Der 30-Millionen-Euro-Landesregierungs-Softwareflop
Heißa Digitalisierung und Hurra!
Aktuelles zum Digitalisierungsspitzenland Deutschland.
Wollten wir nicht ganz schnell an die internationale Spitze der Digitalisierung?
Der NDR beschreibt eine Softwarepleite des Landes Mecklenburg-Vorpommern – ohne im Text den Namen des Bundeslandes auch nur einmal zu erwähnen: Landesregierung: Millionenverlust wegen Software-Flop?
Unter dem Kürzel HaVEL plant die Landesregierung einen kompletten Neustart des internen Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens. HaVEL steht ganz unromantisch für: “Haushalt, Verfahren, Erneuerung, Land”. Das 30 Millionen-Euro-Vorhaben droht jedoch zum teuren Flop zu werden.
Alte Faustregel: Was auch immer von Politikerin einen bekloppten Acronym-Namen mit politischer Wegweisung bekommt, geht schief. Alles, worüber Politiker soviel Einfluss haben, dass sie namensgebend sind, ist verflucht und wird nicht funktionieren.
Dabei sollte mit dem Aufbruch in das Digital-Zeitalter eigentlich alles viel schöner werden. Die neue Mega-Software war als Ersatz für das in die Jahre gekommene Profiscal-Programm gedacht. Der Software-Dino läuft seit 1995 auf den Finanzrechnern der Landesverwaltung. HaVEL sollte das Management des gut 9 Milliarden Euro schweren Landeshaushalts und sämtlicher Rücklagen, Nebenfonds und anderer Anlagen erleichtern und vereinfachen. Haushaltsführung per Knopfdruck und voll digital. Was jeder Privathaushalt anstrebt, wollte auch das Land erreichen: Einen guten Überblick über Ausgaben und Einnahmen und jederzeit die volle Kontrolle über die Finanzlage auch in kleinen Verwaltungseinheiten – quasi per Power-App auf den Landesrechnern.
Ach, echt?
Kann mir nicht vorstellen, dass eine linke Landesregierung das zulassen würde, dass man einen Überblick über die Finanzen bekommen würde.
Aber die Zeit läuft davon: Die MACH AG bringt HaVEL nicht zum Laufen – jedenfalls nicht so, wie sich die Landesregierung das vorstellt. Testphasen scheiterten wiederholt. Das Finanzministerium erklärte auf Nachfrage: “Aufgrund der hohen Komplexität kam es zu zeitlichen Verzögerungen und funktionalen Nachbesserungen.” Das klingt irgendwie beherrschbar.
Wie so öffentliche Softwareprojekte eben so laufen…
Tatsächlich aber brennt im Ministerium der Baum. Zwölf Millionen Euro hat das Land bereits bezahlt – davon 7,5 Millionen Euro an die MACH AG und 4,5 Millionen Euro an das landeseigene Datenverarbeitungszentrum DVZ, das auch in diesem Fall wie ein ganz normales, gewinnorientiertes Unternehmen auftritt. Das Geld trägt noch keine echten Früchte. Denn über die Konzeptphase ist die Software offenbar noch nicht hinaus.
Dabei gab die MACH AG im März 2020 eine Jubelmeldung heraus – das Etappenziel “Konzeptphase” sei frühzeitig erreicht. 300 Workshops seien durchgeführt worden, mit insgesamt 1.900 Projekttagen. Außerdem sei ein 2.500 Seiten starkes Konzept-Papier erstellt worden. Doch das trug wohl eher zur Verwirrung bei. Denn die Unternehmens-Pressemitteilung lobte “partnerschaftliches und lösungsorientiertes Miteinander”. Diese Formulierung ließ für Insider schon erkennen, dass es klemmen musste.
Würde mich jetzt mal interessieren, wieviele Quotenfrauen, Parteipöstler, Abkassierer darunter waren, und wieviele Leute, die tatsächlich in der Lage sind, irgendetwas zu planen oder gar zu erstellen.
Auch zwei Jahre danach läuft es nicht. Intern schreibt das Finanzministerium sehr deutlich: “Seit 2020 kommt es zu erheblichen funktionalen Leistungsstörungen und zeitlichen Verzögerungen im Projekt, die durch die MACH AG verursacht wurden.” Das Projekt sei zunächst bis Ende 2021 verlängert worden. “Dennoch erfüllen eine Vielzahl der abgelieferten Module weiterhin weder die fachlichen noch die technischen Anforderungen.” Das ist die Note sechs für den Auftraggeber.
