Über Drohnen, Unglücke und Politik
Manch einer wird sich gefragt haben, warum ich heute morgen um kurz vor 4 gebloggt habe.
Das hatte einen Grund.
Obwohl: Ich brauche keinen Grund, um nachts um 3 oder auch mal um 4 zu bloggen. Sowas kommt bei mir vor. Wenn ich morgens um 8 blogge, das wäre dann ungewöhnlich.
Diesmal hatte es aber einen Grund.
Ich bin unglücklicher Besitzer von Drohnen. Sehr unglücklich.
Ich hatte mir damals in Neuseeland eine gekauft und zum ersten Mal eine benutzt, und fand, das macht einen Riesenspaß, und ist aufgrund der modernen Technik auch sehr leicht zu bedienen. Im Prinzip sind die Dinger fliegende Rechenzentren, und die sind wirklich so gebaut, dass sie, wenn man nichts an der Fernsteuerung macht, irgendwo in der Luft stehen bleiben wie angenagelt. Gibt sogar bei manchen einen „Stativ-Modus“, in dem die Drohne dann so tut, als würde sie nicht fliegen, sondern wäre ein 70 Meter hohes Stativ, um ruhige Bilder zu produzieren.
Der Fehler war, gegen meine eigenen Prinzipien zu verstoßen. Eigentlich soll man nie etwas mit in Urlaub nehmen, was man vorher nicht getestet und geübt hat. Der Urlaub in Neuseeland war zwar sehr schön, aber in zweierlei Hinsicht … naja, ich würde nicht sagen, ein Reinfall, sondern ein zu zahlendes Lehrgeld, was ich, hätte ich vorher mehr Zeit gehabt, auch billiger hätte haben können. Ich wollte ja eigentlich groß Youtuben und die Wahsinnsdrohnenaufnahmen machen, aber beides hat nicht so geklappt, wie ich mir das vorgestellt hatte. Zentraler Fehler: Ich hatte mir eben nichts vorgestellt, sondern bin da halt so wird-schon-werden hin, weil mir durch Arbeitsüberlastung einfach die Zeit zur Vorbereitung gefehlt hatte.
Das Ergebnis war: Murks.
Zeigte sich schon daran, dass ich mich völlig verschätzt hatte, wieviel Arbeitsaufwand das ist und Zeit braucht, wenn man das nicht geübt hat und die Videoschnittsoftware nicht in- und auswendig kennt (und bedacht hat, dass der eigentlich flotte Notebook trotzdem einiges langsamer ist als der PC am Schreibtisch).
Ich hatte damals so eine kleine Gimbal-Kamera im Einsatz, eine Removu K1, und wollte dort eine Reportage über das berühmteste Klo Neuseeelands (das Hundertwasser-Klo) machen, zu dem ich eignetlich nie hinwollte, aber schon bei der vorletzten Reise vollversehentlich dort gelandet war, und diesmal auch wieder unweigerlich dran vorbeikam, weil halt an einer verkehrswichtigen Stelle am nördlichen Zipfel gelegen. Die Kamera hat aber überhaupt keine Aussteuerungskontrolle und produziert mit Normaleinstellungen viel zu leisen Ton. Dreht man die Eingangsempfindlichkeit aber auf, übersteuert sie leicht und kracht. Ich weiß, der Profi nimmt deshalb Video und Ton getrennt auf. Das muss man aber noch mehr üben und testen. Also hatte ich die Kamera vorher ausprobiert und die Einstellungen so gewählt, dass sie zu einem kleinen preisgünstigen externen Lavaliermikrofon passten, das ich mir ans Hemd stecken wollte und das bei Tests dann gute Ergebnisse geliefert hatte. Ich hatte mir deshalb noch eines in Reserve gekauft, die sahen auch gleich aus, waren es aber elektrisch nicht. Ich hatte ohne es zu merken das andere erwischt und das verhielt sich anders, die Aussteuerung war nix, zu leise und so weiter. Heißt: Das klappt nicht, einfach loszuzockeln und zu glauben, dass man im Urlaub ohne Vorbereitung und ohne das vorher mal geübt zu haben, Mr. Youtube werden kann. Deshalb glaube ich das auch Leuten nicht, die solche Videos veröffentlichen. Ich hatte vor einiger Zeit mal irgendwo ein Video gesehen, in dem ein Klempner Anfang 20 aus Neuseeland (Logan Dodd) ein wirkliches Wahnsinnsvideo bringt, lauter kurze Superszenen aus einer Europa-Reise, mal beim Paragliding, mal im Pool mit den schärfsten Weibern im knappsten Bikini und so fort, jede Einstellung nur ein paar Sekunden. Gag: Irgendwehr haut immer mit der flachen Hand auf das Objektiv (eigentlich: High Five), damit es kurz dunkel wird, um das für den Bildschnitt zu nutzen. Das Video kommt einfach genial gut rüber, zeigt den perfekten Superurlaub mit Extremspaß, alles ganz locker und lässig, ein junger, kräftiger Bauarbeiter aus Neuseeland. Geil gemacht. Zu schön, um wahr zu sein? Irgendwo habe ich gelesen, es sei eben schön, aber doch nicht so wahr, weil von irgendwelchen Profis als viral marketing gemacht. Andere meinten, doch, wäre echt.
