Eckart von Hirschhausen in einem Meer von Peinlichkeit
Ich habe gerade im Livestream die Antrittsvorlesung von Eckart von Hirschhausen als Honorarprofessor an der Philipps Universität Marburg gehört.
(Ich habe es nicht völlig durchgehend gehört, weil ich zwischendurch einigen Male unterbrochen wurde oder raus musste, mir also ein paar Minuten fehlen. Vielleicht gibt es eine Aufzeichnung zum Abruf.)
In den Social Media waren ja schon Kommentare zu lesen, wie tief eine Universität eigentlich sinken kann, um einem Showmaster eine Professur zu geben, und wie schade das für alle Wissenschaftler wäre, die keine Professur bekämen.
Ich komme aber zu dem Schluss, dass an dieser Veranstaltung und dem Vorgang alles peinlich ist – außer Eckart von Hirschhausen selbst.
Schon das Bühnenbild selbst war irgendwie dämlich, weil eine völlig dröge, langweilige, einfallslose Bühne im Pädagogikholzdesign in größter Not unmotiviert mit Grünzeug und Blumenkübeln vollgestellt worden war, fast so wie die RTL-Fotokulisse für die Teilnehmer des Dschungelcamps vor deren Abreise nach Australien. Von Hirschhausen fragte auch beim Betreten, ob hier eine Beerdigung stattfände.
Zuerst mal kamen die Laudatoren, Professoren, wenn ich mich jetzt richtig erinnere, zwei Männer, eine Frau, einer davon mit ihm befreundet und schon Gast in seiner TV-Show. Eine halbe Stunde haben die geredet.
Mich stört ja, wenn jemand versucht, einen 90-Minutenvortrag in 30 zu halten, aber die versuchten, einen 9-Minutenvortrag in 30 zu halten.
Die waren eine Zumutung für die Zuhörer. Unstrukturiert, egozentrisch, langatmig, langweilig, substanzlos, um nicht zu sagen: hilflos.
Und das finde ich grotesk, denn das sind Professoren, die werden vom Steuerzahler dafür bezahlt, dass sie Forschung und Lehre betreiben, dass sie eigentlich in der Lage sein müssten, eine Vorlesung zu halten, oder überhaupt als Redner Sachverhalte vernünftig und verständlich rüberbringen können und nicht vorne stehen und schnaufen und da so irgendwas rumstammeln, was man nicht hören will. Außerdem finde ich zwar Laudatios schon an sich peinlich, aber normalerweise lobt man dabei nur den Geladenen und nicht auch sich selbst. Das ist eine Stilfrage. Und dann langwierig und langatmig das Verfahren zu erzählen und darzulegen, wer sich mit wem einig war, dass man ihn als Honorarprofessor benennen könnte, und dann auch noch – total peinlich – lang und breit und auch noch mehrfach zu erklären, dass „Honorarprofessor“ nicht von „Honorar“ komme und er keine Bezahlung erwarten könne, sie ihn nicht bezahlen könnten … gute Güte. Die sind als Professoren genau so peinlich, wie ich Professoren in Erinnerung habe. Nicht tageslichttauglich.
Kurz gesagt: Ich fand das Gefasel dieser Professoren dort unter aller Sau. Da fehlt es an der Berufsfähigkeit.
Umso interessanter darin aber die Begründung dafür, warum man von Hirschhausen als Honorarprofessor benötige:
Zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit.
Und zwar in Sachen Klima und COVID-19. Das müsse man der Öffentlichkeit besser verklickern können.
Und dann gingen bei mir die Alarmglocken an. Denn das hört sich überhaupt nicht nach einem eigenen Willen der Universität an, sondern stinkt nach politischer Vorgabe, zumal das in Hessen ist und dort die Grüne Angela Dorn-Rancke Wisssenschaftsministerin. Das stinkt gewaltig danach, dass man da auf politischen Druck hin einen Prominenten und vor allem medienerfahrenen Fernsehprofi einspannt. Zumal von Hirschhausen ja auch beim WDR ist, denen gerade die Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim zum ZDF davongelaufen ist.
Es ist aber vor allem deshalb hoch dubios, weil man doch in Kassel – ebenfalls Hessen – den Professor Kutschera vor dem Amtsgericht verurteilt hatte, weil der sich kritisch zu Homosexualität geäußert hatte – und zwar ausgerechnet mit der Begründung (Hörensagen, die Begründung wollte mir das Amtsgericht partout nicht herausgeben), dass seine Freiheit von Forschung und Lehre auf den HÖrsaal beschränkt sei und eben nicht in der Öffentlichkeit, in Interviews oder im Radio stattfände. Und jetzt genau das Gegenteil, jetzt macht man von Hirschhausen zum Honorarprofessor, um genau das zu tun. Das ist so verlogen, dass da entweder SPD oder Grüne drinstecken. Und weil Hessen schwarz-grün ist, und die eine grüne Wissenschaftsministerin haben, stinkt es aus der Ecke.
