Digitalisierung: Estland schlägt Deutschland meilenweit
Es ist einfach ein Trauerspiel.
Ich weiß zwar nicht mehr genau, worum es jeweils im Einzelnen ging, aber ich kann mich so dumpf erinnern, dass es schon öfters Vergleiche gab, wie leicht und bequem die öffentliche Verwaltung in Estland für Bürger läuft, weil die alles hübsch und nett digitalisiert haben und bei uns nur Chaos herrscht.
Und dass in Berlin das totale KFZ-Zulassungschaos herrscht, man teils wochen- und monatelang darauf wartet, ein Auto zulassen zu können.
Vorhin hatten sie in ZDF WISO einen Vergleich zwischen KFZ-Zulassung in Deutschland, das inzwischen nicht nur in Berlin, sondern auch an einigen anderen Plätzen gar nicht mehr geht, mit Estland. Da hat sich einer mit einer Bürgerkundenkarte (sowas wie bei uns ePerso) eingeloggt, konnte alle seine Fahrzeuge bequem verwalten, alles ruckzuck und einfach, und beispielsweise ein Autoverkauf ist in 2 Stunden erledigt.
Dann fragte man, wozu wir hier überhaupt noch KFZ-Zulassungsämter brauchen, warum das nicht die Versicherungen gleich mitübernehmen, weil man doch sowieso zur Versicherung muss. In manchen Ländern sei das schon so, glaube ich mich gehört zu haben dumpf erinnern zu können.
Das beruht auf einem Denkfehler.
Zulassungsämter sind bei uns nicht dazu da, Fahrzeuge zuzulassen.
Sie sind dazu da, um auf den unteren Etagen bedarfsunabhängig Jobs zu schaffen. Und da habe ich, soweit ich mich erinnern kann, ausnahmslos immer Frauen gesehen.
Und auf höheren Etagen geht es darum, Parteifreunden Posten zu verschaffen.
Oder anders gesagt: Wir kranken an Korruption. Regierungskorruption.
Und Beamtentum. Die halten das nicht aus, wenn nicht alles in drei Formularen befüllt, gebührenbemarkt und bestempelt wurde.
Ich finde das auch absolut albern, dass die einen hier beim Ummelden des Fahrzeugs raus vor die Tür schicken, damit man dort bei kleinen Dienstleistern, die wie auf dem Weihnachtsmarkt in Holzhäuschen hocken, KFZ-Schildern machen lässt, und damit dann wieder reingeht. Da hatte ich noch Glück. Ich habe dann im Internet gelesen, dass es an anderer Zulassungsstelle in Berlin regelrechte Mafia-Kartelle mit absurd überhöhten Preisen gibt.
Was soll der Quatsch?
Warum zahlt man da 20,30,40,50 Euro für ein Paar Schilder, wenn die Dinger in der Herstellung gefühlte 3,50 Euro kosten? Damit dann da irgendeiner steht, der das von Hand setzt und manuell durch die Maschine laufen lässt?
Kennzeichenfälschung gilt als Urkundenfälschung. Wenn es aber eh schon eine staatliche Urkunde ist, warum haben sie dann da nicht einfach eine große Maschine in der Behörde stehen, die die Kennzeichenschilder automatisch am laufenden Band produziert, während die Zulassung läuft, damit das alles flotter geht?
Warum geht sowas wie der Zulassungsprozess nicht Online, wo man vorher alles eingibt und bezahlt? Wenn sie den KFZ-Brief und den Personalausweis kontrollieren möchten, bitte, dann macht man halt noch einen Abholschritt, aber alles vorher könnte man vollautomatisiert machen. Oder die Schilder sogar per Post schicken.
Was ich auch nicht verstehe: Alles habe ich inzwischen im Scheckkartenformat. Personalausweis, Führerschein, Krankenversicherungskarte, alle Bankkarten. Nur den Scheiß-KFZ-Schein trage ich noch als Lappen mit mir herum, der nicht nur aussieht, wie eine alte Socke und kaum noch lesbar ist, sondern kaum in den Geldbeutel passt.
Warum sind die zu doof, das mal in Ordnung zu bringen?
Wer ist für den Mist eigentlich zuständig? Ist das Innen- oder Verkehrsminister? Eigentlich egal, gerade beides CSU. Die, die unter Digitalisierung Dorothee Bär verstehen.
Oder ist das Ländersache?
Zuständig für die Zulassung der meisten Kfz sind als untere Verwaltungsbehörden im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund die Kraftfahrzeug-Zulassungsbehörden. Einigen von ihnen obliegen dabei besondere Aufgaben: Die Zulassungsbehörden Berlins, Hamburgs und der Hauptstädte der Länder lassen die Dienstkraftfahrzeuge von Landesorganen zu, die Zulassungsbehörden von Berlin bzw. Bonn lassen die Dienstfahrzeuge der Bundesorgane, des Diplomatischen Corps und bevorrechtigter internationaler Organisationen zu – wenngleich den Fahrzeugen eigene Unterscheidungszeichen zugeteilt werden.