Ganz einfache Kamera, nur eine GoPro, aber eben viel Action, und vor allem: Zeit und einen Plan. Denn letztlich ist ein Video von 0:03:50 aus einem 3-Monatsurlaub jetzt auch nicht gerade der Brüller an Ausbeute, vor allem erst hinterher produziert, und der Typ ist halt noch jung, muskulös, sportlich, kann sich selbst als Motiv darstellen und die Reise nur Hintergrund sein lassen. Mit kleinen stirnglatzigen Männern Mitte 50 und mit Informatikerbauch geht das nicht. Und er hatte vorher einen Plan. Und vor allem: Einen australisch-neuseeländischen Kulturhintergrund, der sich schon mit dem zufrieden gibt, was man dort „I’m having a good time“ bezeichnet. Länger als drei, vier Minuten hält man das dann auch nicht aus. Und als Serie kann man das dann auch nicht gucken, sowas geht micht mit Teil IV.
Und vielleicht hindert es einen sogar, wenn man sich vorher auf Fotografieren geeicht hatte. Ich habe es immer wieder falsch angegangen, auch, weil ich den zentralen Fehler gemacht hatte, eine Kamera samt Ausrüstung fürs Fotografieren mitzunehmen und eine für Video, auch samt Ausrüstung, und dort nicht beide rumschleppen zu können, also immer die falsche dabei zu haben. Oder einfach am Vulkansee zu stehen, erst zu fotografieren (kein Problem) und dann noch ein Video drehen zu wollen, und dann erst zu merken, hoppla, bei Video stört das ja, wenn nebendran die Familie steht, die laut quasselt und deren Kinder plärren. Oder einfach mal diesen Stabilisierungszeitraffermodus der GoPro ausprobiert, der zwar verblüffend gut funktioniert hat und verblüffend gute Videos lieferte, ich aber einfach eine etwas zu schnelle Geschwindigkeit eingestellt habe, die das zu hektisch erscheinen ließ. Die Leute schrieben mir ja auf Youtube, das sie das gerne mal langsamer sehen würden, oder in Echtzeit, ging aber nicht, weil: Hatte ich nicht. Die Zeitrafferaufnahme kam direkt aus der Kamera. Das sind Fehler, die sich nachträglich nicht korrigieren lassen, die man einfach mal machen muss, um es zu lernen. Deshalb macht man sie, wenn man es richtig macht, erst und fährt dann nach Neuseeland, und nicht umgekehrt. Eigentlich das alte Spiel: Es geht vieles, aber man muss es vorher ausprobiert, getestet, geübt haben, Probelauf, und man muss ein Konzept haben, was man eigentlich vor hat.
Ähnlich mit der Drohne.
Das Ding ist zwar eigentlich kinderleicht zu fliegen. Eigentlich muss man gar nichts lernen, nur etwas üben und probieren. Hätte ich vorher machen sollen, habe ich aber nicht. Dort war ich dann zu sehr mit dem Umgang beschäftigt, als noch gute Aufnahmen damit zu machen. Obwohl das Ding an der Fernsteuerung zwei Tasten hat, eine für Foto und eine für Video, habe ich zu wenig daran gedacht, beides systematisch zu machen.
