Von der Fotografie und Alter im Allgemeinen und ein bisschen der Nikon Z9 und der Unfotografierbarkeit der Expo im Besonderen
Leser fordern – Danisch antwortet.
Ich weiß, ich weiß. Es mag manchen Lesern zum Hals raushängen, dass ich dann und wann etwas über Fotografie schreibe.
Es gibt aber auch andere.
Ein Leser, von dem ich allerdings weiß, dass er Fotograf durch und durch (und im Hauptberuf was ganz anderes) ist, schreibt:
Lieber Hadmut,
mal etwas anderes. Was macht die Fotografie?
Ich bin zwar nicht nach Deinen Texten süchtig, lese sie trotzdem gerne. Andere Ansichten können hilfreich sein.
Bestimmt hast Du schon von der Z9 gehört und gelesen.
Nun habe ich fast die Hälfte meines Linsenquipments verhökert und die Z9 bestellt.
Ich bin gespannt wie ein kleines Kind vor Weihnachten.Wenn die Z9 das bringt was ich mir vorstelle, dann gehen noch ein paar andere Bodies und Linsen in den Verkauf.
Mein Ziel: Z9 + 100-400 und 24-120, ggf das 70-200 für schlechte Lichtsituation in Kirchen (Hochzeit, Kommunion etc.)
Mittlerweile sind die Zoomlinsen so gut, dass Festbrennweiten für mich einen geringeren Stellenwert haben.
Und so bleibt am Ende vermutlich nur noch das Superbere und das 105er Makro.
Dem möchte ich widersprechen. Dazu unten mehr.
Zunächst muss ich sagen, dass die Fotografie bei mir seit zwei, drei, vier Jahren eigentlich fast gar nichts mehr macht, Zeitmangel und Corona-Lock-Down. Und ich gerade versuche, aus dem Dornröschenschlaf wieder aufzuwachen (und ich verbitte mir da jetzt wirklich jede Bemerkung über wachküssende Prinzen als völlig unangebracht).
Also, nicht ganz, ich habe mich natürlich schon deutlich mit Videokonferenzen und der Frage beschäftigt, wie ich es mache, damit mein Bild im Meeting von x Leuten immer besser aussieht als das aller anderen, und wie ich in meinem Schulungen die Sache mit den Schulungsfolien und so weiter besser rüberbringe, denn bisher habe ich die immer in Seminarräumen persönlich gehalten, und das ist eben etwas ganz anderes, neben dem Beamer zu stehen und den Leuten persönlich einen zu erzählen, als sie zwei Stunden in einer Videokonferenz wach zu halten. Vor allem, wenn sie dann Bild und Ton abdrehen („mute“), damit es nicht stört, und man dann aber auch nicht merkt, ob sie überhaupt noch da sind und zuhören.
Das waren mehr so Themen, mit denen ich mich beschäftigt habe, und ein bisschen Ausrüstung ergänzen, aktualisieren.
Ich habe inzwischen von meiner alten Nikon-Ausrüstung mit D800/D300s auf Z6/Z50 umgestellt – und mich tierisch geärgert, weil ich die Z6 wegen des fehlenden SD-Kartenslots ja eigentlich überhaupt nicht kaufen wollte, dann aber wegen Corona meine eigene unumstößliche Entscheidung umgestoßen habe, und dann 3 Wochen später die Z6 II angekündigt wurde, die auch einen SD-Slot hat, und nicht nur diesen für die sündhaft teuren XQD/CFExpress-Speicherkarten, für die sie Mondpreise verlangten, was vor allem deshalb unverständlich ist, weil das technisch auch nichts wesentlich anderes als eine NVMe-SSD im Gehäuse ist. Ich habe inzwischen sogar einen Adapter, um externe NVMe-SSDs anzuschließen, das Problem ist nur, dass man die Klappe am Kartenslot dann weder schließen noch abnehmen kann. Inzwischen sind die Preise etwas gesunken und die nicht mehr viel teurer als die teuersen SD-Karten, womit ich dann etwas meinen Frieden damit gemacht habe, denn die Vorteile der weitaus höheren Geschwindigkeit sind durchaus gegeben. Mit der D800 habe ich nämlich keine guten Panorama-Aufnahmen hinbekommen, weil mit dem Nodalpunktadapter und Bracketing für HDR soviel Bilddaten anfallen, dass die mit den normalen Speicherkarten einige Zeit brauchte, bis die geschrieben waren und man weiter fotografieren konnte, und dann die Wolken und sogar das Licht sich schon verschoben und verändert hatten, bis man mit der Kamera einmal um 360° außenrum ist.
