Ansichten eines Informatikers

Kein Mediathek-Fake bei Lesch und Steffens

Hadmut
30.10.2020 15:35

Ein Leser hatte mich alarmiert, er habe einen Skandal entdeckt.

Ich hatte doch neulich einen Veriss über die ZDF Terra-X-Folge vom 18.10. geschrieben, in dem Harald Lesch und Dirk Steffens auf Verschwörungstheorien einprügeln. Eigentlich ist Terra X so die letzte regelmäßige, dauerhaft gesendete Sendung im ZDF, die ich noch für sehenswert, erträglich und oft sogar gut halte, aber die war wirklich unterirdisch schlecht und dumm. Weil man da auch einfach nur politische Propaganda und Erziehung gemacht hat.

Schlecht war die Sendung, keine Frage.

Der Leser aber meinte, das CO2-Experiment am Ende sei wohl schief gegangen, denn in der Mediathek sehe man eine veränderte Version, statt der Fehler im Experiment sähe man nur die Digitalanzeige des Thermometers.

Nun habe ich mir mit einigem Aufwand einen Originalmitschnitt der gesendeten Version beschafft, daran auch zu erkennen, dass noch Stücke der Sendung davor und danach mit dran sind, was bei der Mediathekversion ja nicht vorkommt.

Und tatsächlich habe ich auch einen Unterschied entdeckt, nämlich beim Abspann. Die Abspänne sind unterschiedlich, weil der im ausgestrahlten Fernsehen zwar noch etwas Text zeigt, wer was gemacht hat, aber schon die Anmoderation der nächsten Sendung bringt, was in der Mediathek keinen Sinn ergäbe. Es gibt tatsächlich zwei verschiedene Abspänne.

Aber beim Experiment habe ich keinen Unterschied entdeckt, da wurde nichts geändert.

Ich habe beide Versionen nebeneinander auf dem Bildschirm laufen lassen. Ganz synchron habe ich es zumindest mit von Hand starten nicht hinbekommen, da waren zwei, drei Frames Zeitunterschied, und beide Audiokanäle hörten sich deshalb wie ein leichtes Echo an, weil einmal leicht verschoben gehört. Aber gerade das war gut, um auch akustische Unterschiede sofort zu bemerken. Es sind im Experiment aber keine Unterschiede da.

Was natürlich nicht heißt, dass das Experiment überhaupt was taugt, denn die pumpen da ja enorme Mengen an Gas rein, um Größenordnungen mehr als in der echten Atmosphäre, und ob die Gaszusammensetzung auch die Summe der aufgenommenen Energie oder nur die Verteilung ändert, ist offen.

Teilexperiment

Einen möglichen Kritikpunkt sähe ich noch, den ich aber aus meinen bescheidenen Laienkenntnissen in Chemie nicht ad hoc beurteilen kann, ohne es ausprobiert zu haben.

Zitronensäure, Natronpulver und Wasser. Ergeben von selbst, ohne weitere Zufuhr von Energie, CO2. Nach meinem 40 Jahre alten Schulwissen ist das dann exotherm und weckt bei mir den Verdacht, dass da Energie frei wird, und ob die gemessene Temperaturerwärmung womöglich von Einleitung warmen Gases her kommt.

Wasser habe ich da. Zitronensäurepulver habe ich da. Bei Natronpulver bin ich mir nicht sicher. Was mir im Einkauf schon die Schwelle bereitete, dass das als Natriumhydrogencarbonat und Natriumbicarbonat angeboten wird und ich erst mal nachlesen musste, um herauszufinden, dass das zwei Namen derselben Substanz sind, nur letzterer veraltet weil chenmisch unzutreffend ist. Gibt’s zum Backen gleich eimerweise. Ich habe das auch so in Erinnerung, dass irgendsowas in der Art unter dem Hausfrauennamen Backpulver bekannt ist, und wir in der Grundschule im Werkunterricht Backpulver verwendet haben. Die Mädchen haben es im Hauswirtschaftsunterricht verwendet, um Kuchen zu backen, und wir haben daraus mit den damals handelsüblichen Tablettenröhrchen aus Aluminium raketengetriebene Schiffchen gebaut, Rückstoßprinzip. Backpulver, Wasser und noch irgendwas, woran ich mich nicht mehr erinnere, rein, schnell den Deckel drauf, in den man vorher ein kleines Loch gebohrt hat, und schon ist das Schiffchen gefahren. Mädchen backen Kuchen. Jungs bauen Raketen. Aus den gleichen Zutaten.

Was dann doch den Gedanken nahelegte, dass es sich um ordinäres Backpulver handelt, zumal Lesch da nur so ein kleines Tütchen reinkippt. Gibt nicht viele Chemikalien, die in kleinen Tütchen verkauft werden.

Zwar habe ich Backpulver in Tütchen in der Küche, aber da steht nur drauf, dass da neben anderem Zeugs und Säuerungsmittel „Natriumcarbonate” drin seien, was mir jetzt auch nicht klar ist, ob es da drauf ankommt, welche.

Jedenfalls habe ich es mal probiert. Ein Löffelchen Zitronensäurepulver, ein Tütchen Backpulver, ein Schlückchen Wasser in einem Schüsselchen für das Experimentchen.

Ja, schäumt sofort und gibt unzweifelhaft Gas ab.

Und wisst Ihr, woran ich sofort denken musste, als ich den Geruch vernahm (übrigens frisch und angenehm)? Ahoj-Brause, das komische Zeug, das wir als Kinder immer in Tütchen-Form in der Tasche hatten und mit Wonne vom Handrücken geschleckt haben, weil es als Getränk dann doch nicht so gut schmeckte. Genauso riecht das. Die allwissende Müllhalde befragt:

Anfangs kam die Brause in dreieckigen Tütchen in den Handel, in denen sich zwei getrennte Tabletten mit Natron und Weinsäure befanden, die zusammen in Wasser gegeben werden mussten. Als Geschmacksrichtungen wurden zunächst Orange und Zitrone angeboten.

Beltle experimentierte weiter mit Natron und Weinsäure und schuf daraus ein Brauselimonadenpulver. Seine Rezeptur ist über die Jahre hinweg gleich geblieben.

Natron, Säurepulver und Zitronenaroma. Deshalb sprudelts auch, weil CO2 entsteht. Die Aufgabe von Backpulver, soll ja den Teig aufschäumen.

Nur: Warm wird das nicht, jedenfalls nicht im Rahmen der Messempfindlichkeit meiner Hautsensorik.

Also: Kein Fake über naträglich manipulierte Mediathek-Sendung, kein Fake über eingeleitetes warmes Gas.