Ich war auf einer Tauch- und Schnorcheltour in einer traumhaften Gegend, und weil ich nicht tauchen kann, als einziger nur schnorcheln. Deshalb auch etwas vor den anderen wieder aus dem Wasser und auf dem Boot, nur mit dem Kapitän. Das gab mir ein paar Minuten Vorsprung, um – trotz Anfänger – einen Drohnenflug zu wagen, was ohne Übung gar nicht so einfach war, weil das Schiff ja nicht fest an einer Stille blieb, sondern sich bewegte und schaukelte. Ich wusste noch nicht, wie lange das Ding mit einem Akku fliegen kann, aber dass die automatische „Return to Home“ bei sich leerendem Akku hier zum Drohnentod führt, weil die Drohne dann genau da landen will, wo beim Start noch das Schiff war, und damit ins Wasser fällt. Übervorsichtig habe ich das Ding gestartet, einmal auf 100 Meter hoch, weil nebendran die unbewohnte Insel steil hoch ging, wollte die Mal von oben sehen, funktionierte auch. Selbst der Kapitän wollte mal gucken, weil er zwar jeden Tag dort ist, aber auch nicht wusste, was eignetlich da oben auf den Felsen ist. Ich habe das Ding dann auch wieder auf dem Boot gelandet bekommen, allerdings mit kleinem Abrutscher und Kollision mit der Ankerkette, die daran keinen Schaden nahm. Ich hatte zwar auch die Videoaufnahme an, aber vor lauter Hektik und Anfängertum und Unkenntnis darüber, wie lange das Ding tatsächlich in der Luft bleiben kann und wie man sowas eigentlich präzise landet (und dann noch auf dem schaukelnden und sich bewegenden Schiff), habe ich verpennt, videotaugliche Manöver oder wenigstens Fotos zu machen. Beispielsweise an der Felsenkante oben entlangzufliegen. Oder ein Flug von über den Felsen über die Kante auf das Meer hinaus, wo man dann unten das Boot sieht. Aus 100 Metern Höhe. Oder einfach ein geiles Postkartenfoto: Blick von oben auf geile Insel, geiles Meer, geiles Wetter, schönes geiles weißes Schiff und vorne auf dem Bug der Danisch. Ich bin in dem Moment einfach nicht drauf gekommen, weil ich es zum ersten Mal gemacht habe und völlig damit beschäftigt war, die Drohne, mit der ich noch wenig Übung hatte, nicht im Meer zu versenken.
Die ersten Flugübungen hatte ich dort in einem Park. Ich hatte einen Polizisten gefragt und der meinte, da hinten, da sei Platz. Später las ich, das das einer von den nur drei Parks der Gegend war, in denen Drohnenflüge strikt verboten seien.
Mein zweiter Drohnenflug ist immerhin überliefert, wobei das auch anders lief, als ich mir das vorgestellt hatte. Die Drohne soll ja eignetlich so einen Follow-Modus haben, in dem sie einem folgt. Habe das zum allerersten Mal ausprobiert und eigentlich gewollt, dass die Drohne auf gleicher Höhe seitlich neben mir herfliegt und mich filmt, wie ich über die Brücke spaziere. Also, so hatte ich mir das vorgestellt. Ich war mir nicht sicher, warum, aber die Drohne war dann irgendwie über statt neben mir, und ich dachte noch, ach, von oben, das ist auch nicht schlecht, das sieht auch nach was aus, das probieren wir mal aus. Sieht ulkig aus, wenn man über die Brücke geht, und sich auf dem Display in der Hand selbst von oben sieht. Nicht dran gedacht hatte ich, dass da über der Brücke eine Hochspannungsleitung zur Insel rüber führte. Und der kam ich so nahe, dass man im Video die Windungen des Seils sieht. Ich wollte das dann nochmal machen, ging aber nicht, weil die Brücke eigentlich stark frequentiert war und ständig Leute drüber liefen. Ich hatte da nur mal einen kurzen Augenblick erwischt, in dem keiner da war außer dem Angler, und den hatte ich gefragt, den störte es nicht, solange ich da nur ein oder zweimal vorbeiflöge.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe mich hinterher ziemlich über mich selbst geärgert, vier Wochen Neuseeland und nicht entfernt das produziert, was ich mir erhofft hatte. (Vielleicht der Grund, warum man es Urlaub und nicht Arbeit nennt.) Aber auch die Erkenntnis, dass man vieles einfach auch nicht allein machen kann. Sich selbst mit der Drohne zu filmen, wie man lässig über die Brücke spaziert, ohne dabei merklich auf die Drohne zu achten oder auf das Display zu gucken – ist nicht einfach, aber es erscheint möglich, wenn man das Ding beherrscht und vor allem dessen automatische Flugmodi. Gibt sogar Drohnen, die auf Gesten reagieren, man also die Fernbedienung nicht sichtbar vor der Nase halten muss.