Die Sache hat aber noch einen ganz anderen Punkt.
Ich werde alt. Ich bin alterssichtig, das heißt, ich brauche im Nahbereich eine Lesebrille, ohne geht da nichts mehr. Was mit einer normalen Digitalspiegelreflex sehr lästig ist, weil ich nicht gerne mit Brille durch den Sucher gucke, sondern den Dioptrienausgleich einstelle. Dann aber kann ich ohne Brille die angezeigten Bilder nicht mehr scharf erkennen und die Menüs nicht mehr lesen, muss also ständig die Brille auf- und abziehen. Katastrophe.
Mit dem Digitalsucher der spiegellosen habe ich das Problem nicht, weil ich da das gerade gemachte Foto oder die Menüs auch im Digitalsucher sehen kann und dabei den eingestellten Dioptrienausgleich statt der Brille nutzen kann, die Brille also nicht ständig auf- und abziehen muss. Das ist eine erhebliche Erleichterung.
Auch wenn ich zwei, drei Objektive mit den neuen Z-Kameras nicht mehr nutzen kann, weil noch mit mechanisch angetriebenem Autofokus (ich schmeiß die alten Kameras ja aber auch nicht weg), empfinde ich das als erheblichen Fortschritt.
Ein zweiter Punkt ist, dass ich inzwischen Probleme mit Rücken und Bandscheiben habe. Informatikerkrankheit, über die Jahrzehnte kaputtgesessen, obwohl ich auch gemerkt habe, dass eine Hauptursache meiner Rückenschmerzen gar nicht mal das Sitzen war, sondern dass ich jeden Tag mit einer Umhängetasche diagonal über der Schulter, damit man sie mir nicht so leicht von der Schulter reißen kann, zur Arbeit gegangen bin. Die einseitige, schräge Belastung.
Seit Corona und Home Office haben sich meine Rückenschmerzen deutlich abgemildert und meine Beschwerden deutlich reduziert. Auch ein Punkt, warum ich über Corona recht froh war.
Früher habe ich da gerne eine dicke Ausrüstung mit mir rumgeschleppt. Eine D800, dazu das 24-70/2.8, das 70-200/2.8 und ein Samyang-Fisheye als formatfüllendes Superweitwinkel, das alles in einer Tenba Messenger-Fototasche, plus Kleinkram wie Filter, Reinigungszeug, Ersatzakkus, ein Putzlappen, damit war ich beladen wie ein Packesel, aber glücklich. Ich war vor Jahren in den Emiraten Sharjah und Abu Dhabi, und habe die Ausrüstung in Sharjah (deutsch: Schardscha) ohne es negativ zu merken laut meinem Hand-GPS-Tracker dort in dreieinhalb Tagen über 120 km rumgetragen. Das fand ich eigentlich ganz wunderbar, so mit der Kamera und verschwitzt in der Hitze durch arabische Viertel und die Souqs zu ziehen, die Gewürze zu riechen und die Farben der Früchte und der Pantoffeln in den Auslagen zu sehen, und sich dabei so ein ganz kleines bisschen wie Indiana Jones zu fühlen.
Geht nicht mehr so. Die Knie machen die Strecken nicht mehr mit, und der Rücken diese Fotoausrüstung.
Was auch einer der Gründe war, warum ich auf die Expo bin. Eine Art Testlauf, weil ich ja, wie erwähnt, das Gefühl hatte, das Fotografieren völlig verlernt zu haben.
Wegen Rücken hatte ich da dann erstmals keine Umhängetasche, sondern einen Fotorucksack dabei. Ich mag die Dinger eigentlich nicht, weil ich sie zu umständlich finde, jedesmal auf- und absetzen muss, und vor allem am Rücken dabei fürchterlich schwitze und in kürzester Zeit davon auch übel stinke. Dazu unten mehr.
