Das Berliner Drama um meinen Personalausweis geht weiter
Berlin, die Stadt der Vielfalt. Der vielfältigen Unfähigkeiten. Immer wieder erstaunlich, was hier alles nicht funktioniert, und jedes auf seine Weise. [Nachtrag]
Ich fass’ es einfach nicht, wie unfähig Berlin ist.
Ich hatte doch schon mehrmals und mehrfach geschrieben, dass ich seit Juni versuche, einen neuen Personalausweis zu beantragen. Etwa hier.
Weil, das hatte ich im Gespür, man in Berlin schon verdammt spät dran ist, wenn man erst im Juni versucht, einen Personalausweis zu verlängern, der schon im (darauffolgenden) November abläuft. Weil ich Berlin ja kenne, hatte ich es eigentlich schon im März vor, aber da kam Corona dazwischen. Im Juni, dachte ich, müsste man sich doch inzwischen etwas auf Corona eingestellt haben, aber chancenlos. Online keine Termine, über die Behördennummer 115 (bei der auch immer nur sehr schwer, nach dem x-ten Versuch und nach endlosem hirnzertrümmendem Gehirnfolterwartegedudel – 3 Akkorde, die in einer Endlosschleife gespielt werden, nicht mal Musik im eigentlichen Sinne – dranzukommen ist. Da bekommt man auch keine Termine, muss aber noch den Telefonseelsorger für das Behördencallcenter spielen, weil die dort am Telefon auch immer gleich damit anfangen, wie schlecht es ihnen geht und wie sinnlos, aussichtslos und erfolgsunmöglich ihr Job ist. Wenn man wirklich deprimierte, resignierte, hoffnungslose Leute nahe am Suizid am Telefon haben will – die 115 anrufen. Etwa zehnmal versuchen, bis man durchkommt.
Dann hatte ich es über die Notfallhotline probiert und mich als Notfall deklariert, weil mein Personalausweis schon in drei Monaten ablaufe, was nach Berliner Verhältnissen ein dringender Notfall sei, weil auf normalem Wege nicht zu schaffen. Man antwortete mir, dass man mir nicht helfen könne, weil ich in dem Formular, das nicht nach einer Telefonnummer gefragt und kein Feld dafür hatte, keine Telefonnummer angegeben hätte, und sie Notfalltermine ausschließlich telefonisch per Rückruf und nie per E-Mail vergeben. Keine Rückrufnummer angegeben, kein Termin. Niemals per E-Mail.
Glücklicherweise hatte ich aber parallel dazu schriftlich Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben und angedroht, dass ich Berlin vor dem Verwaltungsgericht auf Ausstellung eines Personalausweises verklagen würde, damit es wenigstens aktenkundig und anhängig ist, dass ich einen will und keinen bekomme. Worauf man mir einen Termin per E-Mail geschickt hatte. 8.15 im Bürgeramt Wedding.
Da war ich neulich, und abgesehen davon, dass dieser Wunderapparat von digitalem Passfotoautomat mir nicht nur den Teint einer Leiche verpasst, sondern von meinem wunderbaren heroischen männlichen Prachtkinn gleich zwei fotografiert hatte. Wahrscheinlich muss ich mir jetzt vor jeder Flugreise eine Corona-Wampe anfressen, weil ich sonst mit nur einem Kinn nicht durch die Biometrie-Kontrolle komme. Die Fingerabdrucksensoren konnten auch bei mehreren Versuchen nur den linken Zeigefinger erfassen, am rechten scheiterten sie wiederholt, da musste der Daumen dran glauben. Wobei sie das Fingerabdrucklesegerät an der Kamera auch in Corona-Zeiten niemals reinigen oder gar desinfizieren. Ansonsten aber kam ich gut durch.
Die Dame sagte mir noch, ich solle nicht versäumen, sogleich bei der 115 einen Abholtermin zu vereinbaren, was bereits zu einem eigenen Blogartikel geführt hatte, denn aus der 115 brach es (meine seelsorgerischen Fähigkeiten waren gefragt, um die Dame von Gewalttaten gegen Mensch, Tier und Ding und womöglich auch sich selbst abzubringen) hervor, dass das Unsinn sei, man die Dame an besagtem Platz auch nach mehreren Beschwerden nicht habe davon abbringen können, den Leuten diesen Unfug zu erzählen. Sie hätten überhaupt keine Termine für „in drei Wochen”. Sowas wäre ihnen nicht möglich.
Nein, so war die Antwort, ich möge warten, bis ich von der Bundesdruckerei das Schreiben über die erfolgreiche Erstellung meines Personalausweises nebst Mitteilung über das Eintreten sofortiger Abholbarkeit erhalten hätte.
Wider aller pessimistisch-realistischer (das ist in Berlin dasselbe) Erwartungen bekam ich heute die frohe Kunde per Brief.
