Kein Mord für mich im Orientexpress
Es gibt nur eine Frau, die Männerrollen gut spielen kann.
Sie wird vorerst ohne mich auskommen müssen.
In Berlin gibt es ein neues Theaterstück. Mord im Orientexpress. Katharina Thalbach als Hercules Poirot. Die einzige (mir bekannte) Frau auf der Bühne, die Männerrollen so spielt, dass man sie sehen will. Tochter und Enkelin auch gleich mit drin.
Wollte mir eine Karte kaufen.
Für dieses Jahr fast völlig ausgebucht. Nur für Donnerstag zeigte mir das System noch verfügbare Karten an. Preiskategorie B. Prima. Nehm’ ich.
In den Warenkorb. Als Besucher registriert. Passwort gesetzt und sowas. Sie akzeptieren nur „Sofortüberweisung“ und Kreditkartenzahlung.
Beide Kreditkarten von zwei verschiedenen Banken, beide gedeckt, mehrere Male probiert, kam immer die Meldung
„Es hat für den Bezahlvorgang keine Rückmeldung von der Bank gegeben. Ihre Buchung kann leider nicht weitergeführt werden. Bitte wenden Sie sich an den Veranstalter.“
Gut, ich will an der Stelle einräumen, dass ich vor Jahren mal eine der beiden Banken gefragt habe, ob sie bekloppt sind, weil sie zur Abwehr von Kreditkartenbetrug im Internet eine Umleitung auf eine total billig und gebastelt aussehende Webseite machen, noch dazu mit anderem Domainnamen, auf der man zur Bestätigung sein Banking-Passwort eingeben soll, die 97 Meilen gegen den Wind nach Phishing stinkt, nach Behauptung der Bank aber echt und so gedacht ist. Die sind generell etwas nervös, wenn man im Internet zahlt, und vor allem schlagen da die KI- und Mustererkennungssysteme Alarm, wenn man etwas anderes kauft als üblich. Und ich könnte mich jetzt nicht erinnern, in den letzten 10 Jahren eine Theaterkarte in Deutschland mit Kreditkarte bezahlt zu haben, nur jede Menge Musicals im Ausland. Und bei Online-Zahlungen meist per Paypal. Kreditkarte eher direkt an der Kasse. Der Kundendienst sagt mal, dass ihre Mustererkennungssysteme gern falschen Alarm geben, wenn jemand – wie ich – kein regelmäßiges Nutzungsverhalten hat, sondern die mal monatelang gar nicht benutzt und dann plötzlich wieder ganz oft oder damit was in China bestellt. Aber bisher hat immer eine von beiden Karten dann doch funktioniert. Außerdem: In dem Fall gibt es eine Ablehnung, aber nicht keine Antwort. Vor Jahren ist es mir mal passiert, dass bei einem etwas höheren Betrag das Telefon klingelte und einer von der Bank anrief um nachzufragen, ob das so in Ordnung ginge.
Wenn gar keine Antwort kommt, die aber sofort ohne merkliche Verzögerung (Banken brauchen nämlich für die Prüfung immer etwas, das geht nicht so schnell), steckt da eher ein Verbindungs- oder Softwarefehler dahinter. Irgendwas ausgefallen.
Also habe ich mich an den Veranstalter gewendet, wie in der Fehlermeldung beschrieben.
Ja, hieß es, tut ihnen leid. Der Platz sei weg, anderweitig verkauft.
Ich könnte es aber unter ihrer telefonischen Reservierungsnummer nochmal probieren.
Dem das alles nochmal erzählt, und: Dass mir die Webseite gerade denselben Sitzplatz wieder anbietet und in den Warenkorb legt, obwohl ich doch gerade eine Mail von ihnen bekommen hätte, dass der Platz leider weg und anderweitig verkauft wäre.
Das weckte nun ihre Aufmerksamkeit, und man begab sich in die Erforschung des Sachverhaltes. Sozusagen Hercules Poirot am Telefon.
Die Ursache fand sich in den Corona-Maßnahmen.
Wegen der Abstandsregeln haben sie die Sitze nur in einer Art Schachbrettmuster in Einer- und Zweiergruppen freigegeben. Am Anfang kommt auf der Webseite auch ein Hinweis, dass man die Zweiersitze für einzelne Personen buchen kann. Ich hatte den Platz aber nicht ausgesucht, sondern eingegeben, dass ich einen haben will, und mir einfach einen vom System raussuchen lassen, ohne den nochmal näher zu checken.
Was war nun passiert?
Der Platz, den ich kaufen wollte, war einer eines Doppelplatzes. Irgendwer hatte es verbotswidrig und vermutlich aufgrund eines Softwarefehlers geschafft, einen einzelnen dieser beiden Sitze zu buchen. Darauf sah das System bei der Platzwahl, die nicht an Corona angepasst ist, dass noch ein Platz frei ist und hat mir den angeboten. Beim Bezahlvorgang hat dann eine Corona-Plausibilitätsprüfung zugeschlagen, hat erkannt, dass das kein Einzelplatz ist und da nebendran ein Fremder sitzt, und die Buchung verhindert, aber keine passende Fehlermeldung ausgegeben. Deshalb ging es auch so schnell, weil es gar nicht erst bis zur Zahlung kam – obwohl die Maske die Kreditkartendaten abgefragt hatte. Hat man halt irgendwie reingebastelt, wo es gerade ging. Irgendwo verständlich bei der Situation, da muss man schon improvisieren und as Unvorhergesehene irgendwie hinbekommen, sowas ist ja normalerweise nicht vorgesehen, dass man nicht neben Fremden sitzen darf.
Heißt aber auch: Die Karten sind weg. Nix mehr da.
Hercules Poirot wird dieses Jahr ohne mich auskommen müssen. Und ob ich jetzt schon Karten für nächstes Jahr buchen mag … ich habe meine Reiseplanung noch nicht gemacht.