Die Bill of Rights
Etliche Leser schrieben mir,
dass die Engländer ja nicht nur die Magna Charta hatten, sondern vor allem auch die Bill of Rights. Ganz wichtig für Grundrechte.
Schön und gut, aber, wie auch in der großen Müllhalde zu lesen ist:
Die Bill of Rights (deutsch Gesetzesvorlage der Rechte) aus dem Jahr 1689 regelt die Rechte des englischen Parlaments gegenüber dem Königtum und gilt als eines der grundlegenden Dokumente des Parlamentarismus. Das Gesetz wurde am 16. Dezember 1689 vom Parlament verabschiedet.[1] Durch den hohen Rang der Bill of Rights hat in diesem Falle der juristische Terminus bill nicht mehr die geringere Bedeutung von „Gesetzentwurf“; er wurde vielmehr auch in den USA für ein grundlegendes Gesetzgebungswerk verwendet.
Ja. Schön. Regelt die Parlamente und deren Rechte.
Zum Inhalt:
Nach der Bill of Rights musste der König das Parlament in regelmäßigen Abständen einberufen und benötigte dessen Zustimmung zur Erhebung von Steuern und Abgaben, zur Anwendung der Folter sowie zum Unterhalt eines stehenden Heeres in Friedenszeiten. Darüber hinaus begründete das Gesetz die Immunität der Parlamentsabgeordneten: Sie genossen völlige Redefreiheit im Unterhaus und mussten sich für Vergehen künftig nur noch vor diesem selbst, aber nicht mehr vor dem König oder seinen Gerichten verantworten.
Die Bill of Rights stärkte die Rechte des Parlaments gegenüber dem Monarchen, enthielt jedoch nur zwei Bürgerrechte: Petitionen und Waffenbesitz. „By causing several good subjects being Protestants to be disarmed at the same time when papists were both armed and employed contrary to law“.[2] Das Recht auf Waffenbesitz entstand auf Druck der Whigs. Die Erfahrungen unter den Stuarts hatte ihnen gezeigt, wie verwundbar die englische Freiheit bei einer entwaffneten Bürgerschaft war.[3]
Schick. Zustimmung des Palamentes zur Anwendung von Folter erforderlich. Recht auf Waffenbesitz.
Sowas wie Meinungs-, Rede-, Wissenschafts-, Presse-, Reisefreiheit, Anspruch auf rechtliches Gehör und sowas stehen da auch nicht drin.
Gut, die sind bei uns auch nichts mehr wert, die Rechte haben wir auch nicht mehr oder hatten sie noch nie, aber zumindest mal thematisch gelernt. Wenn ich die Begriffe hier erwähne, wissen die meisten deutschsprachigen Leser, was ich damit meine. Außer Journalisten, die ja, wie oft beschrieben, den englischsprachigen Terminus „freedom of press“ von der deutschen Pressefreiheit nicht unterscheiden können, obwohl sie recht unterschiedliche Dinge meinen.
„freedom of press“ umfasst eher unsere Meinungs- und Redefreiheit, von der uns ja ZDF-Dunja Hayali belehrte, dass Redefreiheit hier auch nicht mehr Konsequenzenfreiheit bedeute. Reden kann man auch bei uns, aber man kommt halt dafür in den Knast oder sowas.
Wenn ich aber mit Australiern oder Amerikanern über sowas diskutiere, verstehen die erst mal nicht, wovon ich überhaupt rede, ich muss dann immer erst mal langwierig erklären, dass das bei uns anders ist.
Apropos anders: Einer schrieb mir dazu, dass wir die Grundrechte ja auch nicht gemacht hätten, sondern uns die Amerikaner sie nach dem zweiten Weltkrieg verschrieben hätten.
Falsch.
Die Grundrechte (und sogenannten „grundrechtsgleichen“ Rechte), wie sie heute im Grundgesetz stehen, sind weit überwiegend, fast vollständig und vor allem: fast wortgleich oder zumindest formulierungsähnlich aus der Paulskirchenverfassung von 1849 übernommen. Die sind eine urdeutsche Erfindung, obwohl man einen Zusammenhang mit der französischen Revolution und dem amerikanischen Bürgerkrieg nicht leugnen kann. Direkte Folge der Karlsbader Beschlüsse.
Man versucht das aber immer zu verdunkeln, weil die Grundrechte eben eine Erfindung derer waren, die man heute als „rechts“ bezeichnet: Vor allem der Burschenschaften.
Damals nämlich entstand der Krach, der bis heute anhält: Man wollte die arrogante Monarchie abschaffen, was in Frankreich gelang, in Deutschland schief ging. Zwei Gruppen stritten sich um die Nachfolge: Kommunisten und Freiheitliche. Kommt nicht von ungefähr, dass Marx sein Geschwurbel in der Zeit erstellt hat. Während die einen eine bürgerliche Freiheit wollten und die Grundrechte konstatierten, die sich dann erst rund 100 Jahre später nach dem zweiten Weltkrieg durchsetzten, wollten die Linken im Prinzip nur die Stelle der Monarchie einnehmen und sie durch eine Partei ersetzen. So wie die dann in Russland die Zarenfamilie erschossen haben und an deren Stelle die kommunistische Partei setzten. Daher kommt das, dass sich Putin auch heute noch wie ein Zar aufführt.
Man kann nicht von den Grundrechten des Einzelnen reden, indem man irgendwo einen Beschluss oder einen Vertrag wie die Magna Charta oder die Bill of Rights heranzieht, die zwar die Rechte der Monarchie beschränkten oder die Parlamente schufen. Freilich haben sie etwas mit Demokratie zu tun. Aber sie beschränken sich im Wesentlichen und vor allem darauf, Adel und Parlamente zu stärken, nicht den gemeinen Bürger.