Aber: Man muss es üben. Kennen. Beherrschen. Anders geht’s nicht. Ich hatte mir vorgenommen, das zu üben und zu proben. Und sehe es seither auch mit ganz anderen Augen, wenn in Fernsehkrimis (was ja immer häufiger passiert) Drohnenaufnahmen kommen. Wenn man von oben sieht, wie die Polizisten ins Haus stürmen. Oder auch sehr gerne genommen, wenn man Ende das letzte Wort gesagt ist und die Kamera nach oben geht und über die Landschaft schwenkt. Wenn man erst mal verstanden hat, worum es geht, dann merkt man das auch, dann beschäftigt sich das Gehirn damit.
Aber, ach.
War nichts mit Üben. Die Dinger stehen ungenutzt rum.
2019 hatte ich zuwenig Zeit, war voll ausgelastet. Deshalb nur 10 Tage New York.
2020 wollte ich, jetzt aber ganz bestimmt, kam mir Corona in die Quere.
2021 dann: Neues EU-Recht. Ich hatte vor der Neuseelandreise einen Drohenführerschein gemacht, obwohl man den hier für diese kleineren Drohnen nicht brauchte, war auch nicht billig. Seit Anfang 2021 alles hinfällig, man braucht einen neuen Drohnen„führerschein“. Eigentlich Schulungsnachweis. Kann man bei kleineren, amateurüblichen Drohnen online machen. Und muss dann seine Drohnen irgendwann wegwerfen und neu kaufen, weil nun gefordert wird, dass Drohnen per Funk ständig mitteilen, welches Kennzeichen sie haben und wo der steht, der sie steuert. Für alte Geräte gibt es eine Übergangsfrist von 2 Jahren. Es gilt also, jetzt noch soviel mit den Dingern rumzufliegen, dass sie in eineinhalb Jahren End-of-Lifetime erreicht haben, verbraucht sind. Oder sie außerhalb der EU zu benutzen. Ich weiß nicht mal, ob man schon neue kaufen kann, die das erfüllen.
Dafür gibt es auch Vorteile, denn vorher hat dieser Drohnenführerschein, eigentlich Ausbildungsnachweis, der nur für größere erforderlich war, eine Stange Geld gekostet. Jetzt braucht man ihn für alles ab 250Gramm, dafür ist er kostenlos. Kann man hier online machen.
Deshalb wollte ich Anfang 2021 gleich den neuen machen, da gab es aber noch irgendein Serverproblem, irgendwas funktionierte noch nicht, und es hieß irgendwo, man möge bitte noch etwas Geduld haben und die die Anwendung sei auch noch etwas aufgeschoben (ich glaube, es waren drei Monate oder sowas).
Dann hatte ich es wegen anderer Dinge vergessen. Berufliches. Impfung. Baerbock. Und sowas.
Nun hatten wir aber doch diese Hochwasserkatastrophe, und da haben sich Drohnenaufnahmen nicht nur bewährt, sondern es gab ja auch viele Bereiche, die man aus verschiedenen Gründen nicht mehr betreten konnte. Oder sogar beschädigte, halb eingestürzte Häuser irgendwie inspizieren musste, ob noch jemand drin ist. Die ganzen Dämme wurden mit Drohnen kontrolliert. In Gruben und Flüssen mit Drohnen nach Toten und Verletzten gesucht.
Drohnen sind unglaublich nützlich. Gerade in solchen Situationen.
Was mich daran erinnert hat: Hey, Du wolltest doch das alles nochmal üben. Nicht nur das Fliegen als solches, sondern all die Betriebsarten und wie man damit schöne Videos fliegt. Dass das nicht so ruckelig und unbeholfen aussieht. Elegantes Fliegen. Geschmeidige Aufnahmen.
Und dann: Du hast den neuen Ausbildungsnachweis noch nicht.
Und um es nicht noch weiter vor mir herzuschieben, und es endlich mal anzupacken, hatte ich mir vorgestern nach um 2 das alles mal durchgelesen, und eine erste Übungsprüfung gemacht (und bestanden). Sie bieten solche Übungsprüfungen an, und man muss mindestens eine mit 75% bestanden haben, um per Cookie den Zugang zu bekommen, sich zur echten Prüfung anmelden zu können. Also habe ich gestern abend so ab kurz vor Mitternacht nochmal alles gelesen, noch eine Übungsprüfung gemacht, wieder bestanden und dann auch gleich mitsamt der Registrierung und dem ganzen papierlosen Papierkram auch die Prüfung gemacht und um 03:05 den Prüfungsnachweis bekommen.
