Das Geschwätz des Moritz Bleibtreu
Wie gesagt. Ich halte nicht viel von Schauspielern.
Ich schüttle mich jedes Mal, wenn Schauspieler als politische Leitbilder oder Meinungsgeber dargestellt werden, weil sie bekannt sind, obwohl der Beruf des Schauspielers intellektuell nichts hergibt. Ich sage nicht, dass Schauspieler gar nichts können, jedenfalls nicht alle. Schauspielen, etwas darzustellen und rüberzubringen, kann ganz schön schwer sein, aber nur die allerwenigsten der Schauspieler können das überhaupt. Die meisten sind einfach nur sie selbst und spielen jede Rolle genau gleich, schauspielern also eigentlich gar nicht, sondern tun einfach nur irgendwie, was jemand anderes ihnen sagt.
Und selbst bei denen, die etwas können, ist das eher Mimik, Gestik, Körperbeherrschung, Artikulationsfähigkeit, Aussehen, Stimme – aber überhaupt nichts Intellektuelles.
Warum also sollte man auf Leute hören, denen man bei der Ausübung ihres Beruf jedes Wort vorher aufschreibt?
Das schon oft als links-niveaulos aufgefallene Redaktionsnetzwerk Deutschland hat ein Interview mit Moritz Bleibtreu. Eigentlich wieder mal nur Werbung für eine Publikation, in diesem Fall einen Film (Miniserie), die man hinter einem Interview versteckt.
Es geht darum, dass irgendwer die Geschichte um die gefälschten Hitlertagebücher mit dem Stern und Konrad Kujau nochmal neu verfilmt hat. Also das, was es als Komödie namens „Schtonk!“ von 1992 schon gibt und damit eigentlich auch schon angemessen, gebührend und abschließend gewürdigt wurde, nämlich als absurde Groteske.
Und das war auch richtig so, denn historisch war die Sache bedeutungslos, nur eine Randnotiz zur korrupten Versumpfung der Medien. Eigentlich hätten die Dinger ja gar nicht Hitler-Tagebücher heißen dürfen, sondern die STERN-Tagebücher. Mir fehlt das Verständnis dafür, dass der Laden das überhaupt überlebt hat.
Warum jetzt also nochmal eine 40 Jahre alte Story aufkochen?
Reine Instrumentalisierung. Eigentlich ging es in der Story ja nur um die korrupte niveaulose Sensationsgeilheit der Medien, nicht um Hitler. Der war ja nur das Aufmerksamkeitsvehikel und hatte damit eigentlich gar nichts zu tun.
Laut diesem Interview geht es aber nicht um die Machenschaften der Presse, sondern um das Thema Nationalsozialismus. Im ganzen Interview geht es nur um Nationalsoziolismus und Nationalität. Fast nicht um verlogene Presse – und selbst da hört es sich noch an, als wären die auch nur Opfer gewesen.
Fühlen Sie sich dennoch durch die deutsche Geschichte geprägt?
Ich bin ohne jeglichen Bezug zu so etwas wie Nationalstolz oder einer nationalen Identität aufgewachsen. Wie kann man stolz auf einen geografischen Ort sein? Wie kann man sich über ein Land definieren? Das habe ich nie verstanden. Das kann auch nicht sonderlich gesund sein.
Ich sage es mal so: Wer den Unterschied zwischen einem Land und einem geografischen Ort nicht bemerkt, der ist im Beruf als Schauspieler, wo ihm andere jedes Wort aufschreiben, was er sagen soll, und er das nur auswendig lernt, und es über die Betonung und den Gesichtsausdruck dazu nicht begreifen, sondern nur wiedergeben muss, schon ziemlich gut aufgehoben.
Das meine ich hier aber nicht.
Ich meine das, was heute als „Identitätspolitik“ betrieben wird.
Denn das, was Bleibtreu da als das beschreibt, was ihm da am Nationalsosialismus unverständlich erscheint, treibt heute als wiederum linke Ideologie erneut die Welt um.
Zwar war der wesentliche Unterschied zwischen den Sozialisten und den Nationalsozialisten nur der, dass die einen die Ländergrenzen abschaffen und die anderen sie behalten wollten, und für einige Zeit, sogar Jahrzehnte, hatte sich der Sozialismus von dieser Nationalitätensichtweise massiv und angewidert distanziert.
Nun sind wir aber wieder genau da, nur mit leichter Begriffsveränderung, mit der wir wieder mal im Reich der Doppelbegriffe landen, in denen dieselbe Sache zum Zweck der Rabulistik zwei Begriffe bekommt, einen negativ und einen positiv konotierten. Heute heißt das ganze Identitätspolitik, ist faktisch und begrifflich aber deckungsgleich und das gleiche wie Nationalsozialismus, eben nur per Doppelbegrifflichkeit synonym maskiert. Denn die linke „Identität“ steht ja für nichts anderes als einen kulturellen und ethnischen Kreis, was ja auf die Nationen hinausläuft, nur eben nicht mehr so eng geographisch gebunden. Wenn also jemandem verboten wird, Rasta-Locken zu tragen, sich ein indisches Curry zu kochen oder zu Fasching als Cowboy oder Indianer zu gehen, weil das den jeweiligen Völkern vorbehalten ist, dann ist das so völkisch wie Nationalsozialismus für Leute, die in Geographie die 5- nicht erreicht haben. Effektiv ist das, was wir heute erleben, eine Art Nationalsozialismus 2.0, der sich nicht mehr am Bild der krummen Nasen, sondern eben an Rastalocken und Hautfarben orientiert – wehe dem, der sich dunkler schminkt. Das zählt unter Rassenverbrechen, nennt man dann Blackfacing und fällt unter Verletzung der Identitätsvorschriften. Wehe dem, der auf dem Uni-Campus Falafel anbietet ohne Araber zu sein. Oder einen Poncho trägt, ohne Mexikaner zu sein. Völkischer geht’s gar nicht mehr.
Wer ein Mindestmaß an Grips zwischen den Ohren erreichen würde, würde sich da nicht (nur) über die Nazis mokieren, ohne wenigstens zu bemerken, dass die heutige Linke denselben Mist gerade wieder aufkocht, nur in anderer Farbe. Weil es jeder bemerken würde, der selbst verstanden hat und erarbeitet, was er sagt, und nicht nur fremde Texte rezitiert. Jeder, der mitdenkt, würde die Frage stellen, warum dann eigentlich heute Türken oder Syrer schon aufgrund ihrer geografischen oder „völkischen“ Herkunft so vergöttert werden und als sakrosankt und unkritisierbar gelten.
Jeder, der selbst denkt, und nicht nur anderer Leute Mietmaul ist, würde bemerken, dass das heute gar nicht so sehr anders ist, jedenfalls nicht anders genug, um sich in einer überlegenen Position zu fühlen. Man müsste her mit „fangen die schon wieder damit an…“ kommen.
Aber wie gesagt: Meine Meinung von Schauspielern ist nicht hoch.