Gestern nachmittag war ich – hundemüde – zum ersten Mal auf der Expo 2020 in Dubai. Ein paar erste Eindrücke.
In Dubai neigen sie ja etwas zur Gigantomanie. Da dachte ich mir, für eine Expo wäre das doch sicherlich genau das Richtige. Stimmt.
Dubai ist ja in den letzten 20,30,50, 70 Jahren enorm gewachsen, vom kleinen, unbedeutenden Wüstenkaff, das ein bisschen mit Gold handelt, zu einer Metropole mit dem höchsten Gebäude und einem der größten Flughäfen der Welt. Sie bauen und bauen und bauen … und bauen vielleicht auch zuviel. Als ich das letzte Mal hier war, stand noch in der Zeitung, dass die Immobilienpreise auf die Hälfte gestürzt seien und man einige Bauprojekte vorerst eingestellt habe, weil sie sich nicht verkaufen ließen. Ich habe das schon erlebt, dass man in den Einkaufszentren an den Ramschständen zwischen den Läden nicht nur Wundernagelfeilen, den neuesten Nagellack und Sonnenbrillen feilgeboten bekommt, sondern auch Eigentumswohnungen. Es gibt hier unzählige Wolkenkratzer und alles sieht mehr oder weniger luxuriös aus, aber oft auch planlos, einfach irgendwohin gestellt. Deshalb geben sie sich seit einiger Zeit große Mühe, Neubaugebiete und aufgeschüttete künstliche Inseln sauber geplant wirken zu lassen, ihnen geometrische Muster zu geben, sie im Kreis anzuordnen und einen Park oder sowas in die Mitte zu setzen, Ensembles zu bauen. Und auch nicht mehr nur Hochhäuser.
Und jedes Mal muss wieder ein Stück Wüste dran glauben. Und nun haben sie wieder ein großes Stück abgeknapst um die Expo zu bauen.
Der positive Eindruck
Also, das haben sie wirklich schön hinbekommen. Man merkt, dass sie sich da ziemlich viel Mühe gegeben haben, das sieht alles sehr schön, sehr sauber, sehr angenehm aus.
Ein riesiges Gelände, weiter draußen, man fährt am besten mit der Metro, einige der Züge der rote Linie fahren direkt dorthin, man fährt aber vom Altstadtbereich aus schon über eine Stunde, bis man da draußen ist. Was nicht schlimm ist, denn die Metro ist selbstverständlich klimatisiert und blitzeblank sauber. Und sehr sicher, zumal sie überall Security-Leute haben. Das ist hier so. Viel Personal, viel Security, dafür sehr sauber, sehr sicher.
Und da haben sie nun ein riesiges Areal, das sich relativ einfach beschreiben lässt. Es gibt einen Metro-Bahnhof, an dem man ankommt, den Eingangsbereich und auf dem Gelände dann viele Veranstaltungsorte wie Musikbühnen und dergleichen, dann Toilettenanlagen und was man zur Versorgung so braucht, wie Restaurants und Minisupermärkte, und dann ganz viele dieser Pavillons der teilnehmenden Staaten (kurioserweise ist Deutschland doppelt vertreten, nämlich als Germany und zusätzlich Baden-Württemberg als bisher einziger Pavillon, den ich von einer Teileinheit eines Staates gesehen habe), wobei die unterschiedlich ausfallen. Je nachdem, wieviel Geld man hat. Manche stellen da ganze Gebäude in der Größenordnung eines Kaufhauses hin, Andere mit weniger Geld haben vielleicht nur eine Etage in der Größe eines kleinen Klamottenladens. Andere machen was zum Erleben, mit Effekten, zum Ausprobieren, oder bieten Restaurants an oder Läden.
Manche haben riesige Videoleinwände und zeigen die Supershow, andere mehr so eine Art bescheidene Ausstellung oder eher sowas wie ein kleines Museum. Mal mehr, mal weniger Geld dahinter.
Da geht man dann rein (wenn man denn reinkommt, siehe unten), und guckt sich einfach an, was die zeigen. Jeder stellt sich halt dar, wie er sich darstellen will. Israel hat – in einem muslimischen Land – eine riesige Disco-Tanzbühne für jedermann. Die machen da abends Stimmung mit Abtanzen.
Wozu das ganze gut ist?
Eigentlich für gar nichts, außer vielleicht etwas Tourismus zu fördern, aber das ist auch die falsche Frage.
Es geht darum, einfach einen (reicht nicht) oder mehrere Tage zu verbringen und sich einfach anzuschauen, was es gibt. Der Lebensstil ist hier auch etwas anders. Man fragt nicht immer nach dem Nutzen. Manchmal fragt man einfach nur, ob man einen schönen Tag hatte.
