Auftanz der Nutzlosen in der Gesellschaftssackgasse: #IchbinHanna
Von den Übriggebliebenen der akademischen Nichtgebrauchten-Gesellschaft.
Es gab mal eine Zeit, da waren die Universitäten so ein Ort einer intellektuellen Elite.
Inzwischen sind sie eher so eine Bad Bank des intellektuell Unbrauchbaren, so eine Art Endlager für misslungene Launen der Natur und/oder Politik. Man hat immer mehr Leute in die Universitäten gestopft, die dort auf Dinge spezialisiert werden, die keiner braucht, und damit völlig aus dem Wertschöpfungskreislauf herausfallen und auch im Alter und Gemütszustand der Unbeschulbarkeit angekommen sind.
Ein Leser hatte zu dem, was ich gleich schreibe, an meinen Artikel von den Geisteswissenschaftlern, die Erdbeern pflücken sollen und nicht wollen, erinnert. Hieß: Sie kommen sich unheimlich hoch qualifiziert vor, bilden sich enorm was ein, sind meist promoviert, fast alle Geisteswissenschaftler, und das Arbeitsamt hat nicht mehr für sie im Angebot als Erntehelfer bei der Erdbeerernte.
Seit Jahren gibt es dieses Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das die Zeit, die man als – ausgebeuteter – Mitarbeiter an der Uni hängt und vom Professor mit der Promotion erpresst wird, begrenzen soll. Das war schon öfters Thema hier in diesem Blog, zumal ich ja auch selbst schon ausgiebigst beschrieben habe, wir mir das damals ging.
Im Gegensatz zu vielen anderen Uni-Mitarbeitern hatten wir als Informatiker volle Stellen, ganz einfach, weil die uns brauchten und wir was konnten, wir sonst in die Industrie gegangen wären. Ich habe damals mitbekommen, dass viele andere an anderen Fakultäten mit Drittelstellen auskommen mussten, und dann erst nach Erreichen der Höchstgrenze auf Sozialhilfe (oder später: Hartz IV) nachträglich promovieren durften.
Bei den Informatikern war es aber so: Je fähiger jemand war und je mehr man ihn gebraucht hat, desto mehr hat man ihm die Promotion erschwert und in die Länge gezogen, damit er länger bleiben muss. Als Arbeiter, Ghostwriter und sowas. Die dümmsten Leute, die nicht mal ihren PC alleine Einschalten konnten, wurden damals im Eilverfahren per Schnellpromotion rauskomplimentiert, damit sie die Stelle wieder freimachen. Geh’ mit Doktor, aber geh’! Wen man brauchte, den hat man festgenagelt und ausgequetscht.
Meine Promotion war ursprünglich für 1994 und 1995 geplant, ging aber natürlich nichts, weil vom Prof völlig ausgebremst. 1994 habe ich den nach der Vertragsunterzeichnung erst wieder auf der Weihnachtsfeier gesprochen. (Was, nebenbei bemerkt, auch der Grund war, warum ich damals das Kryptotelefon überhaupt entwickeln konnte, denn das hat der erst lange nicht mitgekriegt, weil er so gut wie nie im Institut war.) Irgendwann war mir das mit den Jahresverträgen dann zu blöd und ich habe – müsste ich jetzt raussuchen bin ich gerade zu faul – nach dem zweien oder dritten, ich glaube, es war der zweite 1995, einfach keinen Folgevertrag unterschrieben. Weil das so nicht gedacht war, und ich mich auf weitere Verzögerungen und solche prekären Verhältnisse nicht einlassen wollte. Hatte schon Bewerbungstermine in der Industrie. Damals habe ich dann einen 5-Jahres-Postdok-Vertrag bekommen, das gab dann auch mehr Geld. Der Prof sagte damals, dass die Promotion ja direkt bevorstünde, und ich deshalb ja schon auf die Postdok-Stelle könnte. Die Leser wissen, dass es ganz anders kam.
Es stellte sich nämlich auch heraus, dass man mich eigentlich noch bis zum Ende dieses Vertrages, also insgesamt knapp 7 Jahre festhalten wollte, und das immer weiter verzögert hat, und ich dann im Frühjahr 1998 die Notbremse gezogen habe, nachdem ich endlich den Promotionstermin bekommen hatte. 1.7.1998. Ich habe gekündigt und bin in die Industrie gewechselt, die damals günstigerweise nur 300 Meter weiter war.
