Vom Ende der Marke(ntreue)
Noch ein Gedanke.
Ging mir gerade so durch den Kopf.
Irgendwer hatte heute auf dieser Vodafone-Online-Konferenz erzählt, dass sich mit der Digitalisierung und dem Wechsel zum Online-Handel das Einkaufsverhalten völlig geändert habe, wie aus einer Analyse der Suchanfragen bei Amazon hervorgehe.
Die Leute suchten kaum noch nach Produkten einer Marke wie „Pfanne Fissler“, also von wem sie es haben wollten, sondern beschrieben nur noch, was sie haben wollen und kaufen dann das, was in der Liste oben steht oder die besten Bewertungen hat. Markenname und Markenqualität würden zunehmend ersetzt durch Bewertungssternchen.
Nun gab es aber schon diverse Berichte darüber, wie diese Sternchen gekauft und gefaked werden.
Mir ging so durch den Kopf, dass die Leute geistig kurzreichweitig werden und nur noch in Kurzzeitdistanzen in Produkten, nicht mehr langfristig in Marken und Vertrauen und sowas denken können, und in diesem Optimierungswahn, auf einer Weboberfläche immer den mit den meisten Sternen und Features und besten Bewertungen zu wählen, egal ob Klopapier oder Partnerbörse, ein Akt der Verblödung ist, weil wirklich jeder Einkaufsakt auf das Bewischen der Amazonwebseite reduziert und vereinheitlicht wird.
Ich musste mal an eine Leser denken, der mich hartnäckig bemailte (fast beschimpfte, der Ton war kam ziemlich verständnislos rüber), warum ich als Kameramarke Nikon hätte.
Die Fuji sei doch billiger und schneide da besser ab.
Alle liebten doch die Fuji.
Das mag ja sein. Ich will das auch gar nicht in Abrede stellen, die Fuji hat einen ausgezeichneten Ruf, viele halten die Fujis für Spitzenmodelle.
Aber ich kaufe es nicht wie Kekse, ich habe ja auch Zubehör und vor allem teure Objektive (und außerdem noch Zeugs für Panasonic/MFT und noch Minolta/Sony) und sehe keinen auch nur entfernt plausiblen Grund, das alles wegzuwerfen und noch mal neu draufloszukaufen, weil die Kamera XY in irgendwelchen Tests besser abgeschnitten hat. Auch dann, wenn sie das tatsächlich getan hätte, und ich das sofort glaube.
Das sei aber doch zutiefst unlogisch, mokierte sich der Leser, als ob man eine Automarke wähle, weil man noch Winterräder dafür hat.
Klar. Wenn die Winterräder zusammen fünfmal soviel kosten wie das Auto wäre das ein Kriterium.
Wollte er partout nicht einsehen, als ob es für ihn irgendwie relevant wäre oder einen Unterschied machte, welche Kameramarke ich im Schrank stehen habe.
Er wollte auf Deibel komm raus nicht einsehen, warum ich nicht alles stehen und liegen und fallen lasse und sofort eine neue Ausrüstung kaufe, weil doch die Fuji in ein paar Aspekten bessere Bewertungen habe. Dass das aber zum bisherigen Krempel passen muss und es entsetzlich ist, wenn man ständig mit anderen Benutzeroberflächen arbeitet und dann nichts findet oder sich die Kamera anders verhält, war nicht einzusehen. Man müsse ums verrecken und auf Tausende Euro egal immer die Kamera kaufen und haben, die die beste Bewertung mit sich trägt.
(Obwohl nun jeder erfahrene Profi sagt und weiß, dass sich die Kameras der Markenhersteller nicht so ernstlich unterscheiden und das wichtigste Auswahlkriterium von allen immer das Zubehör ist, was man schon hat. Früher hieß es, man kauft sich nicht ein Objektiv zur Kamera, sondern die passende Kamera zum Objektiv, wobei sich das inzwischen aber geändert hat, durch die moderne Bildbearbeitung glauben heute viele, man sollte das Geld in die Kamera und nicht mehr wie früher in die Objektive stecken.)
Optimiert auf elektronischen Einkauf nach den besten Bewertungen.