Ansichten eines Informatikers

Die Bartkrise an der Uni Greifswald

Hadmut
13.2.2022 15:46

Viel Ideologie, viel political correctness, kaum Wissen.

Der Krisenstab der Unimedizin Greifswald hatte laut RTL eine Mail an alle Studenten verschickt (wird aus dem Text nicht ganz klar, ob nur an Medizinstudenten oder alle, im Video heißt es „Medizinstudenten“), wonach sie sich um ihre Barttracht kümmern sollten. Es ging darum, welche Bärte man unter den FFP2-Masken tragen kann und welche nicht, damit die sicher und dicht sitzen.

Was an sich klar ist, denn die Maske bringt nur dann was, wenn sie dicht anliegt und man keine Nebenluft zieht. Bessere Masken haben ja so eine Gummilippe außenrum.

Eigentlich nicht überraschend.

Aber, ach.

Weil die Studenten so doof sind, dass sie es nicht selbst kapieren, hat der Krisenstab ein Bild mitgeschickt, eine (offenbar nicht von ihnen selbst gemachte, weil englischsprachige) Liste mit (englischen) Bartbezeichnungen und Skizzen, welche Bärte gehen und welche nicht. Laut Text stammt die Aufstellung aus den USA vom Center for Disease Control and Prevention (CDC) und ist von 2017. Und darauf findet sich eben auch das Bartmodell „toothbrush“, es Zahnbürste heißt, weil es im Zahnbürstenborstenformat daherkommt, im Deutschen auch als Rotzfänger oder Rotzbremse bekannt.

Nun aber ist political-correctness-Terror (sie nennen es „irritiert“), weil doch dieser Bartmodell „toothbrush“ eben das Hitler-Bärtchen sei. Und das gehe ja nun sowas von gar nicht, dass islamische Riesenbärte („Taliban-Gesichtspullover“) verboten, aber Hitlerbärte erlaubt seien.

Weil sie zu doof sind zu kapieren, dass ein kleines Bärtchen die Maske nicht undicht macht, ein großes aber schon. Weil Dichtigkeit keine Sache der Moral ist. (Müsste einem ja auffallen, dass praktisch alle Leute, die politisch korrekt sind, trotzdem oder gerade deshalb nicht ganz dicht sind.)

Da fehlt mal wieder das Wissen. Nicht nur, dass es das „Hitlerbärtchen“ nicht gibt, weil nicht Hitler das Ding erfunden hat, sondern das damals eine verbreitete Mode war, und man es ja auch nicht als Hitler-typisch ansieht, dass er Hosen und Krawatten anhatte. Es fehlt das Wissen, woher der Bart überhaupt kommt. Um oder bis etwa 1900, 1910 nämlich waren ausladende Schnäuzer (wie bei Horst Lichter) fast omnipräsent üblich. Hitler hatte so einen, nahezu jeder hatte so einen. Im ersten Weltkrieg mussten sie die aber stutzen, weil der erste Weltkrieg ein Gaskrieg war und sie Gasmasken aufsetzen mussten. Und die mussten dicht sitzen. Danach haben sie sie als Veteranenerkennungszeichen behalten, und weil sie pflegeleichter waren.

Es ist also kein „Hitlerbärtchen“, sondern ein damals übliches (und auf vielen Bildern der Zeit zu sehendes) Weltkriegsveteranenerkennungsbärtchen, oder besser gesagt: Ein Masken-dicht-sitz-Bärtchen.

Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass es auf dieser Liste auftaucht (zumal die amerikanisch ist), weil die Liste ja zeigen soll, welche Bärte die Dichtigkeit einer Maske nicht beeinträchtigen.

Aber versuch das mal Studenten heutiger Tage (oder RTL-Journalisten) klar zu machen. Sachliche Zusammenhänge gehen nicht mehr, die denken nur noch in Moral und political correctness. In Muster- und Freund-Feinderkennung. Hitlerbärtchen erlaubt, islamischer Bart nicht erlaubt = Nazi, Rassismus.

Zeigt aber auch, dass die Leute heute – auch durch die Verdrängung von Text durch Multimediakram – heute nicht mehr „wissen“, sondern durch Bilder geprägt werden und optisch assoziieren.

Und von denen sollt Ihr Euch später mal behandeln und operieren lassen.