Eigentlich nicht schwer, sogar deutlich leichter als der alte Drohnenführerschein, den ich mal gemacht habe. Die meisten der Fragen kann man eigentlich durch Verstand und Nachdenken schon beantworten. Braucht man auch, weil einige Fragen drankamen, von denen ich mich jetzt nicht direkt erinnert hätte, dass die in diesem Detail im Schulungsmaterial vorkamen, die ich aber mit sonstigem Wissen alle richtig beantworten konnte. Frequenz misst man in Hertz und Frequenz und Wellenlänge sind umgekehrt proportional zueinander und sowas. Und dann so typische Vernunft-Fragen. Wird man nach den Folgen von Alkohol oder Müdigkeit gefragt, dann sind es immer die Antworten, die irgendwas schlechtes beschreiben, nie etwas Gutes. Und bevor man losfliegt muss man grundsätzlich einfach alles prüfen. Und bemannten Luftfahrzeugen geht man gefälligst aus dem Weg. Heißt: Nein, wir machen Kampfjets nicht durch ungewöhnliche Flugmanöver in großer Höhe auf uns aufmerksam. Das lassen wir bleiben. Und die Nachbarin filmen wir nicht beim Duschen durch ihr Badezimmerfenster.
Es bleiben trotzdem Fragen und Diskrepanzen.
Beispielsweise war mir schon vor einiger Zeit aufgefallen, dass mit dem Wechsel von der nicht mehr gewarteten DFS-Drohnenapp zur Droniq-App, die im Prinzip genauso aussieht, eine Veränderung einherging. Früher, also 2020, sagte die alte App, dass man ein einer Umgebung von knapp 6 km (3NM) um den Reichstag, gar nicht mit Drohnen fliegen dürfe, wegen der Regierung. Flugbeschränkungsgebiet. Kannte ich eigentlich so, und weil ich mittendrin wohne (und aus anderen Gründen) darf ich hier nur innerhalb meiner Wohnung mit Drohnen rumfliegen. (Zweie sind so gut stabilisiert, dass das sogar funktioniert und ich damit den Flur rauf und runterfliegen und eine Platzrunde im Wohnzimmer drehen kann.)
Die neue App zeigt aber nur noch eine Warnung und kein Verbot mehr an, dass man also bei Erfüllung eines ganzen Stapels von Auflagen hier dann fliegen dürfe, wenn man mehr als eine NM vom Reichstag weg ist und für einen zulässigen gewerblichen Zweck filmt. (Was kein Ja bedeutet, die ganzen anderen Regeln gelten ja immer noch.) Der Sache bin ich dann im Anschluss, so gegen 03:20, mal nachgegangen.
Man hat tatsächlich mit Verfügung vom am Flugbeschränkungsgebiet ED-R 146 (so heißt das hier) am 8.12.2020 (und das fällt mit der neuen App zusammen, deshalb hatte die etwas anderes angezeigt als die alte) die Allgemeinverfügung NfL 1-2128-20 erlassen.
Allgemeinverfügung zur Erteilung von Durchfluggenehmigungen zur Durchführung von Flügen mit unbemannten Luftfahrtsystemen durch das Flugbeschränkungsgebiet ED-R 146 (Berlin)
Das erklärt dann auch die Unterschiede zwischen der alten App (bis 2020) und der neuen (ab 2021). Hat eigentlich nichts mit der App an sich zu tun, fiel nur zeitlich zufällig mit dem Wechsel der App zusammen.
In anderen Ländern steht da einfach ein Schild. „Hier Drohnen verboten“. Fertig.
Man ist übrigens gehalten, die NOTAM zur Kenntnis zu nehmen, die mich verwundern, warum man die Luftfahrtbranche nicht schon komplett wegen Frauenfeindlichkeit niedergebrannt hat, denn das steht für Notice to Airmen, also Nachrichten für tollkühne Männer in ihren fliegenden Kisten jedweder Art). Da erfährt man dann auch, dass man die Flugregion Minsk meiden möge (B0670/21) und Fluglinien aus Belarus derzeit außer in Notfallen nicht in den Deutschen Luftraum dürfen (B0676/21). Es gibt viel zu beachten, bevor man einen Drohne aufsteigen lassen kann. Und das täglich neu. Das Studium der ICAO-Karten ist nicht verpflichtend, wird einem aber dringend nahegelegt.
