Ansichten eines Informatikers

Virologe Kekulé vom Dienst enthoben

Hadmut
21.12.2021 23:02

Ah. Riecht nach Sozialismus.

BILD mit Bezug auf die Mitteldeutsche Zeitung meldet, die Uni Halle habe den Virologen Alexander Kekulé rausgeworfen, eine „vorläufige Amtsenthebung“ ausgesprochen.

Offizieller Grund ist wohl, dass er sein Lehrdeputat nicht erfülle.

Nach MZ-Informationen geht es in dem Disziplinarverfahren unter anderem um das Lehrdeputat, das jeder Professor und somit auch Kekulé zu erfüllen hat. Gemeint ist damit die Unterrichtsverpflichtung, die ein Hochschullehrer mit seiner Berufung neben der Pflicht zur wissenschaftlichen Arbeit eingeht. Gegenstand einer Prüfung ist offenbar unter anderem die Frage, in welchem Umfang Kekulé Lehrangebote gemacht hat und ob diese auch alle so stattfanden. Das gilt auch für die Zeit während des Corona-Lockdowns, als die Lehre virtuell erfolgte. Geprüft wird offenbar in diesem Zusammenhang auch eine Vorlesungsveranstaltung im Sommersemester.

Wie zu erfahren war, hat der Uni-Rektor für das Disziplinarverfahren einen Ermittler eingesetzt. Der soll zu dem Schluss gekommen sein, die gegen Kekulé erhobenen Vorwürfe seien so schwerwiegend, dass weitere Schritte eingeleitet werden müssen. Die vorläufige Dienstenthebung ist demnach ein solcher.

Das halte ich für extrem zweifelhaft und dubios.

Zunächst müsste ich mal das Hochschulrecht von Sachsen-Anhalt lesen, ob die Uni das überhaupt kann, weil Professoren Beamte sind. Früher waren sie alle Beamte des Landes, hätten also nur vom Ministerium enthoben werden können, aber vor Jahren hat man die an einigen Bundesländern an die Universitäten verlagert und die Universitäten zum Disziplinarvorgesetzten gemacht. Wie das in Sachsen-Anhalt ist, weiß ich nicht. Aber es wäre die Frage, ob das überhaupt rechtmäßig und verfassungskonform war.

Der zweite Punkt ist die Gleichheit vor dem Gesetz. Es gibt jede Menge Professoren, die ihr Lehrdeputat nicht erfüllen. Mein „Doktorvater“ hat damals drauf gepfiffen und sich monatelang nur an der Uni blicken lassen, weil er da kostenlos im Unihallenbad schwimmen konnte und ihm da kein unakademischer Pöbel entgegenkam. Die gewöhnlichen Institutsbesprechungen hat er als „Oberseminar“ augegeben und viele der Veranstaltungen von Mitarbeitern halten lassen.

Vor allem in den Gender-Professuren habe ich das schon oft gefunden, dass bei Professorinnen kein Lehrdeputat erkennbar ist, vor allem, wenn da Scheinprofessuren eingekauft wurden.

Deshalb dürften die da Probleme mit der Gleichmäßigkeit der Kontrolldichte bekommen. Man müsste die meisten Gender-Professoren schon deshalb rauswerfen, wenn es nach Deputat ginge.

Das Hauptproblem dürfte aber sein, dass das hier so erst mal keine Amtsenthebung rechtfertigt, denn dazu müsste man ihm eine Dienstpflichtverletzung nachweisen, also etwa, dass er während der Dienstzeit nichtdienstlich tätig war. Das wird bei Professoren schwer, die haben nämlich keine Dienstzeit. Und auch keine Anwesenheitspflicht.

Gerade ein Virologe wie Kekulé kann sich in der derzeitigen Lage durchaus darauf berufen, dass er auch in Talkshows als Professor tätig ist, und Wissenschaft an die Öffentlichkeit bringt, was ja auch Aufgabe der Wissenschaft ist. Gerade gestern abend habe ich eine Kampagne der ZEIT kritisiert, bei der sich reihenweise solche, die sich für „Wissenschaftler“ halten, ja darauf berufen, dass die Wissenschaft Wissen an die Öffentlichkeit vermittelt.

Gerade in einer Situation wie der derzeitigen ist es ohne weiteres zu begründen und zu vertreten, dass es nicht nur den Pflichten eines Professors entspricht, sondern auch der Freiheit der Lehre unterliegt, dass der sich auch in Talkshows äußert. Gerade in einer Lage wie dieser kann das verfassungsrechtlich unzulässig sein, wenn man den auf seinen Hörsaal beschränkte (wie man das kürzlich ja auch bei Kutschera probierte und versuchte, ihm abzusprechen, dass er in einem Interview von seiner Lehrfreiheit Gebrauch machen könnte).

Ich halte das für völlig vertretbar, wenn einer wie Kekulé im Rahmen seiner Forschungsfreiheit und Verantwortung als Virologe beansprucht, sein Wissen der vollen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gerade ein staatlicher Dienstherr, der der Grundrechtsbindung unterliegt, darf das nicht verletzen.

Daraus kann man meines Erachtens ohne weiteres folgern, dass der Staat in einer Krisensitutation wie der derzeitigen, deren Ernst, Brisanz und öffentliches Interesse ja nicht zu bestreiten ist, das verletzt, wenn er den Virologen im Hörsaal und in Videovorlesungen einsperrt. Denn die Freiheit der Lehre deckt in gewissem Umfang auch die Wahl der Darstellung und Präsentation mit ab. Und wenn der nach Darbietungsform und Inhalt für eine breite – hier die ganze – Öffentlichkeit lehren will, dann darf er das tun, zumal der Staat auch den Bürger nicht vom Zugang zu Informationen abschneiden darf.

Dazu kommt, dass da keine „Wiederholungsgefahr“ besteht, denn nach Abflauen der Pandemie geht das ja so nicht weiter. Dann hat sich das ja erledigt.

Ich halte das Vorgehen für sehr, sehr wackelig und nicht haltbar.

Vor allem halte ich es für mit den Aufgaben und Pflichten eines Staats unvereinbar, dem Bürger Zugang zu Informationen vorzuenthalten.

Rundfunkrecht

Dazu kommt obendrein, und das hat man da wohl auch unter den Teppich gekehrt, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk die Aufgabe aus der Rundfunkordnung hat, die Bevölkerung zu informieren, besonders im Krisen- und Katastrophenfall.

Das Land ist hier aber sowohl einer der Gesetzgeber der Rundfunkordnung, als auch Träger der Universitäten. Man widerspricht sich damit also selbst, denn man kann nicht einerseits sagen, dass der Rundfunk vor allem in Krisensituationen und Notfällen die Aufgabe hat, die Bevölkerung zu informieren, dann aber Professoren dafür rausschmeißen, dass sie sich genau darum kümmern.

Ich halte das für überaus brisant und kritisch, was da passiert.

Das stinkt nach DDRifizierung der Hochschulen und nach einer Säuberung des Hochschulbereichs.

Der nächste Schritt wäre dann, dass irgendwelche Polittussis auftreten und behaupten, von ihm sexuell belästigt worden zu sein.