Zwangsladepausen
Die neue Immobilität.
Geht es nach Plänen des Wirtschaftsministeriums, könnte auf Besitzer von Elektroautos ein zeitlich begrenzter Blackout zukommen. Ein Gesetzentwurf erlaubt es Stromanbietern, bei drohender Überlastung große Verbraucher vom Netz zu nehmen.
Das Bundeswirtschaftsministerium will Stromanbietern durch eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes die Möglichkeit einräumen, große Verbraucher wie Elektroautos und Wärmepumpen zeitweise ferngesteuert vom Netz zu nehmen. Das geht aus dem Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, der WELT AM SONNTAG vorliegt.
Gehässige Fake-News dagegen sind, dass die zeitliche Ladebeschränkung jeweils von Oktober bis Ostern dauert und man deshalb zugunsten der Umwelt auch keine Winterreifen mehr braucht. Denn dass es sich nur um Stunden oder Tage handeln solle, davon steht da … schon was:
Darin wird in Paragraf 14a die sogenannte Spitzenglättung geregelt, bei der „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“, zu denen Elektroautoladestationen und Wärmepumpen gehören sollen, für bis zu zwei Stunden pro Tag keinen Strom bekommen können, wenn andernfalls eine Überlastung des Netzes drohen würde.
Die Auto-Industrie jammert, dass sie schon keine Verbrennerautos mehr verkauft, E-Autos mit solchen Ansagen dann aber auch nicht mehr.
Wobei ich sagen muss, dass ich der Sache durchaus eine gewisse Berechtigung einräumen könnte, wenn man von vornherein wüsste und klare Zeitpläne hätte, dass über den Tag zu zwei Stunden, wenn die alle Mittag- oder Abendessen kochen, E-Autos nicht geladen werden, und die dafür dann alle ihre eigene Steckdose haben, an die man sie abends anschließt und am nächsten morgen sind sie geladen, und es mir egal wäre, ob das Ding nachts um zwei oder um vier geladen wird. Solange man planen kann und nicht davon überrascht wird.
Nur: Das wird so nicht klappen. Denn wo soll nachts bei Windstille, Kälte und Dunkelheit der Ökostrom herkommen? Wie soll das überhaupt funktionieren, wenn sie jetzt schon in die Mängelwirtschaft gehen und nicht mal die Wärmepumpen (die man neulich noch als die tolle Umweltsensation hinstellte) durchgehend betreiben können?
Verkraften diese Pumpen das überhaupt, wenn sie täglich ein- und ausgeschaltet werden?
Ein Leser meint, ihm käme das alles so bekannt vor, es werde in einem FAZ-Artikel beschrieben: Wie die DDR gegen den Stromausfall kämpfte
Versorgungsstufen via Rundfunk-Nachrichten
Bei unnormalen Situationen, etwa Kraftwerksausfällen durch extreme Wintertemperaturen, war der Minister für Kohle und Energie berechtigt, Versorgungsstufen aufzurufen, um Flächenabschaltungen oder Netzzusammenbrüche zu verhindern. Dabei hatte der Abnehmer die Pflicht, eine der aufgerufenen Versorgungsstufe entsprechende Senkung der Bezugsleistung unter den Planwert vorzunehmen. Die Abnehmer wurden in die Gruppe „S“ (schnell wirkende) mit Benachrichtigung über Telefon und Fernschreiber und die Gruppe „L“ (langsam wirkende) mit Benachrichtigung über Rundfunk, jeweils nach den Nachrichten um 6, 13 und 20 Uhr, eingeteilt.
Die Abnehmer waren verpflichtet, an Werktagen die Meldungen abzuhören. Die Gültigkeit der Versorgungsstufe „Früh“ erstreckte sich von 6 bis 16 Uhr, die Versorgungsstufe „Abend“ von 16 bis 22 Uhr. Die aufgerufenen Stufen waren zweistellig. Sie endeten mit der Stufe 38 „Netz in Gefahr“. Jeder planungspflichtige Abnehmer hatte für die jeweilige Versorgungsstufe einen Plan zur Leistungsabsenkung zu erarbeiten, der mit dem Aufruf umzusetzen war.
Sofern ein Energieabnehmer eine elektrische Verbrauchsanlage neu in Betrieb nehmen oder erweitern wollte, hatte er dies beim Energiekombinat schriftlich zu beantragen. Das galt bei Bürgern für Wärmepumpen mit einem Elektroenergie-Anschlusswert über 1 Kilowatt und für alle Strom verbrauchenden Anlagen, die nicht mehr mit zweipoligen Steckverbindungen bei Nennstromstärken bis 16A betrieben werden konnten. Der Verkauf elektrischer Direktheizgeräte im Einzelhandel war verboten.
Dass die DDR eine üble Diktatur war, wusste ich. Aber dass sie einen zwangen, morgens um 6 Radionachrichten zu hören… Schrecklich.