Ich hatte nur keine Lust, mich derartig ausnehmen zu lassen. Wir hatten teilweise 7-Tage-Wochen mit 10 bis 12 Stunden Arbeit am Tag. Ich wurde mal angewiesen, Urlaub einzutragen, damit die Verwaltung zufrieden ist, ihn aber nicht zu nehmen, sondern zu arbeiten. Und das, obwohl ich als damals Schwerbehinderter eine Woche mehr Urlaub pro Jahr hatte. Der Professor, Beth, hatte mich mal übellaunigst angefurzt, was mir einfiele, erst gegen 11.00 morgens ins Institut zu kommen. Während meiner Urlaubszeit, und wohlgemerkt, während wir üblicherweise bis zwischen 21 und 24 Uhr im Institut blieben. Samstags und Sonntags waren meist fast alle im Institut. Außer natürlich dem Prof.
Was der auch gerne und oft gemacht hat: Selbst wenn wir ihn dringend in Institutsangelegenheiten sprechen mussten, ließ er uns warten, bis er uns ruft. Und wenn wir dann abends um 22 oder 23 Uhr im Sekretariat fragten (die Sekretärin war da natürlich auch noch da), wann es denn soweit wäre, erfuhren, dass er schon um 18 Uhr nach Hause gegangen sei, es nur nicht gesagt hat.
Universitäten sind Orte, an denen man völlig unerfahrene Laien zu Professoren und Chefs macht, und gleichzeitig darauf achtet, dass sie jungfräulich unbefleckt sind und noch nie außerhalb des Elfenbeinturms tätig waren – und deshalb auch nicht wissen, wie ein Arbeitsleben richtig aussieht.
Nun brennt das wohl gerade an.
Ganz viele beschweren sich gerade auf Twitter unter dem Hash-Tag #IchbinHanna darüber, wie schlecht es ihnen geht.
Wer ist eigentlich Hanna?
Das ist die Hauptperson in einem Wissenschaftlerverhöhnungsvideo des BMBF, das letztlich nur sagt, dass das alles ganz einfach ist, man müsse doch nur wissen, dass man „seine Karriere frühzeitig planen muss“ und das „Betreuungsangebot für Promovierende“ der Hochschule in Anspruch nehmen muss. Dann ist alles gut.
Bei mir damals gab es sowas nicht. Weder Uni noch Fakultät konnten sagen, was eigentlich die Anforderungen in der Promotion sind, und sie haben sich im wesentlichen mit Verleumdung, Rufmord und Intrigen beschäftigt. Ich komme mir tiefenverarscht vor, wenn ich sowas sehe, vor allem, da ich weiß, dass das BMBF besondere Schuld an dem ganzen Schlamassel trägt, etwa durch Figuren wie Schavan.
Andere fühlen sich nun auch verarscht, man muss nur mal auf Twitter zu diesem Hashtag #IchbinHanna schauen.
Schaut man sich das aber an, dann sind das jede Menge Leute, die zivil zu gar nichts zu gebrauchen sind, an der Uni als billige Arbeitssklaven rumhängen, weil sie sonst nichts haben, wo sie hängen könnten, so Erdbeerpflücker halt.
Und was sie – dumm und promoviert, wie sie nun mal sind – nicht verstehen: Sie sind nicht nur Leidtragende – neudeutsch: „Opfer“ – dieses Zustandes, sie sind dessen Verursacher. Denn könnte die Uni nicht auf einen großen Pool leicht zu Versklavender zurückgreifen, weil die sich so unrettbars ins Dumme studiert haben, dass sie wirklich gar nirgends mehr unterkommen, als auf Bettelposten der Uni, gäbe es dieses System erst gar nicht. Oder nicht mehr. Solange die Uni als Hartz IV für Promovierte auftritt, denen es zu peinlich ist, mit der frischen Promotion gleich zum Arbeitsamt zu gehen, haben die genug Verfügungsmasse, genug Dummenbrei.
Hätten die Leute etwas Gescheites gelernt, mit dem sie sich selbst ernähren könnten statt nur Alimente vom Steuerzahler zu empfangen, stünde die Universität im Wettbewerb mit der Industrie und würde schlicht und einfach zusammenfallen. Und dann erst müssten sie sich Gedanken um Qualität machen.