Und ich habe statt der großen, dicken Ausrüstung nur die kleinere, viel leichtere Nikon Z50 mitgenommen und dazu kleinere, leichtere, billigere Objektive, überwiegend aus Plastik und für das kleinere Bildformat (Nikon: „DX“) gefertigt, um damit den ganzen Tag herumlaufen zu können. Dazu unten mehr.
Nikon und das Z-System, und die Z9
Ich war mir ja nicht sicher, ob Nikon es durch die Kamerakrise schafft, zu der ja auch noch die Corona-Krise samt Absatzeinbruch und Lieferschwierigkeiten kam.
Der Kameramarkt schrumpft, einige haben schon aufgegeben, und das muss man sagen, Nikon hat sich durch Arroganz, Überheblichkeit und miserables Produktmanagement auch weit hinter Canon, Sony, selbst Panasonic ins Abseits manövriert, tauchte in manchen Herstellerstatistiken schon gar nicht mehr auf.
Dazu haben sie einigen Schrott produziert.
Ich hatte die Nikon 360°-Action-Kamera, die faktisch unbrauchbar war.
Ich hatte vor Jahren mal (damals zur Reise auf die Malediven) eine wasserdichte Kamera zum Schnorcheln gesucht, und mir eine Nikon 1 AW1 bei Saturn gekauft, weil Nikon mit der Nikonos einen Namen für seetaugliche Kameras hatte und da eine seewasserfeste Kamera im Angebot hatte, und eine Sony Action Cam.
Beides Schrott. Das einzig positive, was ich zur Nikon 1 AW1 sagen könnte, ist, dass sie tatsächlich seewasserfest ist. Fotografisch eine Katastrophe. Genauso die Sony Action Cam. Da hätte ich genauer lesen sollen. Denn die war zwar eigentlich gut, aber das – vermeintliche – Unterwassergehäuse, das aussah, wie ein Unterwassergehäuse, gar kein Unterwassergehäuse war, sondern nur ein Staub- und Spritzschutzgehäuse, das für das Wasser nicht geeignet ist. Beachtlicherweise hielt es zwar völlig dicht, aber die Aufnahme allesamt unbrauchbar, weil die Frontschreibe des Gehäuses gewölbt ist, und das optisch nur funktioniert, wenn auf beiden Seiten Luft ist. Im Wasser wirkt es wie eine Linse, und alles war unscharf. Da war ich sauer. Ich hatte mir zwar damals auch noch vorsichtshalber eine GoPro Hero 4 gekauft, von der ich sagen kann, dass sie wirklich tadellos funktioniert und die Erwartungen nicht nur er-, sondern übererfüllt hat, aber da habe ich mich dann blöd angestellt. Ich hatte mir nämlich extra eine Taucherbrille mit GoPro-Halterung gekauft und die da draufgeschraubt. Und musste dann bei einem Schnorchelausflug mit den Taiwanesen mit ansehen, wie die fette Taiwanesin, die überhaupt nicht schwimmen konnte und das Prinzip nicht verstanden hatte, nicht flach im Wasser lag, sondern senkrecht auf den Korallen herumtrampelte und mit ihren Flossen eine Schneise der Vernichtung hinter sich herzog wie Godzilla. Ich fand es schrecklich, dachte aber, ich hätte wenigstens die Youtube-Godzilla-Aufnahmen des Jahres gemacht.
Aber, ach. Ich hatte ein Detail nicht bedacht. Wenn ich auf Schnorchelatmungstiefe schnorchle, dann sind meine Augen zwar unter Wasser, aber eine GoPro, die oben auf die Brille geschraubt ist, die ist über Wasser. Während ich also unten den großen Korallentod durch Godzillas Frauenquote beobachten konnte, nahm die Kamera oben fast nur den Meeresspiegel mit sanften Wellen auf. Während unten Godzillas Tochter wütete, sah man oben nur die Sonne und ihren Schnorchel.
Scheiße.
Nicht wiederholbar.
Und die AW1 hatte auch nur Mist produziert. Immerhin wasserdicht.