Was auch damit zusammenhängt, dass man Drohnen nicht mehr (wie ursprünglich) als etwas eigenständiges ansieht, der Begriff taucht gesetztlich auch nicht auf, sondern als eine eine Form eines regulären Luftfahrzeugs für das das normale Luftrecht gilt. Ungefähr so, wie die Straßenverkehrsordnung zwar auch hauptsächlich für Autos und LKW gemacht ist, aber auch für Radfahrer (selbst wenn die es in Berlin nicht glauben wollen) und letztlich sogar Kleinkinder auf dem Dreirad gilt.
Drohne und Gesetz
In der Realität scheißen die Leute drauf. Ich hatte hier immer das Gefühl, dass ich der einzige bin, der sich an die Verbote hält (oder sie überhaupt kennt).
Vor nicht einmal einem Jahr schrieb die WELT:
Tausende Drohnen unbemerkt über dem Regierungsviertel
Das Berliner Regierungsviertel dürfen Drohnen nur mit einer Genehmigung überfliegen. 24 wurden im ersten Halbjahr 2020 ausgestellt. Eine Sicherheitsfirma erfasste jedoch Tausende Flüge. Während der Demo gegen die Corona-Maßnahmen registrierte sie Spitzenwerte.
Das Regierungsviertel in Berlin gehört zu den am besten überwachten Gebieten in Deutschland – möchte man meinen. Doch offenbar fehlt den zuständigen Behörden der Überblick darüber, was ein paar Meter über dem Boden rund um den Reichstag passiert.
Eigentlich gilt in dem Gebiet eine Flugbeschränkung für Drohnen, jene kleinen ferngesteuerten Fluggeräte, von denen es mittlerweile Hunderttausende in Deutschland gibt. In einem Radius von etwa 1,9 Kilometern rund um den Reichstag dürfen diese nur mit einer Genehmigung fliegen.
Aus gutem Grund: Selbst handelsübliche Drohnen für den Privatgebrauch verfügen mittlerweile über hochauflösende Kameras, über die sich das Kanzleramt und der Bundestag ausspionieren ließen. Außerdem können die kleinen Geräte mehrere Kilogramm an Last transportieren. Man kann sich ausmalen, was passiert, wenn eine oder mehrere solcher Drohnen mit Sprengstoff beladen im Regierungsviertel unterwegs wären – ein Szenario, vor dem Nachrichtendienste immer wieder warnen.
Umso wichtiger wäre es, den Luftraum gut zu überwachen. Doch genau das passiert offenbar nicht: Nach Behördenangaben wurden im ersten Halbjahr 2020 insgesamt 24 Fluggenehmigungen für Drohnen ausgestellt. Doch die Analysen einer Sicherheitsfirma zeigen, dass es in diesem Zeitraum mindestens 5630 solcher Flüge gegeben haben soll.
Erhoben hat die Daten die Firma Dedrone, die sich auf die automatische Erkennung von Drohnen und deren Abwehr spezialisiert hat.
24 erteilte Fluggenehmigungen – und wenn man keine bekommt, hat man dann sogar richtig Ärger am Hacken.
Und dagegen dann 5630 illegale, aber offenbar folgenlose Flüge.
Ist man also letztlich der Dumme, wenn man sich an die ganzen Regeln hält? Weil man dann im Fall des Falles sofort identifiziert wird, weil die Drohne eine Plakette haben muss und ein Funksignal mit der Kennung ausstrahlen muss und man registriert und belehrt sein muss, und den Personalausweis vorlegen musste, sich versichern und im Falle des Falles sowas von dran ist und haftet und bestraft wird, während Krethi und Plethi einfach gar nichts anmelden und registrieren, einfach nach Lust und Laune rumfliegen, und wenn es kracht, dann weiß keiner, wer es gewesen war?
Sind wir wieder mal an dem Punkt, an dem in Deutschland eine Zweiklassengesellschaft herrscht?
Die ansässige Einwohnerschaft, die voll erfasst und registriert ist, wird genauestens überwacht und muss sich an alle bestehenden Gesetze und Vorschriften halten, Versicherungen abschließen, neue Drohnen nach neuesten Standards kaufen, und steht sofort vor Gericht, wenn irgendwas schief geht oder sich nur irgendwer aufregt, während ein anderer Teil der Bevölkerung sich für diesen ganzen Gesetzeskram erst gar nicht interessiert, ihn auch nicht liest, einfach macht, was man gerade will, Spaß hat, und denen dann nicht mal was passieren kann?
Ist man am Ende einfach der Dumme, weil man sich an all die ausartenden Regeln und Gesetz hält?
