Nochmal zum Hirn: Der Unterschied zwischen Fremdenfeindlichkeit und Vergewaltigtsein
Mir geht gerade noch ein Gedanke durch den Kopf.
Ich hatte doch gerade eben einen Blogartikel dazu geschrieben, dass bestimmte Charakter- und Verhaltensweisen genetisch veranlagt sind, und dass auch konservative und linke Ausrichtung (habe ich mal irgendwo gelesen und im Blog irgendwann mal erwähnt) genetisch veranlagt sind.
Dazu hatte ich erwähnt, dass mir aufgefallen ist, dass vielen Leuten die Fähigkeit zu fehlen scheint, das Verhalten eines anderen zu extrapolieren und in die Zukunft zu prognostizieren. Also zu sehen, was hat der vor, wo will der hin, führt das zur Kollision.
Mir war aufgefallen, dass es Leute gibt,die nicht erkennen können (oder es zumindest nicht aus eigener Veranlassung tun), dass sie jemandem im Weg stehen und anderen den Durchgang völlig blockieren, und das erst dann gedanklich wahrnehmen, wenn man verärgert fragt, ob man mal durch darf, weil sie dann nachträglich merken, dass sie dem anderen auf sozialer Ebene etwas getan haben.
Ein Leser schrieb mir dazu von seinem Erlebnis am Flughafen, als an der Schlange zu zwei Sicherheitsschaltern die Dickmadame gleich beide Gänge blockierte, es nicht merkte und nicht kapierte, dass andere in der anderern Schlange an ihr vorbeiwollten. Er habe sich halt vorbeigedrückt und sie mit der Tasche gestreift, und sie habe sich aufgeregt, warum er sie „geschlagen“ hätte, ohne zu begreifen, dass sie anderen den Weg blockierte.
Es ist mir schon so häufig aufgefallen, dass das Stück Hirn, was dafür zuständig ist, die räumliche Bewegung und Absichten anderer zu erfassen und gedanklich zu verlängern, manchen Leuten schlicht zu fehlen scheint. Mich erinnert das immer so an den continuous autofocus mancher moderner Digitalkamera, die bewegte Objekte erkennen, erfassen, analysieren, extrapolieren und deren Position im Zeitpunkt des Fotos vorausberechnen kann, um das Objektiv im Voraus scharf zu stellen.
Und ich hatte die Vermutung geäußert, dass es sich dabei vielleicht gar nicht um eine allgemeine Funktion des Gehirns handelt, sondern eine spezifische Funktion, die für Kampf und Jagd erforderlich ist.
Ich merke das ja, wenn ich mich bedroht fühle, weil einer wie im Angriffsmodus auf mich zukommt. Da wird ja sofort berechnet, läuft der auf mich oder jemand anderen zu, wie weiche ich aus, wo wird der mich treffen, wo kreuzen sich die Wege, und wie kann ich das verhindern. Letztlich sind ja sogar die ganzen Drohgebärden darauf ausgelegt, auch ohne die echte Körperkonfrontation damit vorab zu klären, wer wem weicht. Gab neulich mal einen hochinteressanten Film über einen, der erklärt hat, wie er unreitbare Pferde in kürzester Zeit und ohne jede Gewalt und ohne jeden Zwang so zähmt, dass sie aufsitzen und reiten lassen. Der macht mit denen Übungen, wer wem weicht. Geht sie an der hinteren Flanke an, so dass sie ihm weichen müssen. Bis sie akzeptieren, dass er hier der Chef im Rudel ist.
In Neuseeland habe ich mich mal auf einer Weide an Schafe angepirscht, um ein Foto zu machen. Ich war zuvor gerade und naiv auf die zugegangen, aber schon aus größter Entfernung, mehr als 80 oder 100 Meter, setzte bei denen der Fluchtreflex ein, zack, weg waren sie sofort, egal wie sanft und vorsichtig und unaggressiv ich das versucht habe. Weil, wie ich dann gemerkt und experimentell verifiziert habe, ich den Fehler gemacht habe, dass die Verlängerung meiner Bewegungsrichtung genau auf sie zulief. Ich bin zwar langsam und unauffällig, aber eben schnurstracks auf sie zu. Ein paarmal versucht, immer dasselbe Resultat.
Als ich mir dann aber – ich wollte es dann wissen – die Zeit genommen habe, im Zick-zack zu gehen, also immer quer hin und her, so dass meine Bewegungsrichtung immer zur Seite zeigte und sie mich immer nur in der Querbewegung gesehen haben, bin ich bis auf 10 Meter nahe gekommen. Vielleicht auch näher, das habe ich nicht probiert, weil ich dann auch das Foto machen wollte, bevor sie wieder weglaufen. Standen da, glotzten mich frontal an, und fanden nichts dabei. Dieselben Viecher, die eben noch auf 100 Meter Entfernung vor mir die Flucht ergriffen hatten, standen nun 10 Meter vor mir, guckten mich völlig ruhig und kauend an, und störten sich nicht an mir. (Und damit meine ich wirklich dieselben, denn der Grund, warum ich sie fotografieren wollte, war, dass sie farbig markiert waren, sie also wirklich eindeutig zu identifizieren waren.)
Das heißt, die Schafe hatten mich nicht als Mensch oder wegen meines Aussehens oder der Kamera als Bedrohung aufgefasst und die Flucht angetreten, sondern wegen meiner Bewegungsrichtung. Bewegung auf sie zu = Alarm, Gefahr, Flucht. Bewegung quer = harmlos.
Schafe müssen also im Gehirn in der Lage sein, meine Bewegungsrichtung zu erfassen, zu extrapolieren und zu bemerken, dass die Fortsetzung meiner Bewegung durch ihren Standort führt, also zur Kollision führt. Es ist Teil von deren Flucht- und Sicherheitsfunktionen im Gehirn. Da scheint es ein neuronales Netz zu geben, dass solche Bewegungen erkennt und die Alarmleitung zieht.
Bei Menschen verfügen anscheinend nur manche über diese Funktion. Manchen fehlt sie.
Was mir nun gerade durch den Kopf ging:
Ich habe doch schon so viel zum Zusammenhang zwischen Amygdala, Fremdenfeindlichkeit, Rudelverhalten und so weiter geschrieben.
Könnte es sein, dass eine gewisse Abneigung gegen Fremde, genauer gesagt, ein Bedrohungsgefühl, dieses Gefühl, vom feindlichen Rudel angegriffen zu werden, also die Absichten des Anderen zu analysieren und bis zur Kollision zu extrapolieren und zu prognostizieren, eng mit dieser Fähigkeit verwandt und verbunden ist, die Bewegungsrichtung des anderen zu erkennen, zu analysieren, zu extrapolieren und zu errechnen, ob Kollisionsgefahr droht?
Verdichtet gesagt: Der hat böse Absichten und kommt genau auf uns zu?
Und dass die gegenläufige, emotionale Variante die ist, die vorher arglos ist, und sich dann hinter über „Vergewaltigung“ beschwert, weil sie es erst nachlaufend emotional bewertet?
Und dass das dann mit der genetischen Veranlagung zu konservativem oder linkem Denken zusammenhängt?