Ich hatte mir zwar dann so als jeden-Tag-Kamera noch eine Nikon 1 J5 gekauft, weil sie wirklich sehr klein und praktisch war, und noch Objektive dazu, aber die Ergebnisse waren qualitativ einfach mies, und die Kamera für vieles zu langsam. Die Peinlichkeit schlechthin war ja, dass man sie als 4K-Videokamera angepriesen hatte, die dann aber nur 15fps konnte. Klar, weil die Rechenleistung auf FullHD mit 60fps ausgelegt war, das Marketing dann aber unbedingt 4K draufschreiben wollte und 4K eben viermal so viele Pixel wie FullHD hat, also viermal soviel Rechenleistung braucht und damit nur ein Viertel der Bildrate hinbekommt.
Äußerlich eine hübsche, praktische Kamera, aber einfach Schrott. Das Nikon-1-System ist ja auch sang- und klanglos gefloppt.
Ich war schon überzeugt, dass Sony Nikon einfach abgehängt hat, weil Sony sich stur – und aus der Notwendigkeit der Außenseiterposition – auf das ursprünglich belächelte spiegellose System konzentriert und damit einen Knaller gelandet hat. Und Canon das durch Größe und deren andere Geschäfte abfängt, während Nikon drauf geht. Nikon ist zwar bei den Profis angesagt, aber das nötige Geld macht man im unteren Preissegment, wo man viele Kameras verkauft.
Insofern war die Einführung des Z-Systems Nikons Befreiungsschlag im letzten Augenblick.
Ich habe dem Ding auch nicht getraut und mir erst mal die günstige Z50 gekauft, zum Probieren, schlechte Meinung bilden und Kompatibilitätstest, um dann erstaunt festzustellen, dass Nikon seit langer Zeit erstmals wieder eine Kamera hinbekommen hat, die mir richtig Spaß macht. Ich finde die Nikon-Menüs zwar immer noch unübersichtlich und grotek fragmentiert und unlogisch, und musste schon öfters auf dem Handy Googeln, in welchem verdammten Menü ich jetzt was finde, und habe auch mit D800 und D300s schon viele Bilder vermurkst, weil die Einstellungen so katastrophal sind und ich nicht gemerkt habe, das Bracketing noch nicht wieder abgeschaltet zu haben, aber trotzdem macht mir die Z50 einfach richtig Spaß.
Deshalb hatte ich mir entgegen meiner ursprünglichen Entscheidung, niemals eine Z6/Z7 wegen des fehlenden SD-Kartenslots zu kaufen (ich hatte mich ernsthaft gefragt, wie man so einen Scheiß produktmanagen kann, seit Jahren haben sie Profikameras mit zwei Slots, und dann bringen sie ein neues System auf den Markt, für das man die Speicherkarten kaum bekommt und dann um die 500 Euro pro Karte zahlen muss.) Aus Corona-Langeweile und wegen des Spaßes mit der Z50 habe ich mir dann doch eine Z6 gekauft, und es drei Wochen später dann für eine Weile bitter bereut, weil sie dann die Z6 II mit zweitem Slot für SD-Karten angekündigt hatten. Ansonsten ist sie aber gut.
So ganz sicher war ich mir aber nicht, ob nicht doch Sony die bessere Wahl wäre, weil auch die ihre Vorteile haben und mir Sony als Firma überlebensfähiger erscheint.
Dazu kommt noch ein technischer Aspekt: Spiegellose Kameras haben ein viel niedrigeres Auflagemaß (Abstand zwischen Bajonett und Sensor, also die Entfernung vom Bajonett, in der das Objektiv scharf abbildet) als die alten Spiegelreflexkameras. Deshalb kann man alte Objektive mit Adapter an neuen Kameras verwenden, aber nicht umgekehrt. Weil man ein größeres Auflagemaß (also größeren Abstand) durch einen Adapter auffüllen kann, das Objektiv verlängern, aber nicht umgekehrt.
Deshalb gibt es inzwischen einige Adapter, um alte Objektive nicht nur innerhalb der Hersteller, sondern auch Herstellerübergreifend an andere anschließen kann. Ich habe zum Beispiel einen Adapter, um Nikon-F-Objektive an Sony-E-Kameras zu verwenden. Mechanisch OK, elektronisch etwas dubios, mitunter geht dann der Phasenautofokus nicht mehr, nur noch Kontrastautofokus, aber grundsätzlich ja.
