Ansichten eines Informatikers

„Verrannt“

Hadmut
30.12.2021 2:14

Ich staune nur noch.

Ich versuche, mich zum Thema Corona möglichst rauszuhalten, neutral zu bleiben und keine Standpunkte zu phantasieren, zu denen mir schlicht die Sachkunde fehlt. Zumal ich auch einfach die Zeit nicht habe, mich in Medizin und Virologie einzuarbeiten. Ich gebe keine Empfehlunge, ich sage niemandem, was er zu tun hat.

Ich habe zu vielen Themen eine Meinung. Aber nicht zu allen.

Ich sehe mich immer noch als Wissenschaftler, und dazu gehört – jedenfalls nach meiner persönlichen Auffassung von Wissenschaft – auch seine Grenzen zu kennen und zu wissen, wozu man nichts weiß. Bisher bin ich damit auch ganz gut gefahren, weil sich doch sowieso spätestens alle paar Monate die Meinungen ändern. Stichwort Corona-Rochade und so.

Vorhin fühlte sich schon einer provoziert, weil ich mich zurückhalte und nichts zur Sache sage, weil ich nichts zur Sache zu sagen weiß, was ich für vertretbar hielte.

Nun auch noch das:

Ich habe zu Corona gar nichts gesagt.

Ich habe nur etwas über Richter gesagt und die Auffassung vertreten, dass der Diminutiv „Richterlein“ von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Prompt rasselt es in der Mailbox. Ob ich denn nicht wüsste, was für ein Spinner und Funktionär Montgomery wäre. Aber welche Relevanz hätte das für die Frage, ob deutsche Richter respektabel sind oder etwas unter die Meinungsfreiheit fällt? Hat Montgomery eine andere Meinungsfreiheit als andere Leute?

Ich versuche, mich möglichst neutral und sachlich zu verhalten und mich – immerhin ist zumindest die Rede von einer potentiell lebensgefährlichen Pandemie – eines möglichst disziplinierten Denkens zu befleißigen, wie ich es in einer Bedrohungssituation für erforderlich halte, meinen Verstand scharf zu halten und meine Rede auf das zu beschränken, wovon ich glaube, dass ich es weiß, und nicht das zu sagen, von dem ich weiß, dass ich es nur glaube.

Und trotzdem werde ich von einer Reihe von Leuten dafür beschimpft, dass ich nicht sage, was andere glauben. Seit Wochen werde ich beschimpft. Schon dafür, dass ich nicht wiederhole, was man von anderen in Youtube-Videos sehen und hören oder auf Webseiten lesen kann. Wenn man es doch aber sowieso schon öffentlich sehen, hören, lesen kann, weil es bereits veröffentlicht ist, wozu sollte es dann erforderlich sein, dass ich es wiederhole?

Worin liegt der Sinn darin, von mir die Wiederholung fremder Veröffentlichungen zu erwarten?

Gesinnungsjournalismus? Haltungsjournalismus durch Gesinnungsbekenntnisse?

Ich könnte ja noch weit entfernt verstehen, wenn sich jemand subjektiv provoziert fühlt, weil jemand etwas nicht sagt, auch wenn ich es für denkfehlerhaft halte.

Aber dass mir jemand vorwirft, ich hätte mich „verrannt“, weil ich doch gerade Sorgfalt darauf lege, keinen Standpunkt einzunehmen, zu dem ich nicht wirklich belastbar feste und denkfehlergeprüfte Gründe habe, und gerade deshalb nichts sage, weil ich da die geistige Disziplin anwende, die ich für erforderlich halte, um mich vor Trugschlüssen zu schützen, ist nochmal eine Nummer derber.

Worein soll ich mich denn „verrannt“ haben?

Was sollte denn der Standpunkt, die Überzeugung sein, in die ich mich verrannt haben soll, wenn ich doch keinen eingenommen habe?

Es reden doch sowieso schon alle davon

Von morgens bis abends wird pausenlos auf allen Kanälen nur noch von der Pandemie gesprochen.

Warum sollte es erforderlich sein, dass ich da auch noch mitrede? Reicht es nicht, wenn es doch sowieso schon fast alle tun?

Wozu soll es gut sein, dass ich wiederhole, was andere sagen?

Weil schon wieder mal alles bereits gesagt wurde, nur noch nicht von jedem?

Ist nicht alles schon genug gesagt, was es zu sagen gibt?

Eine Menge Leute bedanken sich bei mir, dass ich nicht andauernd über die Pandemie schreibe, sondern noch andere Themen habe.

Und ich persönlich halte es für weit wichtiger, das zu sagen, was sonst keiner sagt, als das zu sagen, was so viele andere schon gesagt haben.

Und wer meinem Blog folgt, der weiß, dass zu der Denkdisziplin, die ich verlange, auch gehört, zwischen a priori- und a posteriori-Wissen zu unterscheiden.

Ich möchte übrigens anmerken, dass es wohl viele Leute, vor allem Publizisten, Journalisten, Politiker gibt, die man mit solchen Anwürfen unter Druck setzen kann.

Auf mich dagegen wirkt es eher negativ, wenn jemand vor mir solche Denk- und Argumentationsfehler vorturnt. Ich habe zwar wenig Ahnung von Medizin und noch weniger von Virologie, aber Denkfehler sind ein Thema, zu dem ich mir einige Sachkunde beimesse.

Man wird mich mit derartigen Anwürfen also überhaupt nicht überzeugen können. Das höchste, was man mit solchen Aktionen von mir erreichen könnte, wäre, von mir wegen grober Denkfehler zum Ehrengeisteswissenschaftler ernannt zu werden.