Routing
Erstaunliche Aufgabe, erstaunliche Lösungen.
Ich hatte neulich – was heißt neulich, lange vor Corona – Freunde zu Besuch in Berlin und gesagt, dass wenn ich in Berlin von A nach B will und es jetzt nicht gerade die Verbindungen direkter Linien sind, die ich häufig fahre, ich immer die Routen-App frage, selbst wenn ich den Plan im Kopf habe und eigentlich so schon wüsste, mit welcher U- und S-Bahn ich wohin komme und umsteigen müsste.
Einfach deshalb, weil das Berliner Netz aus U- und S-Bahn, Tram und Bus zwar strukturell eigentlich sehr gut ist und man in den meisten Fällen (nicht immer) dem Netz nach einen vernünftigen Weg von A nach B findet. (Es gibt Ausnahmen. Als ich damals, 2013, als die Situation noch nicht so katastrophal war, nach einer Wohnung gesucht habe, habe ich immer die Fahrtzeit zum Arbeitsplatz mit aufgeschrieben und festgestellt, dass die nur sehr wenig mit der geographischen Entfernung korreliert, man von einem weit weg, aber verkehrsgünstig gelegenen Ort mitunter deutlich schneller ans Ziel kommt als von einem nahen.) Solange man nicht zu Fuß geht oder Fahrrad fährt, sollte man Entfernungen in Berlin nicht in Kilometern, sondern in Fahrtzeit messen. Das kann zu erstaunlichen Verzerrungen und Kuriositäten führen, und ist möglicherweise auch algebraisch nicht konsistent und abgeschlossen.
Wenn man beispielsweise, aber verratet das jetzt bloß niemandem, das ist mein absoluter Geheimtipp, das darf niemand wissen, auf der Internationalen Funkausstellung war und dort am S-Bahnhof abends wieder zurück in die Stadt fahren will, wartet man ewig, weil vor einem Tausende Leute stehen, die alle in die S-Bahn wollen, und es ein ganz übles Gedränge ist, man sich 100 oder 200 Meter weit durch enormes Gedränge zwängen muss, es fürchterlich stinkt, man ständig geschubst wird, und dann noch in der rappelvollen S-Bahn eingezwängt wird und stehen muss, obwohl man schon den ganzen Tag gelaufen ist.
Der Trick darin besteht, in die falsche Richtung zu fahren. Weil nämlich niemand von der Stadt wegfahren will und da ständig neue Züge ankommen, leer oder die Leute steigen aus, steht da gar niemand im Weg, man kann in die falsche Richtung einfach einsteigen.
Dann fährt man eine Station, die ist auch nicht weit, ein ganz kurzes Stück, und steigt dort in die richtige Richtung, also Richtung Innenstadt um, wo dann auch die leeren Züge anhalten, die dann die Leute von der Messe nach Innenstadt fahren sollen. Da ist niemand, da kann man einfach einsteigen und sich den besten Sitzplatz aussuchen und ist dann schon im Zug, wenn die Massen reinströmen. Es geht nicht nur viel, viel schneller, als wenn man sich direkt anstellt, sondern man hat auch noch den Sitzplatz sicher, was nach einem langen Tag auf den Beinen sehr genehm ist.
Sucht mal nach Flügen.
So unter Corona-Bedingungen.
So 1. und 2. Quartal 2021.
Das sieht da richtig traurig aus, das geht ja fast gar nichts.
Schaut man aber mal über die eine oder andere Suchmaschine oder mehrere Fluglinien hinweg, findet man oft sehr kuriose Umwege und Anschlussflüge über Fluglinien, von denen ich in meinem ganzen Leben noch nie etwas gehört habe.
Es ist überaus erstaunlich, wie im derzeitigen, extrem ausgedünnten Verbindungsnetz die Flugsuchmaschinen oder die Fluglinien mit ihren Verträgen noch Ersatzverbindungen finden und welche Kooperationen die dann eingehen, wo dann „operated by…” dransteht. Ich habe mich gewundert, warum eine Fluglinie fünfeinhalb Stunden für einen Dreistundenflug nach Süden braucht. Lösung: Umsteigen in Kopenhagen.
Und so weiter und so fort.
Insofern ist das mit der Quarantäne auch nicht so schlimm, wenn man auf den Anschlussflug sowieso zwei Wochen warten muss.