Erlebnisse eines Mathelehrers
Hehe.
Ein (pensionierter, dem die Identifizierbarkeit über die Vorgänge nicht mehr so wichtig ist) Mathelehrer erzählt mir aus seinen Erlebnissen an einer SPD-regierten Realschule vor so ungefähr 30 Jahren (!):
Klassenarbeit in Mathe. Notenschnitt zu schlecht. Zur Schulleitung zitiert. Gespräch ungefähr so:
Direktor: “Ihr Schnitt ist schlecht, woran liegt das?”
Ich: “Hier und hier und… Außerdem ist in der Mathematik immer noch zwei plus zwei gleich vier, und nicht 3,99”
Direktor (selbst Mathematiker): “So genau darf man das nicht sehen!” (Dieses Zitat ist wörtlich so gefallen)
Daraufhin gab ich mir Mühe und wurde ein besserer Mathe-Lehrer, mit besseren Schnitten.
und
Mathestunde, Schüler an der Tafel
Ich: “Wieviel ist 35 geteilt durch 2?”
Schüler: “Äh… weiß nicht, kann ich meinen Taschenrechner holen?”
Ich: “Nein, rechne im Kopf!”
Schüler: “Seit diesem Schuljahr hab’ ich ein Recht, den Taschenrechner zu benutzen.”
Oh, das erinnert mich an meine eigene Schulzeit. Ich hatte zwar schon zu Grundschulzeiten einen wissenschaftlichen Taschenrechner (so einen weißen spacigen von MBO, mit LED-Anzeige und soviel Stromverbrauch, dass man den alle ein, zwei Tage mit dem Steckernetzteil aufladen musste, und so ein Sinus schon mal zwei, drei Sekunden gedauert hat.), aber lange waren die weder erschwinglich, noch für den Schulgebrauch stabil genug. Ich hatte mal so einen dünnen im Klappmäpchen aus gebürstetem Blech, ich glaube Sharp oder sowas, der den Belastungen der Schultasche nicht lange stand hielt, der hat keinen Druck vertragen. Irgendwann, so um die 11. oder 12. Klasse herum, gab es dann von Casio die – ach, wie hießen die? – FX-80 und FX-100 zu bezahlbaren Preisen, und die waren im Lehrplan vorgesehen. Ich habe den heute noch irgendwo, benutze ihn aber schon lange nicht mehr. Geht aber noch.
In der Mittelstufe waren Taschenrechner noch nicht zugelassen, auch zu teuer. Ich und noch einer in der Klasse hatten einen, durften wir aber nicht verwenden. Allerdings hatten wir damals einen recht jungen Mathelehrer, der immer frei sichtbar seinen persönlichen Taschenrechner auf dem Tisch liegen hatte, und dazu sagte, wer immer ihn benutzen wolle, dürfe ihn auch benutzen. Der gab das frei, dass sich jeder seinen Rechner vom Lehrerpult nehmen und benutzen durfte.
Der Rechner nämlich (kein HP, irgendwas anderes) war einer mit UPN, Umgekehrter polnischer Notation. Der Informatiker würde heute postfix-Darstellung sagen. Siehe auch Forth. Und der wusste genau, dass ich der einzige in der Klasse war, der mit dem Ding umgehen konnte (bis ich es den anderen mal erklärte).
Die anderen haben immer eine Krise bekommen, weil da nirgends einen =-Taste drauf war. Man kann für 3+4=7 zwar 3 + 4 eingeben, bringt aber nichts, und eine =-Taste gab es halt nicht. Man hätte 3 ENTER 4 + eingeben müssen. Stack-Rechenwerk. Und mich angeguckt, als könnte ich zaubern, wenn ich aus dem Ding Rechenergebnisse rausgeholt habe. Die HP-Taschenrechner beruhten ja auch darauf, und über die hatte ich in einem Mathebuch gelesen.
Haha, ich habe gerade gesehen, es gibt heute noch HP-Taschenrechner mit UPN zu kaufen. Is’ ja’n Ding.
Müsste man mal wiederholen und den Leuten heute mal einen UPN-Rechner hinlegen.