Und ich habe sogar einen Adapter (Megadap, der passt auch an die Z50), mit dem man Sony-E-Objektive an Nikon-Z-Kameras anschließen kann, obwohl da der Unterschied nur 2 mm beträgt. Die haben es halt geschafft, einen Adapter samt Elektronik auf 2 mm zubauen, weil das Nikon-Z-Bajonett auch viel weiter als Sony-E ist. Weshalb ich schon überlegt und es auch gemacht habe, manche chinesischen Brachialobjektive für Sony-E, statt für Nikon-Z zu kaufen, weil sie dann an beiden funktionieren.
Die neue Objektivlust
Im Gegensatz zu dem Leser nämlich, der mir oben schrieb, sehe ich das etwas anders. Ich stimme ihm zwar zu, dass die Zoom-Objektive inzwischen so gut sind, dass man die Festbrennweiten nicht mehr zwingend braucht, und reis(t)e eben leidenschaftlich gerne mit dem 24-70/2.8 und 70-200/2.8 (das 14-24/2.8 habe ich auch, das ist aber zu groß und schwer zum Reisen).
Es gibt nun aber den Umstand, dass einige fernöstliche, vorwiegend, aber nicht ausschließlich chinesische Hersteller wie Samyang, 7Artisans, TTartisans, Venuslens/Laowa usw. ganz erstaunliche Optiken anbieten zu teils sogar richtig lächerlich niedrigen Preisen. Dafür meist ohne Elektronik und ohne Autofokus. Und die sind oft, meistens, nicht immer, für die kleinen Sensoren auf APS-C-Größe und die niedrigeren Auflagemaße der spiegellosen Kameras gerechnet. Sprich: Man bekommt sie für Fuji-Kameras, für die kleinen Kameras der Sony-E-Serie und manchmal auch für Nikon Z.
Damit kann man für kleines Geld großen Spaß haben, wenn man bereit ist, wie anno dunnemals so ganz manuell zu fotografieren. Naja, nicht ganz, weil die digitalen Sucher mit ihren elektronischen Sucherlupen und den automatischen Schärfeanzeigen im Bild das natürlich ernorm erleichtern. Dafür kommen die TTartisans schon in einer Verpackung, die aussieht, wie per Zeitmaschine aus den 50er Jahren angeliefert. In den Fototests verlieren sie in Anforderungen wie Randschärfe deutlich gegen die Objektive der Originalhersteller, aber die kosten dann auch mal das Zehnfache. Und schlecht schneiden sie dann auch nicht ab.
Ist halt was für eine Fuji, eine Sony-Alpha 6×00, oder eine Nikon Z50 (ggf. mit Adapter).
Nikons unerwarteter Erfolg
Und dann passierte etwas, womit ich nicht gerechnet habe.
Nikon scheint im letzten Augenblick die Kurve zu kriegen.
Ich hatte neulich noch über die Z fc, gespottet, die eine Z50 im Retro-Gewand ist, und mich gefragt, wer das kaufen soll, weil sie ja kaum mehr kann als die Z50, aber teurer und schwerer ist, und mit alten Objektiven nicht umgehen kann, jedenfalls nicht per Autofokus.
Erstaunlicher Irrtum meinerseits. Es heißt, die Z fc gehe weg wie geschnitten Brot.
Womit ich nämlich auch nicht gerechnet hatte, wie gut die von den chinesischen Billigherstellern unterstützt wird, und man da sogar die Objektive speziell für die Z fc in silber statt schwarz anbietet, und man plötzlich für überschaubares Geld wieder wie in den 50er Jahren, aber digital fotografieren kann. Kommt offenbar gut an.
Ebenso bei der Z9. Die ist sicher toll, kommt aber von den Zahlenwerten auch nicht über die Alpha 1 von Sony hinaus, die aber nur halb so groß aussieht. Zumal eine Z9 6000 Euro kostet, nur das Gehäuse. Kann man sich das heute noch leisten? Und dann so einen großen, schweren Brocken?
Immerhin, sie bringt den Paradigmenwechsel, den ich beschrieben habe: Extrem hohe Bildfolgeraten und 8K-Videos mit 60fps.