Während es Leute gibt, die einfach machen, was sie wollen, und dafür nicht bestraft werden können, weil es keine Strafe und kein Strafsystem gibt, das sie erfasst?
Drohne und Hochwasserkatastrophe
Nicht klären konnte ich vergangene Nacht, wie genau es sich mit dem Verbot verhält, dass man eben nicht über Gebiete fliegen darf, in denen ein Notfalleinsatz stattfindet. Nicht nur wegen Gaffertum und dem Verbot, Verletzte zu fotografieren, sondern auch, weil da Rettungshubschrauber landen, Polizeihubschrauber tief fliegen und die Rettungsdienste selbst Drohnen für den Notfall einsetzen.
Zwar stehen derartige Formulierungen in den Schulungsunterlagen und werden auch abgefragt, aber es steht nicht dabei, wo das eigentlich genormt ist. Und das habe ich vergangene Nacht auch nicht gefunden. Weil sie das auch ständig leicht verändert formulieren. So heißt es in der Luftverkehrs-Ordnung
§ 37 Sicherheitsmindesthöhe bei Flügen nach Sichtflugregeln
(1) Für Flüge zu besonderen Zwecken kann die örtlich zuständige Luftfahrtbehörde des Landes für einzelne Flüge oder eine Reihe von Flügen Ausnahmen von den in Anhang SERA.5005 Buchstabe f der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 vorgeschriebenen Mindestflughöhen zulassen, soweit dies für den jeweiligen Zweck erforderlich ist und dadurch keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eintritt. Wird ausnahmsweise eine Unterschreitung der Sicherheitsmindesthöhe über Industrieanlagen, Menschenansammlungen, Unglücksorten oder Katastrophengebieten zugelassen, ist der Luftfahrzeugführer verpflichtet, …
Da heißt es nun Unglücksorte oder Katastrophengebiete, und was besseres habe ich da auch nicht gefunden, wobei man das ja als Verbot interpretieren könnte, wenn eine Drohne nicht gleichzeit die Mindestflughöhe für Flugzeuge über Katastrophengebieten und die Höchstflughöhen für Drohnen einhalten kann.
In der Durchführungsverordnung der EU heißt es dagegen:
UAS.SPEC.060 Verantwortung des Fernpiloten
[…]
(3) Während des Flugs muss der Fernpilot
[…]
e) darauf achten, nicht an Gebiete heranzufliegen oder in Gebieten zu fliegen, in denen ein Notfalleinsatz stattfindet, sofern er nicht von den zuständigen Notfalldiensten die Erlaubnis hierfür erhalten hat.
Komische Formulierung. Sie sagen nicht, dass es verboten ist, sondern dass man darauf achten muss, es nicht zu tun.
Wenn ich an einer Bank vorbeilaufe, muss ich dann während des Ganges darauf achten, sie nicht zu überfallen? Und wenn ich an einer Frau vorbeilaufe, darauf achten, sie nicht zu vergewaltigen?
Nun frage ich mich:
Was ist eigentlich mit den Hochwasserkatastrophengebieten?
Sind das noch Notfalleinsatzgebiete oder nicht?
Gilt das nur, solange Leichen und Verletzte geborgen werden, oder gilt das, bis alles wieder so aufgebaut und fertig ist wie vor dem Hochwasser? Also vielleicht noch 3, 5, 10 Jahre?
Und wer ist da überhaupt der „zuständige Notfalldienst“? Wie soll ich das wissen, wenn die das dort nicht mal selbst wissen und die Landesregierung auch nicht?
Ein Berg von Vorschriften, bis ins Mikromanagement, Detailvorschriften, was man alles zu prüfen hat, bevor man 500 Gramm Drohne 10 Meter aufsteigen lässt, und da steht man dann da und macht die Loreley: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…
Das wird dann im Nachhinein von irgendeinem Staatsanwalt oder Strafrichter nach Gutdünken ausgelegt. Ursprünglich gemeint ist eigentlich, dass man die Feuerwehr nicht überfliegen darf, wenn die irgendwo ein Haus löscht oder einen aus dem Unfallauto schneidet.
Ein Riesen-Verhau aus EU-Vorschriften, keinerlei Rechtssicherheit, weil man nicht weiß, was es bedeutet, während sich dort vor Ort gerade gar niemand mehr an Recht hält und die Leute in Scharen einfach plündern gehen.