Aha. Das Problem liegt ursächlich also bei der Bundesregierung.
Dazu kommt dann ein unfähiges Berlin als Dienstleister.
Und schon geht gar nichts mehr.
Sucht man mal, kommt man auf das da beim Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur:
Als Innovator des deutschen E-Governments digitalisiert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit dem Projekt „i-Kfz“ (internetbasierte Fahrzeugzulassung) das Fahrzeugzulassungswesen in Deutschland. Ziel des Projektes ist es, die Fahrzeugzulassung einfacher, bequemer und effizienter zu machen und dadurch Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und die öffentliche Verwaltung zu entlasten. Mit der Digitalisierung können Fahrten zur Zulassungsbehörde vermieden werden, was ein erhebliches Zeit- und Wegeeinsparungspotenzial für Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter bedeutet.
Seit dem 01. Oktober 2019 können Bürgerinnen und Bürger alle Standardzulassungsvorgänge im Internet abwickeln. Mit Inkrafttreten der „Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ wurde die internetbasierte Abwicklung aller Standardzulassungsvorgänge für Privatpersonen ermöglicht (Stufe 3) – für ausgewählte Fälle auch vollautomatisiert. Im nächsten Schritt (Stufe 4) ist die Ausweitung der internetbasierten Kfz-Zulassung auf juristische Personen vorgesehen. Insbesondere Unternehmen sollen hiervon profitieren.
Hinweis zur praktischen Umsetzung:
Die Umsetzung der i-Kfz-Anwendungen liegt – wie bei allen zulassungsrechtlichen Aufgaben – bei den Bundesländern und dort bei den Kommunalverwaltungen. Zum Stand der Einführung von i-Kfz können sich Bürger/innen über das Internetangebot der für ihren Wohnort zuständigen Zulassungsbehörde informieren.
Pfff.
Wir haben es seit 1.10.2019, jubeln sie. „Hinweis zur praktischen Umsetzung”: Geht nicht, Länder zu doof.
Nun sagt Berlin auf seiner Webseite:
Mit der 3. Stufe der internetbasierten Fahrzeugzulassung ist es als Privatperson ab dem 01.10.2019 möglich, eine Neuzulassung online durchzuführen. Es ist auch möglich, ein gebrauchtes Fahrzeug, welches bisher noch nicht zugelassen war, über diese Dienstleistung erstmalig zuzulassen.
Sie können die Zulassung bequem von zu Hause vornehmen und bekommen alle Unterlagen nach erfolgter Zulassung von uns zugeschickt.
Die Zulassungsbehörde stellt nach erfolgreichem Antrag die Zulassungsbescheinigung Teil I + II sowie die Siegelplakette(n) auf Plakettenträger(n) aus und versendet die Zulassungsunterlagen inklusive des Gebührenbescheides an die antragstellende Person. Der / die Plakettenträger sind durch den Halter bzw. der die Halterin auf dem Kennzeichenschild / auf den Kennzeichenschildern anzubringen. Eine entsprechende Anleitung liegt dem Schreiben von der Zulassungsbehörde bei.
Für den Fall, dass die Prüfung des internetbasierten Antrages ergeben sollte, dass eine der Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt ist, wird die antragstellende Person hierüber bereits am Bildschirm informiert und kann diese ggf. korrigieren.Eine Online-Neuzulassung ist nicht möglich:
• wenn es zum Fahrzeug keine Zulassungsbescheinigung Teil II mit verdeckten Sicherheitscode gibt (ausgestellt nach dem 31.12.2017).
• wenn eine Zulassung im Mehrstufenverfahren vorgenommen werden soll.
• wenn eine Zulassung im Zusammenhang mit einem Gutachten / einer technischen Änderung erfolgen soll.
• wenn die technischen Fahrzeugdaten nicht beim Kraftfahrt-Bundesamt abgerufen werden können, weil diese nicht in der Datenbank hinterlegt worden sind.
• wenn das Fahrzeug aus dem Ausland kommt, oder dort bereits zugelassen war.Hinweis: Eine Feinstaubplakette muss gesondert beantragt werden.
Und warum bringen die dann einen Autohändler (die werden sich ja auskennen), der sagt, dass er 50 Millionen Ausstände hat, weil er auf einem riesigen Berg verkaufter, aber nicht zugelassener und deshalb nicht bezahlter Fahrzeuge sitzt? Wenn das so einfach wäre, wie da beschrieben, würde der das ja machen.
Und was soll überhaupt der Mist, dass der Halter die Siegelplakette selbst aufkleben soll? Dann ist es ja keine Urkunde mehr. Dann kann man sich der Kennzeichenfälschen nicht mehr schuldig machen. Man kann ja auch nicht seine eigene Unterschrift fälschen.