Ansichten eines Informatikers

Ein Modell des bedingungslosen Grundeinkommens

Hadmut
30.9.2020 0:30

Zwei Leserzuschriften waren etwas konkreter. Hier die erste.

Leider hast Du mich bisher nicht überzeugen können. Da auch Deine Kritik am BGE, Kritikpunkte sind, die de facto im derzeitigen Sytem bereits vorhanden sind.

Der einzige Grund warum Du nicht mit Menschen um Wohnraum konkurieren musst, die ihre Wohnung vom Staat bezahlt bekommen, ist der dass Dein Gehalt weitgenug vom Mindesteinkommen entfernt ist. Die Krankenschwester oder die Kassiererin, die Vollzeit arbeitet, hat dieses Glück zum Teil nicht. Und so kommt es dass hier in München, Menschen die Vollzeit arbeiten + Nebenjob, Problem eine passende Wohnung zu finden, die sie sich noch von ihrem Gehalt leisten können. Der Flüchtling und der Arbeitslose hat da zum Teil weniger Schwierigkeiten. Ich habe mir mal von einem Sozialarbeiter zeigen lassen wo überall Wohnraum für Flüchtlinge in München geschaffen wurde und was alles vom Staat für Menschen finanziert wird, welche noch nie ins System eingezahlt haben. Da schlackerst Du teilweise mit den Ohre. Und keiner kann mir erklären dass wenn der Staat Millionen von Menschen die Wohnung bezahlt ohne im gleichen Masse den Wohnraum signifikant zu erhöhen, dass es keinen Einfluss auf den Wohnungsmarkt hat. Und so kann es sein, dass sich die Kassiererin die Wohnung vielleicht nicht mehr leisten kann, der Arbeitslose aber schon da dass Sozialamt die Wohnkosten für eine Singlewohnung, die nicht mehr als 45qm beträgt übernimmt.

Ja ich weiss, dass das BGE für viele Träumer ein böses Erwachen bedeuten würde, weil mit der Einführung von einen wirklich bedingunslosen Grundeinkommen, sämtliche andere Sozialleistungen wegfallen würden. Plötzlich wurde nicht nur Traumtänzer, der nicht arbeitet ein Grundgehalt bekommen, sondern auch der Polizist, die Krankenschwester, der Ingenieur, die Erntehelfer etc die arbeiten, die gleiche Summe vom Staat bekommen. Ein Form der Inflation und der Entwertung der Sozialsysteme wäre unausweichlich.

Ja leiden würden vor allem die heutigen Hartz4 unter einem BGE, weil das bei weitem nicht mehr alles abdeckt und der Druck irgendeine Arbeit anzunehmen um über die Runden zu kommen ernorm zunehmen würde. Entspannen würde es die Situation für die schwachen Einkommensklassen (und mit Einkommen ist in diesem Zusammenhang nicht staatliche Unterstützung gemeint)

Ich im Laufe der Jahre viele Menschen kennen gelernt habe, die stolz darauf sind ihr eigenes Geld zu verdienen ohne auf den Staat angewiesen zu sein, und dass obwohl sie kaum mehr netto in der Tasche haben, als wenn sie das Sozialsytem voll nutzen würden. Ich habe eine Freundin die jahrelang als Verkäuferin gearbeitet hat und mit der ich die Scenarien durchgerechnet habe. Der Hauptgrund warum sie immer noch arbeitet anstatt den Hartz 4 Weg zu wählen, ist dass sie nicht abrutschen will. Finanziell macht es nicht viel Unterschied

Es ist wirklich erstaunlich was alles der Staat bezahlt, wenn man so bedürftig ist, dass kein eigenes Einkommen gegen gerechnet werden kann. Mir kommt da nur die Klassenfahrt nach New York, bezahlt vom Sozialamt in den Sinn.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article148448562/Diese-Klassenfahrt-kostete-Steuerzahler-38-000-Euro.html

Das BGE wäre ein Weg um damit aufzuräumen. Getreu dem Motto, Du bekommst eine Summe X, aber keine Extras. Das heist die Krankenschwester wird dann mit ihrem Grundeinkommen + ihrem Gehalt mehr zu Verfügung haben als der Arbeitslose und wird auf der Wohnungssuche nicht mehr im Vergleich zu dem der nur auf Kosten des Staates lebt den kürzeren ziehen.

Das ist ja eigentlich keine Gegenrede gegen mein Blog, sondern sehr genau das, was ich früher schon mal beschrieben habe.

Ich hatte irgendwann schon mal einen Blog-Artikel geschrieben, der sich speziell mit der BGE-Lüge befasst, dass wir das finanzieren könnten, weil wir stattdessen ja die ganzen Arbeits- und Sozialämter abschaffen könnten und deren Kosten ja einsparen. Die Argumentation läuft ja darauf hinaus, statt teurer Arbeitsämter und Kindergeld und so weiter einfach pauschal jedem Geld zu geben und fertig.

Hört sich gut an. Stimmt nur nicht.

Viele nämlich bekommen heute mehr Sozial- und sonstige Leistungen, als sie dann an BGE bekämen. Das heißt, dass viele Leute mit BGE einfach aufgeschmissen wären, oder wir dann doch wieder Sozialämter bräuchten.

Umverteilung und Gleichverteilung heißt eben auch, dass viele dann weniger bekommen.

Freilich kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass es dann jedes persönliches Problem sei, damit auszukommen. Aber man sollte dann nicht lügen, dass jeder etwas bekommt. Manchen wird etwas weggenommen.

Und es hat mir auch noch keiner gezeigt, dass das ohne Steuererhöhungen funktionieren könnte.

Wenn es aber mit Steuererhöhungen einherginge, dann wäre es eine Lüge. Denn dann wäre es nicht bedingungslos, sondern an die Bedingung gebunden, dass man keine Steuern zahlt. Weil man ja das, was es einen an Steuern zusätzlich kostet, davon wieder abziehen muss.

Und dass der, der nichts arbeitet, mehr Geld bekommt, als der, der arbeitet und Steuern zahlt, oder der dann sogar weniger hat, ist nicht nur zutiefst verlogen, es ist das Gegenteil von Gerechtigkeit.