Urkunden
Schon nach dem alten Recht vor 2021 war man verpflichtet, einen Versicherungsausweis und ab einer gewissen Drohnengröße auch einen Ausbildungsnachweis mitzuführen. Den muss man dabei haben.
Ich hatte da schon mal nachgeforscht, wem man den eigentlich zeigen muss. Nicht herauszufinden. Ich habe die Formulierung jetzt nicht mehr im Kopf, aber irgendwie stand da was, dass man das den Zuständigen zeigen muss. Für bestimmte Lufträume, und vor allem, wenn es fliegt, sind dann die Fluglotsen und die Flugsicherung zuständig. Theoretisch also wäre es denkbar, dass ein Fluglotse seinen Posten verlässt, sich ins Auto setzt, zu mir fährt und das Zeug sehen will. Wahrscheinlichkeit gleich Null, weil ein Fluglotse im Dienst ja seinen Arbeitsplatz nicht verlassen kann.
Die Polizei könnte freilich kommen, aber: Ich habe keinerlei Hinweis auf deren Zuständigkeit gefunden. Die Polizei ist nicht für die Luftfahrt zuständig. Also kann sie auch keine Versicherungsnachweise und keine Drohnenführerscheine überprüfen.
Man muss das Zeugs dabei haben, aber ich habe bis heute nicht herausgefunden, wem man es zeigen muss. Wofür man es eigentlich dabei haben muss.
Und jetzt kommt der Brüller:
Vergangene Nacht um 03:05 bekam ich also vom Luftfahrtbundesamt den Nachweis per E-Mail und auch direkt auf der Webseite als Download, dass ich den Online-Lehrgang erfolgreich abgeschlossen habe.
Und weil sich jeder so ein PDF basteln kann, hat das Ding einen QR-Code drauf. Damit kann man online prüfen ob das Luftfahrtbundesamt das auch so sieht, dass es auf diesen Namen einen Abschluss gibt. Da steht aber auch nicht mehr Personenbezogenes als Vorname-Nachname.
Das ist bei einem Hadmut Danisch eine ziemlich eindeutige Sache, von meiner Sorte gibt es weltweit nur einen.
Thomas Schmidts gibt’s aber Tausende.
Und all die Leute mit Namen Li, Ngyuen oder Mohammed gehen in die Millionen.
Also eigentlich Bullshit. Zumal wir das mit den Identitäten ja sowieso nicht auf die Reihe kriegen.
Und was steht in der Mail vom Luftfahrt-Bundesamt?
Glückwunsch zum Bestehen der Prüfung zum Nachweis für Fernpiloten (A1/A3).
Ja … äh … danke, nee, aber das meine ich doch jetzt nicht. Guckt mal etwas weiter unten. Da steht:
Es handelt sich bei dem QR-Code um ein Sicherheitsmerkmal, behandeln Sie ihn daher vertraulich. Der Code darf daher nur autorisierten Personen zur Überprüfung der Echtheit des Kompetenznachweises zur Verfügung gestellt werden.
Das heißt, ich muss den Nachweis nicht nur wie bisher nicht-autorisierten Personen nicht zeigen, ich darf es jetzt auch nicht mehr.
Das heißt, ich muss das Ding zwar mitführen, aber es gibt eigentlich niemanden, der es kontrollieren könnte, weil niemand von denen, die dafür autorisiert sind, es im Normalfall verlangen darf. Polizei meines Wissens eben nicht.
Der einzige Fall, der mir jetzt einfiele, wäre, dass man mit der Drohne einen Unfall baut, etwa einen Hubschrauber runterholt, der so schlimm ist, dass die Unfalluntersuchung des Luftfahrtbundesamtes vor Ort anrückt. Die dürften das dann.
Nur: Der Straftatbestand der Unfallflucht § 142 StGB gilt nur für den Straßenverkehr. Von einer ähnlichen Vorschrift für den Luftverkehr wäre mir jetzt nichts bekannt, wäre auch schwer durchführbar. Selbst wenn man also beispielsweise einen Hubschrauber vom Himmel sägt, wäre sicherlich noch Erst Hilfe angesagt oder die Straftat der unterlassenen Hilfeleistung drin, aber mal angenommen, die sind alle tot: Auch dann könnte man die Trümmer seiner Drohne einsammeln und einfach nach Hause gehen und müsste nicht warten, bis die da sind, die einem nach dem Nachweis fragen können.
Irgendwie ist das zwar inhaltlich schon sinnvoll, was die Schulung angeht. In der Umsetzung am Ende aber ziemlich Schrott und Schikane. Und EU eben.