Das Telekommunikationsgeheimnis
Eine Anmerkung vom Informatiker zum Großraum Post- und Fernmeldegeheimnis.
"Ich war entsetzt, dass Bundesjustizminister @MarcoBuschmann die Auffassung vertritt, man brauche keine neuen Gesetze & müsse nur die bestehenden anwenden“, kritisiert Sachsens Innenminister Roland Wöller, angesichts zunehmender Radikalisierungen über Messenger-Dienste. pic.twitter.com/5q7WACQRXu
— CDU Deutschlands (@CDU) January 4, 2022
Eine Anmerkung zum Verfassungsrecht, als Informatiker und jemand, der jahrelang in einem (Tele)kommunikationsunternehmen auch als Compliance Officer tätig war:
Das Post- und Fernmeldegeheimnis bzw. Telekommunikationsgeheimnis umfasst nicht etwa, wie man aus Laiensicht und mit deutschhistorischem Hintergrund glauben würde, nur den Schutz davor, dass Telekommunikation nicht mitgelesen wird. Es sind eigentlich drei Rechte, und das ist nur eines davon.
Die anderen beiden Komponenten betreffen die Zuverlässigkeit des Dienstes, also dass die Nachricht nicht abgefangen, zurückgehalten, vernichtet oder verändert wird, nicht mal verzögert, und dass sie auch an den richtigen Empfänger zugestellt wird. „Geheimnis“ ist als Begriff historisch entstanden, fasst das aber viel zu eng. Es geht um das generelle Vertrauen in die Integrität und Zuverlässigkeit solcher Dienste, das verfassungsrechtlich geschützt ist. Äußert sich zum Beispiel in § 206 StGB (erste Gerichtsentscheidung zu § 206 hatte ich damals per Klageerzwingungsverfahren durchgesetzt).
Wenn Leute sich über Messenger-Dienste „radikalisieren“, dann dürfen sie das zunächst mal, solange darin nicht im Einzelfall bereits eine Straftat liegt.
Was ist das überhaupt, „Radikalisierungen“?
Feminismus ist auch eine Radikalisierung, die man aber nicht verhindert, sondern im Gegenteil mit Professuren, Beauftragten, Quoten und Posten gefördert hat.
Wir haben hier zunehmend genau den Fall, vor dem die Grundrechte eigentlich schützen sollten. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass dieser Diplom-Volkswirt verstanden hat, was er da macht.
Wöller zufolge handelt es sich bei Telegram nicht um einen einfachen Messengerdienst, sondern um ein soziales Netzwerk.
Das ist eine interessante Frage, wo eigentlich die Trennlinie dazwischen liegt. Soziale Netzwerke übertragen ja auch nur Informationen, allerdings in der Regel öffentlich oder an eine Öffentlichkeit (=unbestimmtem, nicht abgegrenztem Empfängerkreis). Da kommt man dann auch in das Problem, ob es sich um ein Telemedium handelt und ob der Bund oder die Länder zuständig sind, und ob man eine Telekommunikationsunterdrückung, eine Vor- oder eine Nachzensur begeht.