To teach ‘both ways’
Über die Abkehr von westlicher Kultur.
Ich hatte schon ab und zu mal etwas über die australischen Aborigines geschrieben. Mit einigen hatte ich gesprochen, was unter manchen weißen Australiern zu Erstaunen führt, denn bei nicht wenigen gelten sie als verschlossen. Auf einer Reise waren wir mal mit der Reisegruppe in einer Billard-Kneipe, ich mache mir aber nichts daraus und stand nur daneben, hatte aber ein Souvenir-T-Shirt mit einer Australienlandkarte an, was dazu führte, dass von einer Gruppe Aborigines, die am Nebentisch spielte, einer in leider angetrunkenem, aber dafür redseligem Zustand, der auch nicht spielte, die Unterhaltung mit mir suchte und sein Familiendrama auseinandersetzte – über mindestens sieben oder acht Generationen. Es war sehr interessant, nur leider bestand er darauf, mir ständig mit dem Zeigefinger in den Bauch zu pieken, weil er mir immer auf der Landkarte zeigen wollte, wo das jeweils passiert war. Der Reiseleiter, ein Australier, der viel im Northern Territory unterwegs ist, und sehr viele Abogirigines kennt, sagte mir hinterher, dass er in seinem ganzen Leben noch nicht erlebt habe, dass ein Aborigine mit einem Weißen so viel redet. Sie reden nämlich schon untereinander nicht viel. Das T-Shirt habe ich noch.
Es gab noch einige andere Gelegenheiten, in denen ich mit ihnen ins Gespräch kam. Besonders interessant war ein Camp in der Nähe von Monkey Mia, wo einer (natürlich gegen Geld, der verdiente damit seinen Unterhalt) eine Nachttour anbot, uns dann irgendwo in die Pampa zu einem traditionellen Unterschlupf führte, also aus natürlichen Mitteln gebaut, mit der Funktion etwa wie ein Zelt, das einzig moderne und von Weißen eingeführte nach meiner Erinnerung eine Eisenpfanne, müsste die Bilder nochmal raussuchen. Ließ uns traditionell gebratenen Fisch kosten (lecker), erklärte, dass er als Aborigine das Recht habe, beispielsweise Seeschildkröten zu fangen (hatte auch den Panzer einer da), wofür andere ins Gefängnis gingen, sie das aber aus Umweltschutzgründen nur noch selten machen.
Hat sehr viel erzählt, und meinte, wir könnten ihn alles fragen. Ich fragte ihn, welche Art von Humor und Witzen sie hätten, was ihn erstaunte. Diese Frage hätte er noch nie gehört. Doch, sie wären lustige Leute mit viel Humor, aber eben anders als wir. Witze, wie wir sie erzählen, hätten sie eigentlich nicht, aber wenn das Känguru mal wieder schlauer war als der Jäger, würde das immer wieder mal am Lagerfeuer erzählt und darüber gelacht. Außerdem hätten sie viele lustige Kinderspiele, und die Erwachsenen machten da auch gerne mal mit, weil es halt sehr üblich sei, viel mit den Kindern zu spielen und zu machen.
Zuhören sei bei ihnen sehr wichtig. Sie haben traditionell keine Schrift. Aber viel Wissen. Die Alten erzählen es den Jungen. Und wiederholen es ein zweites Mal. Aber mehr nicht. Es wird von den Jungen verlangt, dass sie genau zuhören und sich das merken, und das ganze Wissen im Kopf mit sich herumtragen, denn vieles ist zwar Kultur, vieles aber eben auch überlebenswichtig. Wohin man geht, man hat es mit dabei. Als Beispiel erklärte der mir, wie man in der Wüste Wasser findet. Folge dem Känguru, das Känguru weiß, wo es Wasser gibt. Leichter gesagt, als getan, denn es ist wohl (habe es nicht selbst probiert) nicht so leicht, einer Känguru-Spur zu folgen, weil – was mir nicht so ganz klar war, die haben ja eigentlich sehr asymmetrische Füße in der Laufrichtung gesehen – es nicht so trivial sei, zu erkennen, ob das Känguru in die eine oder die andere Richtung gelaufen sei. Es gelte, sich anzuschauen, in welche Richtung der Sand drumherum geflogen ist, der falle in Laufrichtung.
Auch meine Frage nach den seltsamen Regeln der Aborigines, wer wen heiraten darf, nämlich immer so stammesübergreifend, hat er mir beantwortet. Die hätten einfach nur den Zweck, Inbreed, also Inzucht zu vermeiden. Inzwischen hätten Biologen von der Universität das untersucht und bestätigt, dass das sehr wirksam sei.
