Ansichten eines Informatikers

„Working poor“ – #WirHabenPlatz

Hadmut
31.8.2021 19:39

Vom Geschwätz der TAZ.

Die TAZ, Autorin Antje Lang-Lendorff jammert: Wohnungslos trotz Job: Feierabend in der Notunterkunft

Immer mehr Erwerbstätige in den Städten können sich kein eigenes Zuhause leisten. Gibt es in Deutschland eine neue Form der „Working Poor“? […]

Schulz geht über die Straße zur Haltestelle der Tram. Seine zweite Schicht beginnt erst um 15 Uhr, dann muss er sieben Stunden lang Glasscheiben und Fußböden putzen. Für die Zeit dazwischen fährt er nach Hause.

Wobei das mit dem Zuhause so eine Sache ist. Schulz ist seit September 2019 wohnungslos. Übergangsweise lebt er in einer Einraumwohnung der Caritas. Er arbeitet Vollzeit als Glas- und Gebäudereiniger, er verdient nicht schlecht. Doch eine eigene Bleibe findet er nicht.

Moment mal. Neulich, als es um Flüchtlinge ging, hieß es doch noch #WirHabenPlatz. Ungebrenzt her damit. Das wurde doch auch in Berlin skandiert. Auch die TAZ hat diese Position vertreten, beispielsweise hier und hier.

Was denn nun? Haben wir nun Platz oder haben wir keinen? War das #WirHabenPlatz nur gelogen?

Trotz Arbeit keine Wohnung – in dieser Situation ist nicht nur Christian Schulz. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe erhebt jedes Jahr Zahlen zu Wohnungslosen in Deutschland. Den aktuellen Bericht hat der Verband an diesem Donnerstag veröffentlicht. Demnach hat sich der Anteil der erwerbstätigen Wohnungslosen in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt: 2009 hatten 6 Prozent der Wohnungslosen in Deutschland einen Job. 2019 waren es bereits 11,7 Prozent. Eine Entwicklung, die VertreterInnen der Wohnungslosenhilfe aus verschiedenen Regionen Deutschlands im Gespräch bestätigen.

Leistung muss sich lohnen, heißt es oft. Was aber, wenn das nicht stimmt, wenn man arbeitet und trotzdem kein gutes, eigenständiges Leben führen kann? Aus den USA kennt man Geschichten von Leuten, die mehrere Jobs haben und im Wohnwagen leben müssen. Gibt es inzwischen auch in Deutschland diese Form der „Working Poor“?

Ich glaube nicht, dass die Situation mit der in den USA vergleichbar ist.

Denn erstens sind die USA ein Flächenland, die haben wirklich vieeel Platz.

Zweitens gibt es in den USA viel weniger Wohnblocks und viel mehr Einfamilienhäuser.

Drittens sind (oder waren) Eigenheime in den USA deutlich billiger als bei uns, weil es viel weniger Bauvorschriften gibt und die Häuser dort meist nur aus ein paar Holzlatten, etwas Putz und ein paar Dachziegeln bestehen. Ein Freund von mir hat dort gebaut und mir Fotos vom „Rohbau“ gezeigt: Ein primitives Holzgerüst, in das der Elektriker einfach ein paar Löcher nach Gutdünken gebort und die Kabel frei hängend girlandenförmig durchgezogen hat. Der Kumpel musste das fotografieren, damit er nach Verkleidung der Wände noch weiß, wo die Stromleitungen laufen und er nicht bohren darf. Und man in vielen Staaten der USA auch keine Heizung braucht, ein Heizlüfter für ein paar kalte Tage reicht. Keller haben sie auch nicht.

Das Problem in den USA ist eher, dass zu viele Leute zu einem geregelten Arbeitstag nicht in der Lage oder nicht willens sind. Die Realität ist, dass dort in vielen Gegenden ganze Straßenzüge leer stehen und verfallen. Was auch damit zu tun hat, dass dort das Hypothekenrecht anders ist und die Hypothek am Haus und nicht am Besitzer klebt. Wenn die Leute sich überschuldet fühlen oder keine Lust mehr haben, können sie einfach ausziehen und den Hausschlüssel bei der Bank einwerfen und sind zwar Haus, aber meist eben auch alle hausbezogenen Finanz-Sorgen los. Das wählen viele. Ob sie dann nochmal eins kriegen und noch als kreditwürdig gelten, ist eine andere Frage. Dafür gibt es dort ein riesiges Angebot an riesigen Wohnmobilen und Wohnwägen, weil das dort eben zur Kultur gehört. Deshalb wählen viele alte gebrauchte Wohnmobile oder Wohnwagen statt Häuser.

Gibt übrigens auch Millionäre, die im Luxuswohnmobil wohnen und keine feste Wohnung haben. So welche, die man in beide Richtungen auseinanderziehen kann.

Ist nicht eher das Problem, dass die, die arbeiten, keine Wohnung finden, weil wir viel zu viele Wohnungen an solche vergeben haben, die nicht arbeiten?

Ich habe die Zahlen jetzt nicht auswendig im Kopf, aber Berlin lebt zu einem erschreckend hohen Teil von Hartz IV und arbeitet nie. Dann besteht die Bevölkerung zu einem erheblichen Teil, weiß nicht mehr genau, weiß eigentlich niemand genau, so vielleicht ein Drittel aus Migranten. Die auch alle Wohnungen belegen.

Und dann wundert man sich, dass die Wohnungen knapp sind?

Warum verteilt man nicht #WirHabenPlatz-Aufkleber an die Leute, die Wohnungen suchen und nicht finden?