Ansichten eines Informatikers

Vom Elend des modernen Datings

Hadmut
12.6.2021 13:06

Warum’s nicht klappt.

Ich hör ja jeden Morgen im Bad Radio.

Und die seltsamsten Dinge höre ich, wenn ich gerade … also sie senden seltsame Dinge. Sehr seltsame.

Heute hatten sie einen Paartherapeuten, der erörterte, warum das in Berlin mit der Paarung nicht mehr so klappt und ein Drittel der Berliner Single sind.

Als Ursachen äußerte er viele Zeitgeistprobleme. So würden sich fast alle seiner Patienten/Kunden einbilden, dass ihre Strategie die richtige sei, obwohl sie noch nie funktioniert habe, und sie irgendwann auf einmal funktionieren, wenn sie sie nur konsequent und stur weiterverfolgten.

Erinnerte mich an Sozialismus. Hat auch noch nie funktioniert, aber alle glauben sie, dass er irgendwann doch funktionieren muss, wenn man nur stur genug dran festhält. Kurioserweise las ich eben eine Kolumne von Fleischhauer (deshalb eben mein Modebeitrag wegen braunen Schuhen zu blauem Anzug) über die SPD/Linke.

Nach der Wahl in Sachsen-Anhalt herrscht auf der linken Seite des politischen Spektrums Rätselraten, wie man so tief fallen konnte. „Das Wahlergebnis ist für die SPD wirklich furchtbar, obwohl wir wissen, dass wir genau auf die richtigen Themen gesetzt haben“, erklärte die SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle, ein Satz, der das händeringende Unverständnis perfekt zusammenfasst. Eine der beiden Vorsitzenden der Linkspartei ließ sich zu der Einschätzung hinreißen, die Partei habe keine Fehler gemacht, die „gesellschaftliche Verfasstheit“ in Sachsen-Anhalt sei eben falsch.

Nicht sie als Partei bieten an, was die Leute wollen, sondern sie machen, was ihnen selbst gefällt, und betreiben dann Wählerbeschimpfung, weil die Wähler nicht zur Partei passen.

Das fällt mir gerade so auf, weil das Wahldebakel der Linken so verblüffend deckungsgleiche Ähnlichkeit mit dem hat, das der Paartherapeut vorhin im Radio darüber sagte, warum es mit der Paarung heute nicht mehr klappt. Die Leute legen sich eine Strategie zurecht, wie sie ihren optimalen Traumpartner zu finden glauben, und halten dann stur dran fest, auch wenn es offensichtlich seit Jahren nicht funktioniert, und sind der Überzeugung, sie müssen es nur stur und konsequent immer weiter so machen, weil es irgendwann ja einfach klappen muss. Es sei halt noch nicht der richtige gewesen.

War wie so ein Déjà-vu, als ob ich dieselbe Meldung heute zweimal gehört hätte.

(Vor Jahren habe ich mal einen Ausspruch irgendeiner Frau im gesetzteren Alter gelesen, die sagte, dass sie Zeit ihres Lebens auf den Richtigen gewartet habe, der jedoch nie erschienen sei. Sie sei aber rückblickend sehr froh darüber, dass sie in der Zeit wenigstens sehr viel Spaß mit den Falschen hatte.)

Wie oft habe ich hier schon geschrieben, dass Kommunisten/Sozialisten seit über hundert Jahren permanent scheitern und alles zerstören, und trotzdem der Meinung sind, dass das alles ja noch nicht der richtige Sozialismus war, weil es nicht die richtigen Bürger waren, und der nächste ganz bestimmt klappen muss. Oder der übernächste.

Bewerbungsgespräche

Sehr beachtlich fand ich, was der sonst noch so sagte.

Datings liefen heute ab wie Bewerbungsgespräche.

Man bereitet sich vor, stellt seine Leistungen und Erfolge vor, was man so vor hat, seine guten Eigenschaften, und hofft, dass es ins Anforderungsprofil passt.

Weil das Gegenüber in einem Prozess der Selbstoptimierung sei.

Und was er auch sagte: Seit man viele Fotos auf den Profilen hat, sehen die Dating-Profile aus wie Werbekataloge von Reiseunternehmen. Lauter Bilder von den schönsten und begehrtesten Plätzen der Welt. Optimierte Selbstdarstellung. Ihn würde aber, wenn er so ein Profil liest, eigentlich nicht interessieren, wie es in Hongkong aussieht, sondern warum jemand in Hongkong war. Das aber erfahre man nicht.

Auch das erinnert mich in gewisser Hinsicht an den Wahlkampf.