Man fotografiert nicht mehr. Man nimmt bei Sport oder Politereignissen einfach alles auf 8K Video auf und sucht sich dann ein schönes Bild mit dem optimalen Lächeln heraus. Bei 60fps ist alles drauf. Bei niedrigerer Auflösung kann sie auch 120fps. Jedes Kanzlerzucken in Zeitlupe.
Es heißt, die Branche sei schier fassungslos ob der blanken Zahl der Vorbestellungen. Obwohl die Kamera noch nicht verfügbar ist und außer ein paar Testern und Olympia-Fotografen mit Vorserienmodellen die noch niemand gesehen, geschweige denn ausprobiert hat, ersäuft Nikon schier in Vorbestellungen. Irgendwo stand, dass die Zahl der Vorbestellungen längst das Zwölffache der geplanten Monatsproduktion überschritten habe, sie also für über ein Jahr Produktion schon ausverkauft wären, wenn sie die Produktionskapazität nicht erhöhen.
Erstaunlich, aber der Laden scheint wieder zu brummen, trotz Kamerakrise und Corona, indem man sich die richtigen Nischen gesucht hat.
Trotzdem erwartet man ein „Gesundschrumpfen“, denn nicht wenige gehen davon aus, dass der untere Kameramarkt wegen des Erfolgs der Handys einfach zusammenfallen wird. Endlose Kamerareihen bei Mediamarkt und Saturn wird es dann nicht mehr geben. Manche rechnen damit, dass Nikon jetzt noch die letzten Schritte unternimmt, um ihr Portfolio auf das spiegellose Z-System umzustellen, jetzt also ihr neuestes Flaggschiff auf Z haben, es fehlt noch was billiges aus Plastik nach unten, und dann die gesamte Liste an Spiegelreflexkameras einfach streichen wird, weil die sich straffen müssen. Merkt man auch daran, dass sie gerade alte F-Objektive aus dem Programm nehmen und mit Hochdruck ihre Palette an Z-Objektiven aufbauen.
Viele der China-Hersteller bieten erst gar nicht mehr für Spiegelreflex an, sondern nur noch für Spiegellose, und auch von Drittherstellern wie Sigma und Tamron heißt es, sie seien gerade dabei, ihre Objektive auf spiegellose Kameras umzustellen. Funktioniert zwar auch mit Adapter, verschenkt aber Raum und Potential. Besser, man rechnet sie für das geringere Auflagemaß ganz neu.
Und so scheint Nikon die Kurve nach starken Verlusten im letzten Augenblick doch noch gekriegt zu haben.
Mein Fotografieerwachungserlebnis auf der Expo 2020
Ich bin da also losgezockelt, und habe meine eigentlich typische Standardausrüstung eingepackt, nur kleiner, leichter, billiger. für DX-Format. Also
- statt dem 24-70/2.8 das klitzekleine leichte Kit-Objektiv Z DX 16-50/3.5-6.3. Multipliziert man das mit der Faktor 1.5 für den kleineren Sensor, kommt man wieder auf 24-75. Also vergleichbar, nur lichtschwächer.
- statt dem 70-200/2.8 das Z DX 50-250/4.5-6.3
- als Weitwinkel noch ein AF-P 10-20mm/4.5-5.6 mit FTZ-Adapter
- statt meines üblichen Samyang-Fisheye für Nikon-F ein 7artisans 7.5mm/2.8 Fisheye direkt für Nikon Z DX. Schwer, aber sehr k lein und kompakt
Damit – dachte ich – sei ich gut gerüstet für alles, was da kommen möge.
Dachte ich.
Dann stand ich auf der Expo und dachte: Scheiße. Wieder mal.
Weil sich sämtliche Objektive, die ich da eingepackt hatte, als völlig untauglich für die Expo erwiesen. Nutzlos.
Warum?
Weil auf der Expo schon mal sehr wenig zu fotografieren gibt. Von außen sind es halt Messehallen und von innen oft nur riesige Videopräsentationen. Womit will man die fotografieren? (Antwort: Mit einer 360°-Kamera.)
Alles ist plakativ riesengroß, aber alles sieht man nur auf kurze Distanz. Und wenn man nicht tausend Leute vor sich im Bild stehen haben will, muss man nah ran.
