Ansichten eines Informatikers

Stehplatz

Hadmut
19.1.2022 22:44

Ein Leser erleuchtet mich, warum der Tötungstäter (ob er Mörder ist, muss ja erst das Gericht klären) aus Los Angeles in Landshut verurteilt und verknastet wird, und nicht in die USA abgeschoben werden kann.

Er verweist auf diese Webseite:

Drei Quadratmeter pro Person. Dies ist nach Europäischer Menschenrechtskonvention der Mindeststandard für Inhaftierte. Weil Amerika dies im Fall eines 25-jährigen Kaliforniers nicht garantieren konnte und das OLG dementsprechend die Auslieferung gestoppt hat, muss sich seit Mittwoch die erste Strafkammer des Landgerichts Landshut mit einer brutalen Hinrichtung in Los Angeles auseinandersetzen.

Sie können ihm 3 Quadratmeter nicht garantieren, die nach der EMRK verlangt werden.

Was wäre das dann?

Ein Stehplatz? Dritte Etage Stockbett?

Ich will es mal so sagen: In Grundwehrdienst hatten wir auf den Stuben auch keine drei Quadratmeter pro Person und drei Betten übereinander, aber dafür bekamen wir dann tagsüber viel „Auslauf“. Manchmal auch nachts. Und in New York hatte ich ja mal so einen 2-Quadratmeter-Verschlag statt einem Hotelzimmer, aber auch da war ich nur nachts, und hatte da noch „Holz vor der Hütte“, nämlich einen außenliegende Sitz- und Arbeitsgelegenheit. Nach oben offen.

Allerdings muss ich anmerken, dass mir das in verschiedenen Zusammenhängen aufgefallen ist, dass die Amerikaner, und das, obwohl sie eigentlich schrecklich viel Platz haben, eine Kultur der Enge entwickelt haben, was man erkennt, wenn man sich anschaut, wie die damals die Einwanderer in New York gestapelt haben. Merkt man ja an der heutigen Enge und Struktur von New York noch. War auch in den Feuerwehrmuseen und einigen Kommentaren zu dem üblen Brand vor ein paar Tagen zu sehen, und kam auch letzten oder vorletzen Sonntag in TerraX Ein Tag in New York 1882 gut dargestellt. Ich habe auch neulich in New York so eine geführte Tour durch eine der wenigen nahezu im Originalzustand verbliebenen Einwandererwohnungen gesehen. Es ist ja heute noch so, dass viele Hotelzimmer in New York, und gar nicht mal nur die sehr billigen, kein eigenes Bad haben, sondern eine Sammeltoilette auf dem Flur genutzt werden muss. Das ist in den USA, vor allem an der Ostküste, durchaus nicht selten.

Forscht man etwas nach, warum die da überhaupt solche Winzverschläge als Unterkunft haben, die kaum größer als das Bett sind (das man sich nicht selten noch mit Wanzen und Kakerlaken teilen muss), findet man, dass es zwei solcher Hotels in New York schon sehr lange gibt, die eine regelrechte Tradition haben. Man hatte sie nach dem zweiten Weltkrieg eingerichtet, weil viele Soldaten aus dem Krieg zurückkamen, kein Zuhause hatten und man ihnen irgendwas anbieten musste, aber einfach nichts hatte. Also baute man als Provisorium für die ersten Tage, bis man etwas gefunden hat, solche Holzverschlagsunterkünfte auf irgendwelche Tagen oder in ganzen Häusern, an die man kam. Eigentlich sollten die da nur ein paar Tage oder Wochen bleiben, aber viele blieben da Jahre, und zwei dieser Unterkünfte sind heute noch als günstige Unterkünfte für Reisende in Betrieb.

Auch die vielen Feuerleitern, die man aus New York kennt und die typische Art der Feuerwehr, die dort über die Stadt verteilt viele kleine Feuerwachen hat, in denen nur ein („Ladder“) oder zwei Feuerwehrautos stehen, aber auf kurze Distanz, und die Feuerwehrleute zwar eigentlich darüber wohnen und an der Stange runterrutschen können, aber meist die Zeit unten bei dem Auto und offenem Tor verbringen, da sogar grillen, essen und so weiter, um im Alarm direkt losfahren zu können, sind eine unmittelbare Folge dieser hochverdichteten Bebauung und Bevölkerung. Ich war neulich sogar an der Feuerwache in New York, an der sie die Außenaufnahmen für „Ghostbusters“ 1984 gemacht hatten. Würde man nicht merken, wenn man nur zufällig vorbeikommt, wenn sie nicht ein großes Ghostbusters-Logo auf den Fußweg gemalt hätten. Weil jeder Brand dort immer gleich verheerend war, wenn er nicht schnellstens bekämpft wurde, was eben bedeutete, dass die erste Truppe, nämlich Leiter, Leute, Schläuche, sehr schnell am Ort waren.

Auch in den Migrationsmuseen sieht man das oft, wie dicht die sich da oft gepackt hatten.

Und ich nehme mal an, dass sich das auch auf die Gefängniskultur durchschlägt, obwohl die Amerikaner an sich ja viel Platz haben und die Gefängnisse, zwar manchmal in der Innenstadt stehen, meist aber weit außerhalb. Die USA sind immerhin ein Agrarstaat, ein Flächenland. In New York haben sie da so eine Gefängnisinsel, so ein modernes Alcatraz. Man fängt jetzt an, Raubüberfälle und sowas zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen, weil überproportional viele Schwarze im Knast sitzen, man es deshalb für rassistisch hält, Straftaten zu bestrafen.

Aber der hier soll ja in LA geschossen haben, würde also in LA vor Gericht kommen. Da gibt es eigentlich mehr Platz als in New York. Aber vielleicht kein Geld mehr.

Aber es ist halt das linke Kalifornien.

Ein Land, das Strafgefangenen nicht die 3 Quadratmeter garantieren kann, die man in Europa verlangt.