Ansichten eines Informatikers

Brutalismus – Arschgeweih der Architektur

Hadmut
1.2.2022 17:59

Ging mir vorhin so durch den Kopf.

Ich bin ja so in der 6. Schulklasse mit der Schule auch von einem alten Schulgebäude im Feuerzangenbowle-Stil in genau so ein Gebäude in diesem Baustil umgezogen, den man Brutalismus nennt. Nicht im Sinne von Brutalität, sondern im Sinne von nackt. Nackter Beton. Wie in „brute force“.

Wir hatten einen Deutschlehrer, der sich immer jegliche Kritik am Schulgebäude verkniff, und ersatzweise immer über das neue Sparkassengebäude schimpfte, dass ähnlich gebaut war. Sein romantisch-literarischer Ausspruch, dass sie aussehe, wie „aus einem quadratischen Arsch geschissen“ fand angemessene Berücksichtigung in unserer Schülerzeitung – mit Ehrenplatz, versteht sich. An einem altsprachlichen Gymnasium sind die Sprachenlehrer große Vorbilder.

Gerade weil ich aber auch diesen Wandel im öffentlichen Geschmack (auch was politische Ansichten angeht) schon miterlebt habe, bin ich immer sehr skeptisch, wenn man Dinge unveränderlich und für die Ewigkeit festlegt. Das war wirklich mal in Mode und galt als der letzte Schrei, in einer dieser Hochhauswohnburgen im x.ten Stock zu wohnen, die man in den Siebzigern aus dem Boden gestampft hat. Ich kannte mal jemanden, der mit Wonne und Begeisterung in so eine vertikale Betonwüste gezogen war, und dann recht schnell von Ernüchterung erfasst wurde. Der letzte Modeschrei waren damals nämlich dreieckige Zimmer (ich musste da immer an die dreieckige Burg aus Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt denken), was genau so lange toll und modern wirkt(e), bis man da einzieht. Originalaussage: Versuch’ mal, in einem dreieckigen Zimmer ein Regal in die Ecke zu stellen.

Ja … heimwerken war auch so eine Erscheinung der 70er Jahre. Gab damals so eine Fernsehserie im ZDF, in der so ein alter Handwerker mit Schürze immer irgendwas gebaut hat. Heute kommen Kochsendungen und Bares für Rares.

Nun habe ich ja die Aktfotografie mehr oder weniger, ganz oder völlig, aufgegeben. Nicht nur, weil mir das politisch und strafrechtlich viel zu gefährlich geworden ist, man da zu leicht wegen irgendwas beschuldigt werden kann, und man eigentlich auch keinen Blumentopf mehr damit gewinnen kann, weil nicht mehr akzeptiert und überdies aus- und totfotografiert, thematisch fast völlig erschöpft.

Ein Grund ist aber auch: Die sind heute fast alle tätowiert.

Ich bekomme massenweise Angebote von Models, die meisten aus der Ukraine, Tschechien, auch viele aus England, die hier so auf Nackttournee gehen und sich verdingen, um ihren Lebensunterhalt damit zu erwerben. Hängt auch damit zusammen, dass viele da einfach keinen Beruf mehr finden oder erlernen wollen, oder nicht arbeiten im herkömmlichen Sinne. Modeln ist zwar auch anstrengend, aber es ist halt was anderes, ob man sich 8 Stunden ins Büro setzt oder nackt irgendwo hinlegt.

Und dabei sind – vor allem aus Tschechien und der Ukraine, wirklich verdammt gut aussehende Frauen – sehen aber fast alle wie Graffiti-Ruinen aus.

Das ginge ja alles noch, wenn da vielleicht irgendein kleines Emblem, Symbol, Ziermuster am Fuß oder sowas wäre, aber wenn dann Rücken, Hals, Beine, Arme, Fontansicht großflächig tätowiert sind, geht nach meinem Empfinden fast gar nichts mehr. Selbst dann, wenn das ordentlich gemacht ist, ist das immer ewas zuviel im Bild und inkompatibel mit allem anderen. Ich finde das bei der Aktfotografie immer ganz schrecklich, wenn die Leute zuviel Zeugs anhaben und das auch noch vom Stil gemischt. Da gibt es welche, die kommen nicht nur mit einem Überseekoffer voll Zeugs an, sondern ziehen das auch nach dem Motto „viel hilft viel“ an. Nicht, um heilige Teile zu bedecken, sondern einfach, um nicht als geizig dazustehen – der Fotograf soll ja was bekommen für sein Geld, also noch die Strapse und der Hut. Alles drin im Preis. Es gilt aber: Weniger ist mehr. Man soll ja nicht aussehen wie ein mobiler Second-Hand-Laden, sondern ein edles Bild gestalten. Und das geht dann nicht mehr, wenn Leute per Tattoo schon mehr anhaben, als sie anhaben sollten. Egal, was man denen noch anzieht, es passt nie zusammen und ist immer irgendwie zuviel. Man kann die Leute gar nicht mehr ausziehen, und es ist so, als würde man jemanden jahrelang und ausschließlich immer in denselben Klamotten fotografieren.

An diesen Effekt musste ich gerade denken, als ich die Brutalismus-Bau-Fotos gesehen habe.

Und ich bin überzeugt, dass man die Generation junger Frauen von heute in nicht allzuferner Zukunft wie „Bauruinen“ betrachten wird.

Selbst wenn man unterstellt, dass Leute sich in Zukunft immer tätowieren wird – denkt mal daran, wie sehr gerade die Wertvorstellungen und Tabus verändert und umgebaut werden. Heute sind reihenweise Aussagen, Ansichten und Begriffe tabu oder verteufelt, die vor 10, 20 Jahren noch völlig normal waren.

Und auch den technischen Fortschritt berücksichtigt man nicht. Früher oder später werden Tattoos vom Computer gemacht, wie Tintenstrahl-/Nadeldrucker mit hoher Auflösung wie ein Farbfoto. Und dann haben die so ein altes, hässliches, blaues Ding.

Ich habe Fotos von einer gesehen, die eigentlich ein wirklich tolles Gesicht hätte. Aber der ganze Hals ist inzwischen dunkelblau, weil die so oft Tattoos ändern und übertätowieren hat lassen, dass am Ende nur noch half, alles flächig blau zu machen.

Ich halte das für einen enormen Fehler.

Gerade in einer Zeit, in der man ständig Wertvorstellungen und Moden umwirft und von heute auf morgen verteufelt, in denen per „Diskurs“ festgelegt wird, dass morgen gar nicht mehr geht, was heute noch Rede oder Kunst war.

Ich war ja früher nur sehr bedingt auf Piercings zu sprechen. Im Vergleich zu Tattoos finde ich aber selbst die noch besser. Mittlerweile sehe ich das ja sogar schon als Vorteil an, wenn eine „nur“ gepierct ist. Und: Man kann sie wieder rausnehmen.

Ich habe schon welche gesehen, bei denen das Piercing gut aussah und es ihnen stand, es wirklich eine optische Verbesserung war.

Ich kann mich nicht erinnern, schon mal eine Frau gesehen zu haben, bei der ich das Tattoo für einen Vorteil hielt.