Regierungsdemenz: Bitkom und das 180°-Wende-Geschwätz der Angela Merkel (Bundeskanzlerin)
Oder: Geliefert wie bestellt.
Ich hatte doch am 11.1., also vorgestern, schon ausführlich darüber geschrieben, dass diese Bundesregierung erst das Netzdurchsetzungsgesetz mit der Begründung durchgehämmert hatte, dass es keine Rechtsgrundlage und keinen Rechtsweg braucht, weil die Provider doch nach ihren AGB und ihrem Hausrecht völlig willkürlich und nach Gutdünken löschen und sperren könnten, was sie wollen, und man ja auch gar keinen Anspruch auf Veröffentlichung habe, den es durchzusetzen gilt. Schwachsinnig, aber die Rechtsauffassung des damaligen Bundesjustizministers Heiko Maas, von dem ja einige wenige eine Zeit lang hartnäckig behaupteten, er sei Jurist.
Nachdem Twitter & Co. aber dann einem Staatsoberhaupt und Regierungschef in Form des Trump ans Leder gingen, empörte sich Angela Merkel (die Bundeskanzlerin) darüber, dass man nun genau das tut, was ihre Regierung als Gesetz gemacht hat, nämlich eigenmächtig, willkürlich und nach Gutdünken und AGB zu sperren und zu löschen.
Gestern, 12.1., hat offenbar auch der Branchenverband Bitkom denselben Widerspruch bemerkt und gerügt, wie die Berliner Zeitung berichtet: Hassrede im Internet: Bitkom wirft Merkel 180-Grad-Wende vor
Der Branchenverband Bitkom wundert sich über Merkels Ablehnung der Sperrung von Trump auf Twitter. […]
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Sperre des Twitter-Accounts von US-Präsident Donald Trump als „problematisch“ bezeichnet. Soziale Netzwerke hätten zwar Verantwortung dafür, dass politische Kommunikation nicht durch Hass und Anstiftung zu Gewalt vergiftet werde. Die Meinungsfreiheit als elementares Grundrecht könne aber nur durch den Gesetzgeber, nicht nach der Maßgabe von Unternehmen eingeschränkt werden.
Die Internet-Betreiber ihrerseits stehen der Merkel-Aussage dagegen verständnislos gegenüber: Gerade Deutschland sei mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ein Vorreiter der politischen Kontrolle des Diskurses gewesen, so hört man hinter vorgehaltener Hand aus den Netzwerken. Öffentlich äußern möchte sich vorerst niemand. Denn die Plattformbetreiber wissen, dass ihnen neue Regulierungswellen bevorstehen.
Der Branchenverband Bitkom ist über die Merkel-Aussage ebenfalls erstaunt. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder sagte dieser Zeitung: „Wir wundern uns über die sehr grundsätzliche Kritik der Bundesregierung an der Sperrung der Accounts Donald Trumps durch einige große Plattformen. Die Bundesregierung vollzieht damit eine 180-Grad-Wende in ihrer Politik gegen Hassrede und strafwürdige Inhalte im Internet.
Mit dem NetzDG hat die Bundesregierung erst kürzlich die Betreiber großer Plattformen wie Twitter, Facebook und Youtube gesetzlich verpflichtet, aktiv, eigenständig und ohne weitere Aufforderung durch Gerichte oder Behörden einzugreifen, wenn sie strafbare Inhalte auf ihren Plattformen entdecken. Tun sie dies nicht innerhalb von 24 Stunden und in schwierig zu entscheidenden Fällen innerhalb einer Woche, drohen ihnen Millionen-Strafen. Dass diese Praxis auch die Meinungsfreiheit einschränken wird, wurde nicht nur von Bitkom vielfach angemahnt, seitens der Bundesregierung wurde es bewusst in Kauf genommen. Nun beziehen sich die Plattformbetreiber in dem aktuellen Fall zwar nicht auf das NetzDG, handeln aber in jenem Sinne, der ihnen durch das NetzDG verbindlich vorgegeben wird.“
Meine Rede.
Man könne ihnen aber nicht vorwerfen, „dass sie die Meinungsfreiheit einschränken, nachdem man sie mit dem NetzDG aufgefordert hat, genau dies bei strafbaren Inhalten zu tun“. Rohleder: „Eine solche Haltung ist zutiefst widersprüchlich. Die Bundesregierung wird sich entscheiden müssen, ob sie Betreiber zu eigenständigen Eingriffen auf ihren Plattformen zwingen will oder nicht.“
Im Prinzip richtig.
Aber wie kann man von einer Regierungschefin erwarten, sich zu entscheiden, was sie eigentlich will, deren Regierung den Standpunkt vertritt, dass man nicht mal klar wissen kann, welchem Geschlecht man angehört?
Bitkom dagegen muss sich fragen lassen, ob sie sich dann auch mal entscheiden könnten, in wessen Arsche sie nun kriechen wollen:
Der Branchenverband Bitkom befindet sich allerdings selbst in einer misslichen Lage: Er vertritt die deutschen Unternehmen genauso wie die großen US-Plattformen. Doch Twitter und Co. zahlen zwar, wie schon bei den Steuern kaum relevante Mitgliedsbeiträge, üben jedoch mit ihrer schieren Marktmacht erheblichen Einfluss auf die Positionen der Branche gegenüber der Politik aus. Oft sind die Interessen von deutschen Unternehmen gegenläufig zu den Interessen der global tätigen Konzerne. Doch diese sitzen auf vielen Ebenen am längeren Ast.
Besonders deutlich hat dies Amazon in diesen Tagen vorgeführt: Der Gigant von Jeff Bezos warf den Twitter-Konkurrenten Parler ohne Einspruchsmöglichkeiten und ohne transparentes Verfahren von den Servern des Cloud-Anbieters AWS. Parler ging offline, hat seither Schwierigkeiten, einen neuen Dienstleister zu finden – wohl auch, weil niemand Lust hat, sich mit Amazon und den anderen großen Konzernen anzulegen.
Das wäre der Zeitpunkt, an dem Bitkom eigentlich seine Mitglieder vor amerikanischen Dienstanbietern und Clouds im Allgemeinen und vor Amazon im Besonderen dringend warnen müsste. Zudem hätte die amerikanische Kartellaufsicht Amazon längst ungespitzt in den Boden hauen müssen.
Das wäre jetzt deutlich angenehmer und entspannter, wenn wir hier in Europa brauchbare, leistungsfähige Clouds hätten. Aber Gaia-X kam ja schon nicht in das Anfangsstadium, ohne dass man die Amerikaner mitmachen ließ, weil es ohne sie nicht geht. Wäre Gaia-X auch nur halbwegs seriös und brauchbar spezifiziert, würden sie Amazon jetzt rauswerfen.
Bleibt die Erkenntnis, dass sie die Kanzlerin (Angela Merkel) irgendwo im Übergang zwischen Digital-Inkompetenz und Regierungsdemenz befindet, wenn sie sich an die Gesetze und Politik ihrer eigenen Regierung schon nicht mehr erinnern kann.
Bedenke (und merke Dir!), was Du ins Gesetz schreibst. Es könnte befolgt werden. Und manche könnten sich später auch daran erinnern.