Gaia-X: Die Geier kreisen schon
Totgeburt statt Cloud-Rechenzentrum.
Ach, was hat der Altmaier für das europäische Cloud-Projekt Gaia-X getrommelt. Endlich unabhängig von der amerikanischen Fremdsteuerung.
Die Tage war schon in der c’t, Ausgabe 1/2022, ein Interview mit Yann Lechelle, CEO des Cloud-Anbieters Scaleway, darüber, warum er mit seiner Firma bei Gaia-X ausgestiegen ist.
Mein Problem ist, dass ich nie richtig verstanden habe, was Gaia-X überhaupt sein soll, und was das Ziel ist. Mal dachte ich, es soll ein Rechenzentrum werden. Dann wirkte es auf mich, als wäre es nur ein Rechenzentrums-Standard samt API, damit die alle gleich funktionieren und man leichter wechseln kann. Dann wieder hatte ich den Eindruck, dass es gar nichts sein und können muss, nur eine der üblichen Politselbstbeweihräucherungsaktionen ist, oder die Geldwaschmaschine, um Steuergelder in dunklen Kanälen verschwinden zu lassen. Mal dachte ich, es ginge darum, die Amerikaner endlich loszuwerden. Dann wieder sah es aus, als sei das eine Handelsmarke der Amerikaner, die besonderes Wohlfühlen vermitteln sollte, so wie Facebook nun Meta heißen will.
Vor allem habe ich überhaupt nicht mehr verstanden, was das bringen soll, als die Meldung rumging, dass die Amerikaner da mitmischen und das Sagen haben. Was, wenn nicht AWS, Azure, Google sollte dann dabei noch herauskommen können?
Völlig bescheuert. Klar, kann ja auch nicht funktionieren, wurde ja von der deutschen Politik angestoßen, und die Franzosen haben sich dann noch mit reingehängt. In der deutschen Politik gibt es keinen, der den IT-Kram verstanden hat. Spätestens mit der Ernennung von Dorothee „Flugtaxi“ Bär zur Bundesdigitalamsel, und es nicht mal jemandem auffiel, dass die nichts kapierte, war klar, dass diese Regierung das nicht hinkriegen kann.
Und dann auch noch dieser unheimlich beknackte Name. Wieder mal diese Politiker-Symbolik.
Nun sagte der da in seinem Interview
In den USA wird gerade viel an „America first“ gedacht. Das wurde mir vor etwa sechs Monaten klar, als ich einen Artikel auf der Website der US-Handelskammer las. Ich fasse kurz zusammen: „Die Europäer fangen an uns zu nerven mit ihrer Regulierung, weil sie uns ausbremsen wollen, um sich die Taschen zu füllen.“ Es gibt da keine Gegenseitigkeit zwischen den USA und Europa, vor allem bei den Rahmenbedingungen. Deshalb habe ich gehofft, dass Gaia-X unsere europäische Position stärken und bei der Reversibility helfen würde. […]
Schon früh erfuhren wir, dass Gaia-X auch die US-Cloudprovider willkommen heißen will in der Führung. Ich war damals im Vorstand und war der einzige, der sagte, dass ich das nicht in Ordnung finde. […]
Auch Microsoft ist nicht im Vorstand, Google ist nicht im Vorstand. Aber sie sitzen in den Arbeitsgruppen. Das hat Folgen: Am ersten Tag, als Gaia-X offiziell gegründet wurde und wir auch diese außereuropäischen Akteure begrüßt haben, bekamen wir mehrere hundert technischer Kommentare von diesen Cloudprovidern. Am ersten Tag! Wissen Sie, wie viele Kommentare wir von allen anderen bekamen? Drei. Diese schiere Menge von Kommentaren und Fragen ist einfach erstickend.
Die großen Akteure vertreten das Interesse der großen Akteure und der großen Kunden. In anderen Worten: Sie wollen den Status Quo erhalten. Und ich kann es nicht abwarten, vom Gegenteil überzeugt zu werden. Aber ich bei Scaleway habe dafür einfach keine Zeit. Ich muss uns weiterentwickeln, ich muss mich darauf konzentrieren, Innovationen zu liefern.
Nun gibt es auch noch einen Artikel in der Wirtschaftswoche: „Gaia-X wird keine europäische Cloud schaffen“
Das Projekt ist damit eigentlich effektiv tot, das Geld verbrannt.
Ich frage mich allerdings, ob das Projekt an der schieren Dummheit und Inkompetenz der Regierung unter Merkel gescheitert ist, etwa dem Geschwätz von Peter Altmaier oder der blanken Unfähigkeit von Dorothee Bär, oder ob das nicht von vornherein ganz gezielt angelegt wurde, um zu scheitern, um europäische Cloud-Initiativen zu ersäufen. Wenn das einmal groß und spektakulär schief gegangen ist, wird jeder weitere Versuch ausgelacht werden.
Oder es war von vornherein als Täuschungsmanöver angelegt, nämlich als amerikanische Cloud, die für die Nutzer wie eine europäische aussehen sollte?
Das ist vor allem deshalb dubios, weil man hier ja seit 25 Jahren eigentlich alles plattmacht und zerstört, was irgendwie auf eine europäische oder deutsche Unabhängigkeit in Sachen IT hinauslaufen könnte. Ich stecke da ja voll drin. Es wird ja systematisch alles sabotiert, was da hochkommt.
Dabei hatten wir sowas in der Art sogar schon mal, bevor das Cloud-Thema überhaupt entstand. Wir hatten damals bei Xlink das Projekt Strato, und damals – weiß nicht mehr genau – ein Drittel oder sogar die Hälfte der deutschen Webseiten gehostet. Im Prinzip ein Vorläufer des Cloud-Computing. Aber irgendwie ist das dann alles zerlaufen. In den 90er Jahren hat man schon die Kryptographie zertrümmert, und dann nach dem Platzen der Dotcom-Blase haben die, die überlebt haben, systematisch und aggressiv Monopole aufgebaut.
Man könnte sich sogar überlegen, ob die Dotcom-Blase inszeniert wurde oder man sie zumindest gefördert oder absichtlich hat platzen lassen, um den Markt zu beräumen.
Wie auch immer.
Eins dürfte wohl feststehen: Für Cloud-Computing sind wir als Land im Ganzen einfach zu doof.