Und damit versagen die Objektive, die ich da eingepackt hatte, komplett. Es gibt auf der Expo einfach fast nichts, was man mit diesen Brennweitenbereichen fotografieren kann. Alles ist groß und man kann nicht weit weg. Man muss riesige Dinge aus kurzer Entfernung fotografieren.
Das einzige, dieser Objektive, das das könnte, wäre das Fisheye gewesen.
Während ich sowas bei Landschaften und gerade ausgerichtetem Horizont sehr gerne einsetze, wird es dort zur Katastrophe. Weil nämlich auf der Expo und seinen künstlichen, plakativ aufgebauten Pavillons und Ausstellungen die gerade Linien dominieren. Es gibt unglaublich viele gerade Linien auf der Expo. Es gibt eigentlich nichts ohne gerade Linien.
Und wenn man die mit einem Fisheye fotografiert, erfasst das zwar auch kurzem Abstand das nötige Bild, aber die Linien sind alle gebogen. Nach dem dritten Bild würde der Betrachter entweder kotzen oder die Webseite wechseln.
Die unerwartete Rettung
Ich hatte mir vorher ein Spielzeug gekauft. Ein Laowa 9mm/2.8. Für APS-C-Sensoren. (Nicht verwechseln mit dem 9mm/5.6 für Vollformat, das haben sie auch.) Nicht billig, und damals auch nicht für Nikon-Z lieferbar, also für Sony E bestellt, weil es dann mit Adapter an beidem geht.
Ich hatte es eigentlich nur eingepackt, damit ich für den Fall der Langeweile, falls ich nach 2 Tagen mit der Expo durch wäre, was zum Spielen und Ausprobieren dabei hätte.
Das Ding ist nämlich gnomonisch.
Verzeichnungsfrei.
Das heißt, das Ding bildet gerade Linien auch als gerade Linien ab. Ein starkes Weitwinkel (9mm x 1,5 entspricht etwa einem 14mm Weitwinkel an Vollformat), das trotzd es nur 1mm Unterschied sehr viel mehr abbildet als das Nikon 10-20mm. Und das in geraden Linien.
Der Adapter hat zwar Probleme gemacht, die Nikon blinkte ständig, sogar ausgeschaltet, im Fehlerzustand und verweigerte Videoaufnahmen damit (inzwischen gab es ein Firmwareupdate für den Adapter, mal probieren), aber fotografieren konnte man damit. Ich habe praktisch die gesamte Expo über (und die bisher gezeigten Fotos) nur mit diesem Objektiv gemacht. Nur das kam mit den Anforderungen und Gegebenheiten dort einigermaßen klar.
Die Fotografenfrustfrage
Ich stand dann da, und habe mich ernstlich gefragt, ob es das überhaupt noch bringt, mit einer Fotoausrüstung rumzureisen.
Auf der Expo gab es zwar viel zu sehen, aber eigentlich fast nichts zu fotografieren. Weil so vieles per Videowand gemacht wird, und immer so um alle Wände herum. Erstens Video, also bewegt, kaum Standbildtauglich. Zweitens vom Licht her ganz schwierig, weil viele sehr dunkle Räume mit sehr hellen Bildwänden. Und alles so plakativ. Das alles einfach abfotografieren?
Eigentlich lässt die Expo fotografisch gar keinen Raum, die Leute haben auch außer mit ihren unzähligen Handys, mit denen sie alles hochkant filmen, kaum fotografiert, man sah fast keine Leute mit Kamera. In Mode ist da Handy-am-Stiel, als ob das irgendwie besser würde, wenn man sein Handy auf einem Stab montiert und dann einfach alles abschwenkt. Da gibt es eigentlich nichts zu fotografieren. Ich bin da ja auch eigentlich nur mit diesem Sonderfallobjektiv überhaupt durchgekommen. Den Rest hätte ich mir eigentlich sparen können.
Man kommt sich da schon mit einer Fototasche oder einem Fotorucksack lächerlich vor. Denn vor allem der wackere Wüstensohn hat dort nichts an als dieses lange weiße Hemd bis zum Boden mit zwei dünnen Taschen und trägt nicht mehr mit sich herum, als sein Handy und seine Kreditkarte. Manche guckten ganz komisch, als sie mich da mit Rucksack sahen. Die komischen Euroäer wieder.
