Es spiegelt nicht mehr so…
Eine Änderung ist vollzogen.
Es scheint, als neige sich die fotografische Episode der Spiegelreflexkamera dem Ende zu.
Neulich habe ich irgendwo in einem Internet-Video, in dem einer noch auf die ganz alte Weise von vor hundert Jahren mit einer alten Plattenkamera fotografiert hat, einen mit einem T-Shirt gesehen: Er fotografiere nur spiegellos. Darunter die Silhouette einer Plattenkamera. Stimmt. Einen Spiegel hat die nicht.
Wobei man sich ja schon streiten kann, ob Spiegel auch bedeuten müsse, dass es durch dieselbe Optik geht, oder ob auch die Zweiäugigen der Kategorie Rolleiflex darunter fielen, weil die ja auch einen Spiegel hatten. Ach, Leute, das war noch was, als man mit so einem Ding vor dem Bauch fotografiert hat und von oben in die Kamera guckte, statt von hinten. Rollfilm und so.
Nein, ich meine diese Seite hier. Die schreiben
According to the Techno System Research’s data, there were a total of 5.65 million interchangeable lens cameras produced in 2020: 3.26 million mirrorless cameras and 2.39 million DSLR cameras.
5,65 Millionen Systemkameras für wechselbare Objektive wurden 2020 hergestellt. Davon 3,26 Millionen spiegellose und nur 2,39 Millionen mit Spiegel.
Nennt man wohl „abgehängt”.
Ich finde das aber auch insgesamt verblüffend wenig. Das ist nicht mal eine Kamera pro Tausend Menschen. Verglichen damit, wieviele nicht nur ein Handy haben, sondern ein neues Handy.
Dividiert man die 5 Millionen Systemkameras durch die Zahl der Hersteller und Modelle, also mal ganz grob Pi mal Daumen geschätzt, so ungefähr durch 20 (keine Ahnung, was die da überhaupt mitzählen, ob auch reine Videokameras dazu zählen), und man dann noch die Marge zwischen Verkaufs- und Herstellungspreis betrachtet, bleibt nicht viel übrig, um die Entwicklung zu finanzieren und noch Gewinn zu machen.
Wenn man dann aber das noch sieht:
Of the mirrorless cameras manufactured, Sony produced 1.15 million, Canon produced 1.05 million and Nikon was trailing, having produced just 250,000 units. The remaining 810,000 mirrorless cameras were split amongst other manufacturers, including Fujifilm, Leica, Panasonic, Olympus (now OM Digital Solutions), Sigma and others, but no specific production numbers were given for any other manufacturers. As for DSLRs, it shouldn’t come as a surprise that Canon and Nikon led the pack with 1.71 million and 650,000 units produced, respectively.
Dann wird es für alle außer Sony und Canon dünn.
Was mich wiederum erstaunt, weil mir die Canon-Kameras jetzt auch nicht so ins Auge gesprungen wären. Aber die haben wohl eine solide Nutzerbasis.
Andererseits muss man das Kleingedruckte lesen. Denn etwas herzustellen heißt nicht, es auch zu verkaufen:
The number of cameras produced by a company doesn’t always equal the number of cameras sold. However, if you compare Techno System Research’s numbers with the sales numbers both Canon and Nikon have shared in their respective financial reports, it appears as though both Canon and Nikon sold pretty much every unit they produced in 2020.
Aha. Canon und Nikon haben immerhin alles verkauft, was sie hergestellt haben. Sony anscheinend nicht.
Da merkt man dann, dass die mit genug Finanzkraft im Hintergrund künstlich zu viele Kameras herstellen (1,15 Millionen) um vor Canon (1,05 Millionen) auf Platz 1 zu stehen und angeben zu können, obwohl sie die Kameras anscheinend nicht alle verkaufen, sondern auf Lager produzieren. Was jetzt auch nicht ganz verkehrt ist, denn – ich hatte das schon erläutert – Sony fährt eine andere Strategie als Canon und Nikon. Während die beiden auch Plastikkameras für den unteren Preisbereich produzieren, produziert Sony nur teure, verkauft die dann aber zum billigeren Preis weiter, wenn das Nachfolgemodell raus ist. Auf die Art und Weise bin ich zu meinen beiden Sony-Kameras gekommen, eine A6300 und eine A7II, die beide zum Räumungsschleuderpreis verhökert wurden, als die neuen rauskamen. Ab und zu gibt es die bei Mediamarkt und Saturn nachgeworfen, wenn irgendwo Lagerbestände reduziert werden – oder man auf verkaufe Stückzahlen kommen will, ohne sich die Preise für die aktuellen Modelle kaputt zu machen.
Erinnert mich an ein Auto. So ungefähr um 2007 oder 2008 hatte ich mich mal nach einem neuen Auto umgesehen und bin so bei den Händlern rumscharwenzelt um mal zu gucken, als mir einer ein Auto anbot, fast wie das ausgestellte, aber nicht das ausgestellte, richtig günstig, Satz Winterräder noch dazugeschenkt. Aber: Tageszulassung. Also formal ein Gebrauchtwagen, obwohl noch keinen Meter gefahren. Schon längst zugelassen.
Als ich fragte, wie die Lieferfrist ist, eigentlich müsste man den, wenn er schon zugelassen ist und rumsteht, doch praktisch sofort mitnehmen können, erklärte man mir: Ähm, nein. Das Auto existiert nicht. Noch nicht. Das müsse erst hergestellt werden.
Hä!? Ich denke, es ist zugelasssen? Ähm … die Sache sei so. Der KFZ-Brief existiert. Und nur den braucht man, um es zuzulassen. Sobald sich dann ein Käufer findet, wird das Auto real hergestellt.
Ach, gar. Die wollen nämlich künstlich auf Zulassungszahlen kommen, außerdem Autos zum günstigeren Preis verkaufen, ohne sich die Neuwagenpreise kaputt zu machen. Manche Hersteller jagen daher jede Menge Autos über ihre Mitarbeiter, damit die schon mal ein, zwei Tage gefahren sind, um sie dann als „Gebrauchtwagen” deutlich billiger zu verhökern, ohen die Neuwagenpreise zu demolieren. Und der Händler reicht es billig durch, weil der auf seine Quartalszahlen kommem muss, um einen Händlerstatus zu erhalten.
Und so werden anscheinend Kameras auf Halde produziert, um sie dann später, wenn das nächste Modell raus ist, zum niedrigeren Preis rauszuhauen, und so auf Platz 1 der Kamerahersteller zu kommen.
Denn ganz so überragend sind die Spiegellosen im Vergleich noch nicht:
Of the 2.76 million interchangeable lens cameras Canon produced in 2020, 38% of them were mirrorless cameras. For Nikon, that number was just 28%.
Also nur ein Drittel. Aber andere wie Sony, Panasonic, Olympus, Fuji stellen halt nur noch Spiegellose her.