Ansichten eines Informatikers

Wirecard – vom deutschen Traum, doch noch wichtig zu sein

Hadmut
29.8.2020 16:23

Eine Überlegung.

Ich hatte es ja gestern schon mal angesprochen. Heute morgen habe ich dazu noch einen Text der Tagesschau gelesen: Die Überschuldung von Wirecard.

Als das Ding platzte hatte ich ja noch die Frage gestellt, was „2 Milliarden fehlen” heißt: Ob es heißt, dass die mal da waren und sie nun einfach nur woanders sind, oder ob sie nie da waren und man nur glaubte oder vorgekault hatte, man hätte sie mal gehabt. Ob also jemand die 2 Milliarden aus dem Tresor geklaut hat oder sie nie drin waren und der Tresor nur Schwindel war. Weil „weg” ja immer suggeriert „nicht mehr da” und damit insinuiert „war mal da”.

Nun aber sieht das so aus, als hätten da nicht einfach nur 2 Milliarden in einem ansonsten funktionierenden Unternehmen gefehlt, sondern als würde da einfach alles fehlen, habe es nie ein Unternehmen gegeben. Als sei da nicht nur etwas faul gelaufen, sondern das ganze Unternehmen von vorne bis hinten nur ein Schwindel in Schneeball-Manier gewesen. Insolvenzverwalter Michael Jaffé hatte gerade seinen ersten Bericht abgeliefert.

Sie geben auch Einblicke in einen dramatischen Sommer. Etwa, wenn Jaffé schildert, wie einzelne Wirecard-Manager keine Räume mit geöffneten Fenstern mehr betreten wollten – “aus Sorge vor einem Anschlag”.

Beachtlich ist nun, dass der Bericht letztlich sagt, dass es das Geschäft Wirecard eigentlich gar nicht gibt:

In seinem Gutachten zerpflückt Jaffé die einstige Erfolgsgeschichte des Zahlungsdienstleisters aus Aschheim, dem Hoffnungsträger Deutschlands in der zukunftsträchtigen Fintech-Branche. In Wahrheit hatten laut Gutachten nur wenige der weltweit über 50 Konzernfirmen “überhaupt eigene Einnahmen”.

Wirecard verbrannte demnach Woche für Woche jenes Geld, das ihm Banken geliehen und Investoren anvertraut hatten. Vor der Insolvenz im Juni waren es zehn Millionen Euro – pro Woche. Und der Sommer wäre nach Jaffés Berechnungen ebenfalls teuer geworden, wäre nicht alles aufgeflogen. Allein für die 13 Wochen nach der Insolvenzanmeldung wäre ein weiteres Minus von 200 Millionen Euro hinzugekommen.

Und auch die Bilanz der vergangenen Jahre entpuppt sich laut Gutachten als Blendwerk, rechnet man die Scheingeschäfte heraus. Jaffé hat eine Beratungsgesellschaft schätzen lassen, was in den vergangenen Jahren wirklich los gewesen sei bei Deutschlands Aufsteiger Wirecard. Das Ergebnis ist eine Tabelle in tiefrot.

Im Jahr 2017 soll Wirecard demnach einen Verlust von 99 Millionen Euro erlitten haben, 2018 betrug das Minus 190 Millionen Euro, ein Jahr später 375 Millionen Euro Verlust. Allein in den ersten drei Monaten 2020 seien weitere Verluste in Höhe von 86 Millionen Euro hinzugekommen.

Ein echtes Geschäftsmodell existierte offenbar nicht, eine auf Geschäft beruhende Einnahmequelle auch nicht. Alles nur da, um Geschäft und Umsatz vorzutäuschen und immer mehr Gelder von Investoren und Kreditgebern abzuziehen und irgendwohin zu verbrennen.

Insofern ist der Sachverhalt doch der, dass die 2 Milliarden nicht etwa nie da waren, weil sie nie erwirtschaftet wurden, sondern durchaus da waren, und geklaut wurden. Nur wurden sie nicht Wirecard geklaut, sondern Wirecard hat sich durch Betrug anderen geklaut. Wenn die jetzt auf 3 Milliarden Schulden kommen, müssen sie ja auch etwa 3 Milliarden Euro von anderen bekommen haben, die jetzt weg sind. Also schon die Kategorie von weg im Sinne von nicht mehr da, aber eben als Dieb und nicht als Bestohlener.

Wie ist das möglich?

Wie kann es sein, dass jemand ohne ein Geschäftsmodell der neue Star am Börsenhimmel wird, die Branche sie für den Brüller hält?

Ich glaube, die Antwort liegt in dem Satz „dem Hoffnungsträger Deutschlands in der zukunftsträchtigen Fintech-Branche.”

Man dachte, man kann auf dem internationalen Parkett doch noch irgendwas werden, indem man einfach behauptet es zu sein und andere es einfach glauben. Fertig. Keine Substanz mehr erforderlich.

(Hätt’ ich mir doch die vielen Zeitungsartikel und Rundfunkbeiträge aufgehoben, aufgenommen, aufbewahrt, in denen Wirecard als der neue Stern am Himmel, der Top-Player über alle Grenzen gelobt wurde. Mir kam es irgendwie komisch vor, unglaubwürdig. Aber es hat mich damals einfach nicht interessiert.)

Ich halte das für das Resultat von 15 Jahren Merkel-Dekadenz und Zeitgeist wie Poststrukturalismus, zu dem auch der ganze Feminismus gehört, wo einfach die ganze Weltsicht war, dass Substanz, nachprüfbare Resultate, einfach gar nichts mehr zählen und es nur noch auf Diskurs, Konsens, den Glauben ankommt – es einfach reicht, wenn alle glauben, dass das so ist. Als ob man den neuen Shooting Star am Finanzhimmel einfach durch Konsens finden könnte wie die Auszeichnung einer Talkshow, die immer einer kriegt, egal wie schlecht.

Ich halte diese Beliebigkeit, Oberflächlichkeit, Substanzlosigkeit, einfach etwas hinzudeklarieren und auf Konsens zu machen, für ein Symptom der Ära Merkel.

Obwohl man natürlich auch argumentieren kann, dass es solche Fälle ja mehr gab, etwa Elizabeth Holmes mit Theranos, was ja am Ende auch nur ein einziger großer Schwindel war. Generell sind ja Feminismus und Gender und der Hokus Pokus nur noch ein Schwindel.

Insofern könnte man auch Ursache und Wirkung andersherum sehen, nämlich dass Merkel ein Produkt der Ära Schwindel ist, dass sie und ihre Trulla-Politik sich nur deshalb halten konnten, weil man nichts nachgeprüft hat und der Glauben gereicht hat.

Und da wird noch weit mehr platzen.

Ich habe so das Gefühl, dass wir gerade auf dem Weg in eine schmerzhafte Bereinigung sind, und sich diese Phase des Schwindels und Geschwätzes ihrem Ende zuneigen könnte, und wir in eine neue Phase des großen Misstrauens eintreten.