Das ist so Wissen, was bei denen wichtig ist. Und es ist wichtig, weil es das ist, was man außerhalb der Zivilisation, wenn man im Outback auf sich alleine gestellt ist und kein Wasser, kein Strom, kein Haus hat, zum Überleben braucht. Was die seit zigtausend Jahren so wissen.
Ich bin auch mal durch ein Aborigine-Siedlung gefahren, die ihnen die Regierung gebaut hat. Sah wie eine gepflegte Wohngegend mit schönen Bungalows aus, mittendrin eine Schule (anscheinend Grundschule) mit ganz modernem Spielplatz und alles ganz neu und modern und so weiter. Nur: Ich habe nicht einen einzigen Menschen gesehen. Lauter ordentliche, gepflegte Häuser mit Garten, aber weit und breit kein einziger Mensch. Niemand. Tot. Leer.
Irgendwann kam ich da an so einem kleinen Laden vorbei, der geöffnet aussah, und bin rein, um was zu trinken zu kaufen, aber eher, weil ich sehen wollte, ob es überhaupt jemanden gibt, der lebt. War nur die Verkäuferin drin, eine recht freundliche Aborigine. Ich fragte, warum niemand in dieser Stadt sei. Sie lachte. Viele seien tagsüber bei der Arbeit. Sie meinte aber, es seien sehr viele Leute in dieser Siedlung, überall, in jedem Haus seien Menschen. Es sei durchaus so, dass ich niemanden gesehen hätte. Aber sie könne mir versichern, dass alle mich gesehen hätten. Weiße würden das nur nicht merken. Naja, dass sich mal ein Vorhang bewegt hatte, habe ich gemerkt. Dasselbe Erlebnis – alle Zuhause, keiner zu sehen, alle sehen Dich – hatte ich bei den Pueblo-Indianern. Ja, mit denen stehen sie auch in Kontakt. Irgendwo (ich weiß nicht mehr wo) gibt es einen magischen Felsen, den ihnen die Indianer aus Amerika beim Besuch mitgebraucht haben, steht irgendwo rum, und in Amerika gibt es in irgendeinem Reservat einen Felsen aus Australien. Man trifft sich und man feiert traditionelle Feste miteinander mit voller Bemalung am Lagerfeuer.
ABC berichtet gerade, dass eine zunehmende Zahl von Aborigine-Gemeinden die Schulausbildung wieder selbst in die Hand nimmt.
New curriculum revolutionising education on traditional Aboriginal lands https://t.co/TWAE4LsUqX
— ABC News (@abcnews) July 3, 2021
Sie wollen beide Arten von Unterricht machen. 50% westliche Bildung, Lesen, Schreiben, Mathematik und so weiter, die andere Hälfte traditioneller Unterricht, eben draußen, in der Natur. Sie wollen, dass die Kinder wieder ihr Land besser kennen, die Geographie, die Pflanzen, die Tiere, die Natur eben.
Und beachtlich: Die Kinder interessieren sich mehr dafür, gehen mehr zur Schule, haben mehr Spaß dran, machen ihre Hausaufgaben. War nämlich bisher nicht so beliebt. Könnte also sein, dass mit diesem Mischunterricht alles in allem trotzdem mehr Mathe und Lesen und Schreiben und westliche Schulbildung bei den Kindern ankommt als sonst.
Ich halte das in vielerlei Hinsicht für sehr positiv.
Denn wenn man sieht, wie bei uns gerade die Schulbildung degeneriert und nach links verblödet, sich in frei erfundenem Schwachsinn auflöst, ist ein Kontakt zur Realität, zur Empirie, mit Sicherheit überaus heilsam und gesund. Im Outback kann man eben nicht dumm rumlabern und mit Marx und Poststrukturalismus kommen. Also, man kann schon, aber man überlebt es nicht sehr lange. Und jede Wette: Gender machen die da auch nicht. In der Natur merkt man ziemlich schnell, ob es stimmt, was man glaubt, oder ob es Käse ist.
Und da bei uns der Schwachsinn inzwischen auch bei mindestens 50% liegt, ist es mit Sicherheit kein Nachteil, diese 50% wegzulassen und stattdessen Baden oder zu Krokodilen zu gehen.
Möglicherweise hat die westliche Bildung ihren Peak überschritten.