Es ist auch deshalb dubios, weil die dann auch noch blöd genug waren, die Rechtsgrundlage für die Honorarprofessur als Vortragsfolie aufzulegen, womit man dann bei Verstand auch gleich sehen konnte, dass weder von Hirschhausen als Person, noch das, was man sich von ihm erwartet, darunter fallen. Rechtlich gesehen dürfte der nicht Honorarprofessor sein, weil er diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Weder hat der da erkennbare wissenschaftliche Tätigkeiten, noch fiele das, was man sich von ihm da erwarte, darunter.
Andererseits natürlich muss ich sagen, dass von Hirschhausen da der einzige war, der so vortragen konnte, dass man dem auch zuhören wollte und was verstand. Mir ging so durch den Kopf Rechtsgrundlage hin oder her, einen wie den haben sie wirklich ganz bitter nötig.
Denn, das muss man sagen, auch wenn es überwiegend anekdotisch war (was ich jetzt aber auch nicht unbedingt schlecht finde, denn ich habe das mit den Anekdoten in meinen Sicherheitssensibilisierungsveranstaltungen immer intensiv eingesetzt, nämlich um die Vorgänge und beispiele im sogenannten anekdotischen Gedächtnis zu verankern, während normalerweise solche trockenen Sicherheitsbelehrungen zu einem Ohr rein und zum anderen wieder rausgehen und nach 10 Minuten – in der Praxis oft nach 2 – schon wieder vergessen sind. Ich war zwar dann für die Anekdoten berüchtigt, es zeigte aber, dass das, was ich sagte, den Leuten auch nach vielen Jahren noch im Gedächtnis war, es also genau so funktioniert, wie ich das haben wollte, das also gerade in solchen Vorträgen keineswegs schlecht ist, sondern „funktioniert“), hat bei mir den Eindruck hinterlassen, dass von Hirschhausen ein ziemlich guter Arzt ist, war oder wäre (keine Ahnung, ob der noch praktiziert oder wieviel er praktiziert hat), und bei vielem dachte ich mir „Der Mann hat Recht“.
Dazu war es jetzt zwar nicht die Supershow, sollte es auch nicht sein, aber gut präsentiert, und zwar auch so, dass man zuhören wollte, und vor allem auch auf einem gewissen fachlichen Niveau, das sich für mich als Laien so anhörte, als sei das auch an Mediziner gerichtet und nicht bei „Frag doch mal die Maus!“.
Oder anders gesagt
- ich bin zwar nicht der Meinung, dass das, was von Hirschhausen da oder sonst tut, eine „wissenschaftliche“ Tätigkeit ist, die die Rechtsgrundlage für eine Honorarprofessor liefern könnte,
- ich bin aber der Meinung, dass er etwas kann und hat, was den Professoren bitter fehlt, um Wissenschaftler sein zu können. Nämlich die Fähigkeit zur Kommunikation, zur Wissensweitergabe. Und die ist elementarer Bestandteil von Forschung und Lehre.
Meines Erachtens dürfte er dort formal eigentlich nicht Honorarprofessor sein, aber da sie ihn ja auch nicht bezahlen (können), sehe ich jetzt erst mal keinen Schaden und kein Problem darin. Er dürfte aber umgekehrt das beste sein, was diesem Fachbereich gerade widerfahren kann, nämlich (gemessen an dem, was ich da heute gesehen habe) endlich mal jemanden zu haben, der vernünftig und verständlich reden und Informationen rüberbringen kann, und der mit dem Publikum und nicht mit sich selbst redet. Und vielleicht sogar zuhört (wovon er sagte, wie wichtig das für Ärzte sei).
Ob das für ihn auch gut ist und ob er das überhaupt so völlig freiwillig macht, da wäre ich mir dann nicht so sicher.
Bleibt der schale Geschmack und Geruch, dass hier die Landesregierung dahintersteckt, um ihre Klima- und Corona-Politik ins Volk zu boostern, und damit ein doppelter Verfassungsbruch vorliegt, nämlich in die Freiheit von Forschung und Lehre und in die Rundfunkfreiheit. Denn dass von Hirschhausen für die Impfung trommelt, hat er schon im Vortrag klar gemacht. Etwa mit der Aussage, dass man schon prüft, dass der Impfstoff weniger schädlich ist als die Krankheit selbst. Oder – mit Bezug auf Mai Thi – mit der Aussage, dass Bayern München zwar einen sehr guten Torwart hat, aber eben auch mal hin und wieder ein Tor reinkriegt, aber eben weniger als mit einem schlechten Torwart. Das ist nicht mal falsch, sowas habe ich hier im Blog ja auch schon geschrieben. Aber ich habe nach der Causa Susanne Baer eine sehr deutliche Aversion gegen politisch eingepflanzte Professoren ohne wissenschaftlichen Berufsweg entwickelt. Das ist nicht nur verfassungswidrig, es ist einfach schlecht, wenn Leute Professor werden, weil die Regierung sie zur Durchsetzung der Politik als Professor braucht. Und sich das dann noch mit Öffentlich-Rechtlichem Rundfunk vermischt.
Meines Erachtens wäre es richtiger, bei der Berufung der regulären Professoren darauf zu achten, dass die vernünftig reden und eine Vorlesung halten können. Dann bräuchten sie auch keinen von Hirschhausen, um sich der Öffentlichkeit gegenüber so zu äußern, dass man sie auch versteht und dass es vor allem überhaupt irgendeinen Inhalt hat.