Einmal hat mich sogar ein arabisches Fernsehteam aufgenommen, wie ich vor einer Schautafel stand und mir was anguckte, ich war da wohl mal in den Abendnachrichten zu sehen. Die sperrten dann aber gleich großflächig ab, und nahmen mich, weil ich schon drin war und einfach anders als die Araber aussah. Europäer mit Kamera und Rucksack, das ist da eine Nachricht.
Gänzlich ins Grübeln kam ich in Indien. Also, in deren Pavillon. Da hatten sie ein paar Yoga-Puppen aufgestellt und mittendrin eine echte, die da Yoga-Übungen vorturnte. Dann kam tatsächlich ein Rundfunkteam von MSNBC, um die Yoga-Turnerin zu interviewen. Ich stand daneben und dachte, das fass’ ich nicht. Ein Fernsehteam von MSNBC, das nicht mehr als ein Handy auf einem Gimbal dabei hatte, um seine Aufnahmen zu machen. Keine Kamera. Der Reporter hatte ein Mikrofon mit 2 Meter Kabel, das in die Audiobuchse am Handy gestöpselt war. Und damit allein machten die ihre Aufnahmen. Ob das wirklich ein Videobeitrag war, oder nur ein Radiobeitrag mit Bildnotiz weiß ich nicht. Aber ich fand es überaus seltsam.
Da kam ich ins Grübeln.
Ist das wirklich noch sinnvoll, eine Fotoausrüstung mitzuschleppen?
Ich wollte das dann mal ausprobieren und habe mir im China-Laden gegenüber des Hotels für 5 Euro eine kleine Umhängetasche so auf A5-Format gekauft, und dann alles reingestopft, was ich in den Tagen zuvor überhaupt verwendet hatte. Und mir gedacht, das muss reichen, nur das mitzunehmen, was ich tatsächlich verwendet habe.
Weit kam ich damit nicht. Etwa 5 Meter. Die Tasche war nämlich klein, aber dann schwer, und sofort haben sich meine Rückenschmerzen gemeldet, die ich von den schräg hängenden Umhängetaschen hatte und die ich seit Corona eigentlich losgeworden war. Ich habe es nicht mal bis auf den Flur vor dem Hotelzimmer geschafft, ohne dass dieser stechende Schmerz wieder da war.
Also doch wieder den Rucksack, aber viel weniger rein getan. Denn der Rucksack verursachte zwar viel Schweiß am Rücken, aber keine Rückenschmerzen.
Sollte man es nicht einfach so machen wie alle anderen, und einfach nur noch das Handy mitnehmen?
Wie ich da so unterwegs war und gerade was fotografierte, obwohl es nichts zu fotografieren gab, sprach mich ein älterer Mann sehr höflich an. Dem Aussehen und Akzent nach Südamerikaner.
Ob es mir etwas ausmachen würde, wenn er sich die Marke meines Rucksacks notierte, und vielleicht mal einen Blick auf die Innenausstattung werfen könne.
Nöh, gerne, OK.
Denn, so erklärte er mir, er ärgere sich gerade in Grund und Boden.
Er sei sein Leben lang Profifotograf gewesen, ganz frisch pensioniert. Und nutze nun sein neues Pensionärsdasein, um in der Welt herumzureisen, gleich mal auf die Expo. Weil ihm seine Ausrüstung auch zu lästig und zu schwer geworden sei, Rücken und so, habe er sich entschieden, es wie alle anderen zu tun und den ganzen Krempel zuhause zu lassen, und nur mit einem modernen, teuren Handy als Kamera zu reisen. Leichtes Gepäck.
Nun stehe er da, produziere mit seinem Handy nur Schrottfotos, und ärgere sich grün und blau, seine Ausrüstung nicht dabei zu haben. Und genau so ein Rucksack wie meiner, der erscheine ihm nun als geradezu optimal, so einen wolle er auch haben und das nächste Mal sein Zeugs wieder mit dabei haben.
Und zwar auch dann, wenn es wie auf der Expo eigentlich nichts zu fotografieren gibt. Um es dabei und in Reichweite zu haben. Und nicht mit dem Handy fotografieren zu müssen.
Denn am Ende siegt dann doch die Physik. Ob nun mit Schwerkraft oder Optik.