Ansichten eines Informatikers

Schiff versenkt

Hadmut
14.4.2022 22:34

Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich.

Vorhin hieß es noch, die Ukrainer behaupteten, sie hätten der Russen Flaggschiff Moskwa versenkt, während die Russen behaupteten, das stimme gar nicht, es hätte zwar einen Brand gegeben, aber der wäre irgendwie anders entstanden, man habe den gelöscht und würde das Schiff in einen Hafen schleppen.

Nun heißt es, es waren zwei ukrainische Raketen und das Schiff ist gesunken, wie die Ukrainer es gesagt haben.

Anscheinend haben die Russen es sich doch noch mal anders überlegt und es zum Sinken wieder aus dem Hafen gezogen.

Ein Detail irritiert mich allerdings an der Meldung von RND:

Um 1:05 Uhr Ortszeit in der Nacht zum Donnerstag morste der Lenkwaffenkreuzer „Moskwa“ SOS: Das Schiff sei nach einer Explosion im Munitionslager schwer beschädigt, die Crew evakuiert, heißt es im Funkspruch. Die Ursachen würden untersucht.

Die morsen noch?

Wie einst die Titanic?

Das irritiert mich jetzt, auch wenn mir schon klar ist, dass bei elektronischer Kriegführung und der Erfordernis von Langwellenfunk was für das Morsen spricht, aber das ist so dann auch nicht so toll mit dem Verschlüsseln. Freilich, wenn man noch ein paar Enigmas hat, die man im zweiten Weltkrieg erbeutet hat, aber irgendwie hätte ich mir da doch irgendwas Digitales vorgestellt, verschlüsselt, über Satellit oder so.

Wobei, wenn ich es so recht bedenke, das muss ja nicht heißen, dass da ein Mensch morst. Das wäre ja heute trivial, ein Gerätchen zu bauen, dass automatisch morst.

Allerdings könnte man jetzt auch überlegen, ob die da was haben, was resistent gegen den elektromagnetischen Puls einer Atombombe ist, also könnte es gut sein, dass sie da völlig transistorfreie Funkgeräte haben, die noch mit Röhren funktionieren. Als ich vor fast 40 Jahren bei der Bundeswehr war, kam ich mal an einem Gebäude vorbei, vor dem so eine Sarg-große grüne Kiste stand, an einen Stromgenerator (Mobl) angeschlossen war und dessen Klang zufolge ziemlich viel Strom zog. Da steht eine Kiste, verbraucht Strom, und ich weiß nicht, warum. Mal geguckt: „Rechengerät Ballistik“. Sie sagten mir, das sei noch ein Analogrechner, mit Röhren gebaut. Schwer, groß, braucht Strom, darf man nicht fallen lassen. Aber widersteht dem elektromagnetischen Puls einer Atomexplosion.

Insofern wäre es sinnvoll, sowas an Bord zu haben. Aber es gab ja keinen elektromagnetischen Puls. Jedes Boot, sogar jeder Matrose kann heute eine EPIRB-Seenotfunkboje (Emergency Position Indicating Radio Beacon) bei sich haben, da werden sie dann ja wohl auch in der Lage sein, ihr Flaggschiff mit was modernerem auszurüsten. Und zwar so, dass es auch autark noch funktioniert, wenn die Bude brennt.

Als Kind hatte ich so ein seltsames Spiel, so eines der frühesten elektronischen Spiele, das … ach, was erzähl’ ich lang. Das da hatte ich:

Und wisst Ihr, was der größte Brüller war?

Wir hatten am Institut eine echte Enigma.

Ich habe mal die Vorlesung gehalten, in der ich historische Chiffren vorgestellt habe, Agentenhandchiffren und so Zeugs, und natürlich die Enigma und wie die Bombe funktioniert hat. Die Enigma aber noch unter einen Tuch versteckt, und erst wenn ich mit meiner Vorlesung durch war (richtig geil, weil das dann so spannend rüberkam, die waren auch begeistert), das alles aber nur mit Bildern oder Zeichnungen an der Tafel erklärt hatte, zum Abschluss noch: Und jetzt eine echte, Tuch hoch (Boah, *Staun*) und dann das Ding vorgeführt. Noch mit den Original-Glühlämpchen, die man so heute gar nicht mehr bekommt, weil die nicht rund, sondern flach linsenförmig waren.

Wie ich also so auf dem Weg zur Vorlesung war und die Enigma zur Sicherheit, weil wertvoll, nicht getragen habe, sondern auf einem Rolltischschen vor mir herschob und mit einem Tuch abgedeckt hatte, kam mir ein Kollege aus einem anderen Institut entgegen, der nicht wusste, was das war, aber neugierig fragte „Was hast Du denn da?“. Ich sagte „Rate mal!“. Und der sagte – ohne zu wissen, was das ist – im Spaß „Schiffe versenken!“

Ich war wirklich baff und musste dem dann später in voller Breite erklären, was für einen unglaublichen Volltreffer er mit der Antwort gelandet hatte.