Für den Auftraggeber? Oder den Auftragnehmer?
Mittlerweile steht das Gesamtprojekt auf der Kippe.
Man muss sehr euphemistisch und optimistisch sein, um sowas als noch „auf der Kippe“ zu bewerten.
Zum Äußersten soll es aber nicht kommen. Die Lenkungsgruppe hat der MACH AG noch einmal “eine letzte Frist” gesetzt. In zwei Monaten – Mitte April – sollen die Mängel beseitigt werden. Unklar ist, was passiert, wenn die Software dann noch immer nicht läuft.
Ungefähr dasselbe wie am Flughafen BER, zwei Monate nach der ursprünglich geplanten Eröffnung.
Wo kommt das Geld für so einen Crash eigentlich her?
Denn das Vorhaben sollte ebenso wie andere Pläne für die Digitalisierung aus dem schuldenfinanzierten MV-Schutzfonds bezahlt werden. Abgeordnete der CDU und der AfD stellten dazu kritische Nachfragen. Sie bezweifelten, dass die Finanzierung etwas mit dem Sinn und Zweck des Schutzfonds zu tun hat. Der Fonds soll vor allem die Folgen der Pandemie bewältigen.
Bitte, was?
Die SPD-Regierung in MeckPomm schnorchelt Millionen aus einem Pandemie-Folgen-Fonds in ein Softwareprojekt für den Landeshaushalt, von dem außer viel Papier anscheinend nicht viel existiert?
Nochmal der Satz:
300 Workshops seien durchgeführt worden, mit insgesamt 1.900 Projekttagen.
Was haben die da eigentlich gemacht?
Und warum hat man eigentlich so darüber gejubelt?
Und warum brauchen wir eigentlich 16 verschiedene Systeme für 16 Bundesländer, und vielleicht noch ein siebzehntes für den Bund?
Dysfunktionale Softwaretechnik
Wenn ich das schon lese: 300 Workshops. 1.900 Projekttage.
Das ist etwas, was ich an dieser IT-Szene heute so abgrundtief hasse: Meetings, Meetings, Meetings, Papers, Paper, Papers, Projekte, Projekte, Projekte. Ein Riesen-Aufwand, ein Riesen-Gedöns allein schon um diese Gruppentänze, um sich selbst zu organisieren. Das ist ja mit ein Grund, warum ich mich aus diesem Wahnsinn zurückgezogen habe: Ein Meeting nach dem anderen, Tausende von Powerpoint-Folien, und hinterher schwirrt einem nur die Birne. Irgendwann denkt man sich, ins nächste Meeting gehe ich mit der Zwangsjacke und bin dann adäquat angezogen.
Und dann auch noch solche Scrum-Meetings und Projektcharts und weiß der Kuckuck was nicht alles – und am Ende ist die Woche rum und nichts ist passiert.
Planwirtschaft? Günstlingswirtschaft?
Was ist das?
Scheitern einer Planwirtschaft?
Scheitern einer Günstlingswirtschaft mit den üblichen parteinahen Berufsdummen?
Das große Plündern vor dem Finanzcrash?
Geldwäsche? Korruption?
Mal eine grundsätzliche Frage:
Dienen solche Projekte überhaupt auch nur von der Intention her der Erstellung von Software?
Oder ist das nur Geldwäsche, um Millionen aus dem Steuersäckel rauszuschleusen und ein Projekt dazu nur vorzutäuschen? (Wozu ja auch Frauenquoten dienen würden, die dazu führen, dass unqualifizierte Leute wie etwa Quereinsteigergeisteswissenschaftler zählen würden.)
Wer ist dafür eigentlich verantwortlich?
Es sind ja nicht nur zig Millionen Euro futsch, die sind ja dann auch nicht funktionsfähig.
Wie soll das da eigentlich weitergehen?
Eigentlich müsste doch irgendwer für diesen ganzen Mist verantwortlich sein. Betrug. Untreue. Unfähigkeit. Wenn nicht hier, dann bei der Einstellung der Leute, die das verbockt haben. Aber die Staatsanwaltschaft steht ja unter der Kontrolle der selben Landesregierung, die das vermurkst hat.
Eigentlich habe ich ja keinen Bock mehr auf sowas. Aber in solchen Fällen würde es mich schon interessieren und in den Fingern jucken, da mal zu untersuchen, wer das Ding in den Sand gesetzt hat.
Oder umgekehrt: Wer da überhaupt da und in der Lage gewesen wäre, das Ding hinzukriegen.
Aber wie sagt man heute so schön: Jeder kann programmieren.