintergrund sei, und das ist für Linke ein erhebliches Problem, dass die Türken es angeblich mit den Kommunisten nicht so haben, die Kurden aber wohl schon in diese Richtung ausgelegt seien. Die Auseinandersetzungen der Türkei mit den Kurden sei also – und davon hört man hier ja so gar nichts – eigentlich wieder der alte Streit von „Rechten” gegen „Kommunisten”. Was wohl der Grund ist, warum die Antifa die Grauen Wölfe als Faschisten bezeichnet. Was insofern würzig ist, weil Erdogan so gern wie Putin wäre. Sollen wir hier aber wohl alles nicht wissen.

Manche schrieben mir, dass es eine reine Klopperei zwischen Türken und Kurden wäre, die interessierten sich nicht für die Antifa, die seien nur reingeraten, weil sie sich eingemischt haben.

Die Kronenzeitung schreibt nun, dass es einen Tag später da wieder gekracht habe. Ich hätte Aktien von Glasherstellern kaufen sollen.

Am Tag nach Tumulten bei einer Kurden-Demo in Wien-Favoriten ist die Lage am Donnerstagabend nach einer linken Protestkundgebung im selben Grätzl erneut eskaliert. Zwei Gassen waren von Scherben übersät, Vereine sollen attackiert worden sein. Urheber dürfte ein Mob männlicher türkischer und österreichischer Jugendlicher gewesen sein. Laut Polizei gab es sechs Festnahmen, großteils wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Einem Polizisten wurde durch einen Steinwurf ein Finger gebrochen, ein Balkon wurde vermutlich mit einem pyrotechnischen Gegenstand beschossen und in Brand gesetzt. Ein „Krone“-Leserreporter hielt die chaotischen Szenen vor Ort in einem Video fest.

Ja, da war Stimmung.

Laut Polizeisprecher Paul Eidenberger war die Protestkundgebung zunächst weitgehend friedlich verlaufen, Angriffe auf die Kundgebung, die kurdische und linke Aktivisten veranstaltet hatten, wurden von der Polizei unterbunden. Am späteren Abend twitterten linke und antifaschistische Aktivisten, dass mehrere Hundert türkische Faschisten das Ernst-Kirchweger-Haus attackiert hätten, und schrieben diese Angriffe den türkischen ultranationalistischen und rechtsextremen „Grauen Wölfen“ zu.

Und jetzt wird das interessant. Denn es heißt ja und wurde mir immer wieder berichtet, dass die Grauen Wölfe eng zu Erdogan gehören.

Im Ernst-Kirchweger-Haus ist neben mehreren linken Kultur- und Politinitiativen auch der linke türkische Verein ATIGF untergebracht. Der freie Journalist Michael Bonvalot berichtete, dass auch das Lokal eines weiteren linken türkisch-kurdischen Vereins in unmittelbarer Nähe des EKH angegriffen worden sei. Mitglieder des Vereins hätten sich mit Fahnenstangen gegen die Attacken verteidigt.

Es wird uns immer als Konflikt zwischen Türken und Kurden verkauft, aber anscheinend ist es eher ein Konflikt zwischen Rechten und Linken, zumal mir jemand sagte (keine Ahnung, ob das stimmt, aber da genug türkischstämmige Leser mitlesen, kann mir vielleicht jemand schreiben, ob das so stimmt), dass die Türken die Kurden als Türken ansehen, aber als Bergtürken. Insofern scheint es für einen rein ethnischen Konflikt wenig Grundlage zu geben.

Eidenberger bestätigte, dass es im Umfeld des EKH zu zahlreichen Sachbeschädigungen gekommen ist. Die Wielandgasse und die Gudrunstraße waren in dem Bereich von Scherben übersät, was offenbar auf zahlreiche eingeschlagene Autofenster zurückzuführen war. […]

Urheber der Attacken dürfte demnach ein Mob männlicher türkischer und österreichischer Jugendlicher gewesen sein. Einige der Aggressoren zeigten laufend den Wolfsgruß, ein mittlerweile in Österreich verbotenes Erkennungszeichen der „Grauen Wölfe“, und schossen auch – vermutlich mit einem pyrotechnischen Gegenstand – einen Balkon in Brand.

Es riecht danach, als würde Erdogan da seine Konflikte von den grauen Wölfen im Ausland ausüben lassen.

Das nun wieder würde einiges erklären, nämlich warum bei uns etwa die Grünen so türkischfreundlich sind (außer zu Erdogan-Anhängern), wenn es nämlich um Linke gegen Rechte gehe. Mir wurde gesagt, dass es auch unter den Türken viele Linke gäbe, und dass das die zentrale Achse der Animositäten sei. Würde man das zu Ende denken, dann hätte rot-grün quasi ein außerhalb der Türkei liegendes Linkenexil gebaut, und das hier aber als Liebe-zu-allen-Türken verkauft.

Und genau das Märchen scheint gerade zu platzen.

Aus politischen Gründen hat man eben nicht gesagt, dass man nur Linke (Türken) haben will, sondern alle, weil das ganze nicht als politisches rechts-links-Manöver erscheinen sollte, sondern als die große Multi-Kulti-Show, und eben auch als das Unterfangen, sich durch Import-Linke Mehrheiten zu beschaffen.

