Platzt gerade die Story vom Billig-Arbeiter?
Oder platzt gerade sogar Europa?
Die Engländer haben ja gerade so ein Problem. Brexit und Pandemie haben dazu geführt, dass wohl – ich habe es gelesen, aber ich habe es nicht so gut verstanden, dass ich es auch ohne weiteres glauben würde – jede Menge ausländischer Billigarbeiter wie vor allem LKW-Fahrer wegbleiben und die dort ihre Tankstellen, Supermärkte und so weiter nicht mehr befüllen können.
Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das interpretieren soll. Wie herum da die Kausalitäten liegen.
Mir ist aber ein Artikel in der TAZ aufgefallen, wonach einfach das Modell des Billigarbeiters vorbei sein soll.
Ach, so? Die ganzen LKW-Fahrer arbeiten jetzt alle als Zahnärzte und Architekten?
Das Problem liegt viel tiefer. Mehr als jedes andere Land in Europa verließ sich Großbritannien für seine ökonomische Transformation auf Osteuropa. Als die alten Industrien abstarben, konnten britische Unternehmen eine ganze Arbeitergeneration in Sozialhilfe und Rente abschieben und Millionen junge Billigkräfte aus dem Osten ins Land holen, um die neuen Dienstleistungsjobs zu übernehmen. Die Abgehängten rächten sich per Brexit-Volksabstimmung. In der Coronapandemie fielen dann viele dieser Arbeitsplätze weg, viele europäische Arbeitsmigranten gingen. Nun brummt die Wirtschaft wieder, und in Großbritannien gibt es fast zwei Millionen offene Stellen.
Bei den Lkw-Fahrern ist der Brexit nur ein kleiner Teil des Problems: 15.000 Lkw-Fahrer aus dem Ausland haben Großbritannien verlassen, aber 100.000 fehlen. Auch in Deutschland gehen doppelt so viele Lkw-Fahrer jedes Jahr in Rente wie neue dazukommen. Ganz Europa verlässt sich auf unsichtbare Billigarbeiter, die alles am Laufen halten. Doch das ist ein Auslaufmodell. Immer weniger Menschen sind zu schlecht bezahlter Knochenarbeit bereit, während zugleich der Bedarf steigt. Europas Bevölkerung schrumpft, und die Arbeitsmobilität nimmt zugleich ab.
Das würde ich schon verstehen und nachvollziehen können, aber die Konsequenzen daraus nicht.
Denn ständig wird uns doch erzählt, dass wir auch niedrigqualifizierte Zuwanderer für eben diese ganzen niedrig bezahlten Einfach-Jobs bräuchten. Was machen wir denn dann mit denen, wenn das mit den Billigjobs nicht mehr läuft?
Zahlen wir dann auch Analphabeten Akademiker-Gehälter? Womit dann jeder der Dumme ist, der noch studiert und sein Spitzengehalt dann erst später bekommt?
Oder studieren die dann alle Philosophie?
Ich kann mir schon vorstellen, dass das in England gerade so läuft, wie die das beschreiben.
Ich tue mir aber schwer damit mir vorzustellen, wie das dann bei uns in Zukunft laufen soll. Ich habe auch generell nicht verstanden, wie diese ganze Mindestlohndiskussion funktionieren soll, weil mir nicht einleuchtet, wie dann noch jemand arbeiten können, müssen oder sollen soll, dessen Arbeitsleistung schlicht nicht ausreicht, den Mindestlohn zu erwirtschaften.
Es lässt sich außerdem absehen, dass sich der LKW-Verkehr in den nächsten 10 oder 20 Jahren, vielleicht schon früher, grundlegend ändern wird. Man wird große, noch für einige Zeit mit Diesel betriebene LKW für den Fernverkehr auf der Autobahn haben, die autonom oder ferngesteuert fahren. Und den kleinen innderstädtischen Lieferbetrieb mit elektrischen Fahrzeugen.
mir ist nicht ganz klar, wie das alles zur Flüchtlingserzählung passen soll.