Also war ich mich in einem Anfall naiver Hoffnung, den neuen Ausweis doch noch vor Ablauf des alten in Empfang nehmen zu können, mehrfach ins Telefon, um wieder die 115 anzurufen, obwohl das Gehör vom Gedudel bei den letzten Anrufen noch nicht ganz abgeheilt und das Trommelfell noch etwas ledrig war.
Dachte ich bisher, ich wüsste, was Verzweiflung ist, so habe ich erst heute am Telefon erfahren, in welche Sphären sie vordringen kann.
Hatte ich doch, dachte ich, ihre Anweisungen genau befolgt, anzurufen, sobald besagter Brief in meinem Händen weilte.
„Da wären wir schon mitten im Problem…” fing er an. Diesmal ein Mann. Meine Lebenserfahrung verheißt nichts Gutes für Gespräche, die so anfangen, und zwar selbst dann, wenn sie unter Männern geführt werden.
„Der Wedding vergibt nämlich keine Termine zur Abholung.”
Sowas muss man dann auch erst mal sacken lassen.
Mein erster Gedanke war, dass man da keinen braucht und den einfach abholen kann. Aber nein, ich hatte das ja neulich schon beim Beantragen gemerkt, dass sie da einen Wachdienst vor der Behörde haben, der einen gar nicht erst ins Gebäude lässt, wenn man nicht auf einer auf Papier ausgedruckten Terminliste steht und sie die Leute dort schon strikt nach Beantragern und Abholern separieren und getrennten Treppenhälften zuweisen. Davon abgesehen waren sie aber sehr höflich.
Ich kam zu dem (irrtümlichen) Schluss, dass ich dieses teuer durch Versuche und Wartezeit erkaufte 115-Telefonat nur durch positiv konstruktive Ansätze retten könnte, und erkundigte mich, was ich jetzt tun könnte und sollte, um in Besitz meines neuen Personalausweises zu gelangen.
„Das wissen wir auch nicht.” war die fatalistische Antwort. Man spürt dann so, wie die Verzweiflung trotz aller Digitalisierung durch das Telefon zu einem rüberkriecht.
Ja, aber es muss doch irgendeinen Weg geben, an den Personalausweis zu kommen!
„Nicht im Wedding.”
Ich hatte das Gefühl, Opfer eines Identitätsklaus geworden zu sein. Denn die Frage wäre, was sie denn dort eigentlich mit den Personalausweisen machen, wenn man die beantragen, aber niemals abholen könne. Die müssten sich doch dort häufen. Baut sich da jemand ein Haus draus? Oder betreiben die einen Schwarzmarkt, mit dem die die dann an illegale Migranten verhökern? Zuzutrauen wär’s Berlin ja. Vielleicht hat deshalb ja mein rechter Zeigefinger in keinem der Leser funktioniert. Die hatten schon den Zeigefinger von jemand anderem gespeichert.
„Sie müssen verreisen!”
Bitte, was soll ich!? Bin ich jetzt auf der Flucht, weil jemand anderes mit meiner Identität Schindluder treibt? Habe ich schon gemordet? Stehe ich auf der Fahndungsliste als biometrisch am Zeigefinger identifizierter Terrorist?
Nein, meint er, ich solle mich schriftlich an den Wedding wenden und darauf hinweisen, dass ich von Berufs wegen dringend verreisen müsse und deshalb einen triftigen Grund hätte, einen aktuellen Personalausweis haben zu wollen. Vielleicht, auch wenn er da wenig Hoffnung hege, ginge auf diesem Wege noch etwas.
Ach, so. Meine alte Verschwörungstheorie, dass das kommunistisch-migrantische Berlin den teuflischen Plan verfolgt, es zum Normalzustand zu machen, dass man sich nicht ausweisen kann und nicht gemeldet ist. Hier nebenan haben sie vor einiger Zeit ein neues Haus gebaut, das längst bewohnt ist. Wie ich erfahren habe, konnten die sich bis heute nicht anmelden. Was mich zu der Vermutung bringt, dass ein Ausweis- und Meldewesen in Berlin aus marxistisch-migrantischer Motivation heraus gar nicht mehr gewünscht ist.
Jetzt ist mein Personalausweis fertig, liegt im Wedding, und es gibt keinen, zumindest keinen regulären Weg, dranzukommen.
So langsam wächst in mir Bewunderung für die Macher des BER, ihn schon 9 Jahre nach dem geplanten Termin in Betrieb zu bringen.
Nachtrag: Man muss sich immer in Erinnerung rufen, dass diese Chaos und Totalversagen von derselben linken Idiotenregierung veranstaltet wird, die gleichzeitig behauptet, dass man hier massenweise Wohnungen enteignen müsse, weil nur die Regierung in der Lage sei, die gerecht zu verwalten. Dabei können sie nicht mal ihre bestehenden Aufgaben erfüllen.