Der Keks- und Shampoo-Wahnsinn
Ich sehe es, und frage mich: Warum?
Im ZDF kam gerade wieder eine Sondersendung zur Flutkatastrophe.
Nachdem das ja nun inzwischen schon ein paar Tage her ist, ging es nicht mehr so darum, die Katastrophe zu zeigen, die Bilder kennen wir inzwischen. Es wurde mehr darüber berichtet, wie jetzt die Versorgungsmaßnahmen laufen. Dass beispielsweise die Abschlussklasse einer Pionierschule der Bundeswehr gerade eine praktische Übung einschiebt und und für ein Unternehmen, das Getränkeversorgung betreibt, aus Bundeswehrbauteilen eine Brücke zu bauen, damit deren LKW die Bevölkerung versorgen können. Aber nicht über einen sichtbaren Fluss, sondern – scheinbar absurd – über eine geschlossene Hoffläche. Weil die unterspült ist und unter der scheinbar soliden Fläche des Hofes ein Fluss drunter druchfließt und der Boden einbricht, wenn man drüber fährt.
Oder dass da ein Haus steht, das gar nicht so sehr kaputt aussieht, eher dreckig. Und dann der Sachverständige sagt, mal solle sich mal die Schmutzkante des Wasserspiegels an der Außenwand ansehen, die stark gekippt ist. Ich würde aus der Erinnerung mal sagen, so um 30°. Der Sachverständige sagt aber, dass das Wasser gerade war. Das heißt, das Haus war schief. Ein Fertigbauhaus, leicht, das ist komplett hochgeschwommen und hinterher wieder runtergefallen. Und da muss man sich überlegen, ob man das noch betreten kann, obwohl es eigentlich so kaputt nicht aussieht.
Sie brachten etwas vom Nürburgring. Die wollten da eigentlich am Wochenende irgendwas veranstalten, und sind stattdessen mit ihren Hallen und Flächen jetzt das große Verteilzentrum für Notfallgüter. Weil da auch Hubschrauber gut landen können. Die überaus hilfsbereite Bevölkerung hat Unmengen von Säcken mit Hilfsgütern abgegeben, Kleidung, Shampoo, Zahnbürsten, alles, was da war.
Und dieser unsortierte riesige Berg muss von Freiwilligen ausgepackt, sortiert und dann wieder zu haushaltsgeeigneten Verteilbeuteln mit brauchbarer Mischung zusammengestellt werden, dass man das direkt an die Haushalte austeilen kann. Also packen sie erst alle Spenden aus, haben da beispielsweise einen riesigen Stahlkorb, in dem sie Shampoo sammeln, und es dann wieder in Einkaufstüten verteilen, damit in jeder eins drin ist, von denen dann jeder Betroffene eine bekommt.
Dasselbe mit Keksen.
Da dachte ich mir, dass es ja wunderbar ist, dass es so eine riesige Spendenbereitschaft gibt. Aber ist das nicht extrem ineffizient?
Wäre es nicht sinnvoller, wenn man einen Notfallplan hätte und dann von den Drogerie-, Discounter- und Supermarktketten aus deren Zentrallagern das Zeug palettenweise holt? Es ist doch völliger Wahnsinn, wenn da jede Menge Freiwillige Zeit damit verbringen, das Zeug aus Spendenbeuteln erst auszupacken und zu sortieren. Wäre es nicht sehr viel schneller und mit weniger Arbeit zu machen, wenn die statt in einem ungeordneten Haufen von Tütenbergen bis unters Dach (das Zeug geht ja auch kaputt, wenn das so hoch aufeinander gestapelt wird) nach einem grundsätzlichen Ablaufplan das Zeug in einer Reihe auf Paletten aufstellen könnten und es Packrezepte gibt, wovon wieviel zusammenkommen muss?
Es ist doch völliger Wahnsinn, solche Sachen wie Seife oder Kekse aus den Haushalten wieder einzusammeln, statt sie orginalverpackt und vorsortiert (und unmanipuliert, es gab ja schon Fälle von Nadel und Rasierklingen in Lebensmitteln) direkt aus der Hersteller- und Logistik-Kette zu entnehmen? Ich fände das persönlich völlig richtig und in Ordnung, wenn hier im Supermarkt ein Schild hängt, auf dem steht, dass es gerade keine Kekse, keine Müsliriegel und nur eine Sorte Edelshampoo gibt, weil der Nachschub gerade in die Katastrophengebiete geht.
Neulich noch hieß es, dass Kleidung tonnenweise vernichtet wird, weil man wegen Corona das Zeug 2020 nicht verkaufen konnte und 2021 schon wieder die nächste Mode ankommt. Warum wird Kleidung vernichtet, statt in eine Katastrophenreserve zu gehen?
Warum sind da Leute, die sich zwar sehr viel Mühe geben, sehr viel arbeiten, sich damit Dank und höchste Ehren verdienen, aber sagen, dass sie da keine Planung und Erfahrung haben, und das jetzt spontan erst mal lernen müssen?
Warum gibt es keine Fachleute, die vor Ort sind und die hilfsbereiten Laien anweisen und das organisieren?
Oder warum gibt es kein Krisenhandbuch zum Download, im dem beschrieben wird, wie man im Krisenfall vorgeht, um anderen zu helfen?