Lesen und Anschauen…
Echt jetzt?
Ich bekomme so viele Mails dazu, was ich mir alles anschauen und durchlesen solle und müsse, um mich überhaupt noch äußern zu dürfen, zu können, es zu tun, ohne mich zu blamieren, dass ich allein mit dem Sichten der Mails so ausgelastet bin, dass ich gar nicht mehr dazu komme, auch nur irgendwas von dem zu lesen oder anzuschauen, as ich lesen und anschauen soll.
Man will von mir, dass ich lese und schaue, und das in einer Intensität, die es mir unmöglich macht, etwas zu lesen und zu schauen.
Selbst wenn das sofort aufhörte und ich mich nun dem Lesen und dem Schauen voll widmete, könnte ich mich geschätzt etwa frühestens Mitte/Ende 2023 zu aktuellen Vorgängen äußern. Wer mir die Arbeitszeit bezahlt, bleibt unklar. Was aber dann auch nicht möglich wäre, weil man bis dahin ja schon wieder ganz andere Sachen gelesen und geschaut haben muss, um sich äußern zu dürfen. Und selbst, wenn man es dann täte, würde mir dann vorhalten, zu spät zu kommen und geschlafen zu haben.
Sagt man aber nichts, wird man auch ständig angeraunzt, was für ein Versager man wäre, dass man nichts sage.
Egal, was und wie man es macht: Es ist immer falsch, wie man es macht. Man kann es dem Publikum eigentlich gar nicht mehr recht machen.
Ist die Konsequenz daraus, darauf zu pfeifen, auf Durchzug zu stellen und einfach quitschfidel zu schreiben, was und wozu man gerade Lust hat? Viel Feind, viel Ehr?
Oder sind wir eine Gesellschaft, die mit einfach gar nichts mehr zufrieden ist, nicht einmal dann, wenn sie es kostenlos bekommt? Die sich nur noch darüber definiert, woran sie rummotzt?
Mal anders gefragt: Sind wir dann überhaupt noch eine Gesellschaft im Wortsinn?
Und warum glauben eigentlich die, die selbst gar nichts publizieren und dämliche Motzmails schreiben, dass ausgerechnet sie am besten wüssten, was man wie zu schreiben hat und was richtig ist?
Und warum widersprechen sich die, die glauben, im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein, gegenseitig so eklatant? Müsste man nicht die verschiedenen einzigen Wahrheiten mal im Fernsehen gegeneinander antreten lassen?
Und eine andere Frage: Worin unterscheidet sich eigentlich der, der aus dem Umstand zu glauben, dass er die einzige Wahrheit kennt, auch folgert, dass er die einzige Bewertung derselben und die einzigen Konsequenzen aus denselben kennen kann, von dem, der eine Korrelation für eine Kausalität hält?
Kann einer die Wahrheit kennen und trotzdem zu dämlich sein, sie geistig zu verarbeiten, die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen? Oder wird auch der Dumme bereits schon durch die bloße Kenntnis einer Wahrheit zum Schlauen?