Der Wochenblick schreibt dazu: Antifa-Türken-Schlacht um Wien stellt linke Welt auf den Kopf

Seit zwei Tagen tobt eine erbitterte Schlacht um Wien. Auf der einen Seite wild tobende Osmanen, die ihre Vorherrschaft zeigen wollen – auf der anderen Seite stolze Wiener, die ihre Stadt gegen die fremden Eroberer beschützen? Nein, wir befinden uns nicht im Jahr 1683, sondern im Frühsommer 2020.

Stimmt, da war mal was.

War das nicht die Nummer, wie Wien an den Kaffee kam?

Der Schauplatz ist nicht der Kahlenberg, sondern der Multikulti-Bezirk Favoriten. Aber wenn man der Erzählung der Sympathisanten des vor 30 Jahren besetzten linksradikalen Ernst-Kirchweger-Haus folgt, ist’s wieder einmal Sobieski gegen den Sultan. Ein Narrativ, das denselben Kreisen noch ganz böse faschistisch erschien, als patriotische Demonstranten es im Vorjahr bei einem friedlichen Fackelmarsch bedienten.

Und da waren die Machtverhältnisse wohl klar:

Nach Zusammenstößen zwischen türkisch-nationalistischen „Grauen Wölfen“ und einer Phalanx von linksextremen Kurdengruppen und heimischen Antifa-Aktivisten sahen sich letztere nach einer Tracht Prügel in der Opferrolle. Also taten sie das, was sie am besten konnten, und demonstrierten gegen den „Faschismus“. Es kam, wie es kommen musste, und die Szenen wiederholten sich – nur diesmal etwas näher an der heiligen Kuh, nämlich am eigenen ‚Safe Space‘ in der Wielandgasse.

Plötzlich bekommen linksdrehende Weltverbesserer die Folgen ihrer eigenen Politik zu spüren und werden zwischen den unterschiedlichen Fronten der „Partyszene“ zerrieben. Alles Gruppen, die in Wien weitgehend Narrenfreiheit haben. Das Umfeld der „Grauen Wölfe“ ist ein bekanntes SPÖ-Wählerreservoir. Und die linkssolidarische Einheitsfront aus Kurden-Linksextremisten und Antifa bewegt sich im engen Vorfeld der Grünen. So eng, dass die grüne Vizebürgermeisterin Hebein selbst einst einer ehemaligen EKH-Truppe angehörte.

Herrlich.

Geliefert wie bestellt.

Erst installiert man für Türken und Araber die grenzenlose Narrenfreiheit und Willkommenskultur, und dann wird man selbst von ihnen vermöbelt und kann nichts sagen, weil das ja dann rassistisch und islamophob wäre.

Linke fordern Abschiebungen

Bei der Einordnung geraten also einige Narrative durcheinander. Die Palette der Ausweich-Versuche ist breit. Die grüne Ex-Abgeordnete und Kurden-Aktivistin Aygül Berîvan Aslan gab via Twitter sogar der FPÖ die Schuld an der Entwicklung. Dort forderte sie die Einbestellung des türkischen Botschafters. Linke Aktivisten wollen plötzlich sogar die Abschiebung dieser Elemente.

Eben waren Abschiebungen noch totaaal Nazi, und jetzt wollen sie selbst Türken abschieben. Mal sehen, wer stärker ist.

Von links her ist „Erdogan, hol deine Türken ham“, aber urpötzlich legitim. Aber vielleicht dämmert es manchen, dass man auf dieser Schiene nicht weiterkommt. Denn plötzlich kommt die Umdeutung in ein generelles „Rechts gegen Links“ Narrativ. Ein ORF-Bericht verteilt dabei seine Sympathien so offensichtlich, dass er genausogut auf einschlägigen Antifa-Szene-Plattformen wie „Indymedia“ stehen könnte. […]

Am Ende ist also die linke Welt wieder ganz in Ordnung, denn jetzt können SPÖ-Politiker ganz problemlos wieder Parolen wie „kein Fußbreit dem Faschismus“ in den Äther blasen.

Das wird eine Wende wie in Orwells 1984: Eben noch waren die Türken heilig und jeder ein rechtspopulistischer Nazi, der was dagegen sagte, und jetzt plötzlich wollen die Linken und Grünen Türken loswerden und nennen sie dazu jetzt „Faschisten”, und geben das dann als „Kampf gegen Faschismus” aus.

So dynamisch ändern sich da die Argumentationen.

Obwohl, ganz in Ordnung ist die Welt für die Linken noch nicht: Ein Kontrollverlust nagt nämlich schon am Selbstbewusstein. Also ruft man in seiner Not nach der Polizei, die man sonst als rassistisch, brutal und sowieso proto-faschistisch wähnt. Und die soll dann auch nicht wie bei linksextremen Plünderungen deeskalierend wirken.

Jetzt können wir also zuschauen, wie sich die Grünen auch hier vom Claudia-Roth-Narrativ (alles so nette Menschen) zum Modern-Linken „Faschisten raus!” wandeln.

Man sollte sich rhetorisch darauf vorbereiten, rot-grün als islamophobe rechtspopulistische Fremdenfeinde zu beschimpfen.

Bedenke, worum Du bittest.