Und das haben sie gut hinbekommen. Man geht hin und hat seinen Spaß daran, sich anzuschauen, was es zu sehen gibt. Nicht mehr, nicht weniger.
Irgendwas negativ?
Kaum etwas.
Was mich gestern gestört und überrascht hat, war, dass so viele Leute da waren und man eigentlich fast nirgends reinkam, ohne ewig lange anzustehen. Selbst vor den Getränkeläden lange Schlangen. Ich hatte eher die Erwartung eines Besuchermangels, zumal ich über die Besuchermailingliste, auf die ich mich schon vor weit über einem Jahr, vor dem ursprünglichen Termin eingetragen hatte, als Sonderangebot die Monatskarte zum Preis einer Tageskarte bekommen habe und neulich noch eine Mail bekam, wonach ich automatisch beim dritten Besuch einen Restaurantgutschein bekäme. Ich glaube, der war sogar mehr wert als der Eintrittspreis.
Dann aber steht man da lange an, weil proppenvoll, und das mitunter eben auch in der Hitze bei weit über 30 Grad und der harten Mittagssonne von Dubai.
Ich bin dann im sehr aufwenig gemachten Pavillon von Saudiarabien gelandet, tolle Videowände und geile Bilder, und habe mich dann auch mit den Saudis unterhalten. Sie fragten, ob ich nicht mal zu einem Besuch nach Saudiarabien kommen wolle, sie hätten weit mehr zu bieten als nur die Wüste, obwohl alle glauben, Saudiarabien bestünde eben nur aus der Wüste. Sie zeigen auf ihren Videoleinwänden beeindruckende Naturbilder. Aber auch erstaunliche, weil sehr geometrische Fotos von der Hadsch in Mekka, Gläubige sehr symmetrisch und regelmäßig um die Kaaba, aufgenommen von der Drohne direkt darüber. Ich sprach an, dass man sie in Europa primär nicht als den Wüstenstaat ansieht, der auch mal seine grünen Landschaften zeigt, sondern dass sie in Europa vor allem an der Rechtslage, auch der Frauen wahrgenommen und diskutiert werden. Ich wollte eigentlich nur Anwort auf die Frage und etwas PR-Feedback geben, aber sie hielten mich gleich für einen Frauenrechtler. Ach, das sei ja alles schon viel besser, und Frauen seien viel freier, man habe das erkannt und arbeite sehr an sich, und die Grundregel sei ja sowieso, dass es nur darauf ankomme, andere nicht zu stören. Man könnte da ohne weiteres mit seiner Freundin rumlaufen (ob die Freundin auch alleine rumlaufen kann, wäre eine andere Frage), da würde niemand etwas sagen und so. Ich solle doch unbedingt mal nach Saudi kommen.
Sie fragten auch, wie es mir so gefalle. Ich sagte, es gefällt mir sehr gut, nur die langen Schlangen durch die vielen Leute fände ich etwas ärgerlich.
Naja, sagten sie, ich sei am falschen Tag da, es seien gerade sehr viele Leute da, weil ein lokaler Feiertag ist. Am besten käme ich am Montag, da wäre am wenigsten los.
Da ging mir erst das Licht auf, dass ich einen enormen taktischen Fehler begangen hatte. Ich habe einfach irgendeinen preisgünstigen Termin angeklickt, der mir vom Reiseportal günstig angeboten wurde, und nicht auf die Wochentage geachtet. Nun bin ich Feiertag-Freitag-Samstag-Sonntag-Montag hier, mit Freitag-Samstag-Sonntag also den islamischen, den jüdischen und den christlichen Feiertag, einschließlich Wochenende, also fast nur hochfrequentierte Tage. Ich hätte Sonntags anreisen und dann Montags bis Freitags auf die Expo gehen sollen.
Nächstes Mal werde ich beim Buchen denken – falls ich dran denke.
Sorry, mehr gibt’s gerade nicht, weil ich einerseits lieber wieder auf die Expo fahren würde, als mittags im Hotelzimmer am Computer zu sitzen und zu schreiben. Und weil in einem der anderen Hotelzimmer gerade irgendein Ehekrach stattfindet und die Tussi gerade gar zu übel und schrill rumschreit. Fotos auch erst mal grob ausgewählt und unbearbeitet, zumal man schön fotografieren kaum kann, ist alles voller Leute, die ständig überall rumlaufen und rumstehen, und mit Fotorechten von Menschen ist das hier so eine Sache.
Bilder heute abend, mir reicht gerade die Zeit nicht.