Ansichten eines Informatikers

Kindererziehung

Hadmut
19.4.2022 17:45

Auch nicht mehr das, was sie mal war.

FOCUS berichtet von einem Restaurant an der Ostsee, das Familien mit Kindern bis 12 Jahren nicht mehr bedienen will, weil die sich nicht benehmen können.

Die Wirtin Ricarda Biebl hat nach endlosen Diskussionen mit uneinsichtigen Eltern für sich die Notbremse gezogen – und wird jetzt mit Hassnachrichten überflutet.

„Die Tatsache, dass sich Kinder daneben benehmen, weil die Eltern sie nicht mehr richtig erziehen, hat in den vergangenen fünf Jahren extrem zugenommen“, berichtet die 49-Jährige im Gespräch mit der MOPO. „Vor zehn Jahren war das noch nicht so.“ […]

Das Schlimme: Sobald sie oder ihr Service-Personal die Eltern auf das Verhalten des Kindes ansprächen, würden sie nur wüst beschimpft. „Das geht nicht, dass wir uns obendrein noch die ganze Zeit beschimpfen lassen müssen“, sagt Biebl. Schon in der vergangenen Saison habe sie sich für eine befristete Zeit dafür entschieden, keine Familien mit Kindern unter 12 Jahren zu bewirten.

„Als wir es am Ende der vergangenen Saison doch noch einmal probieren wollten, haben wir es nach 14 Tagen bereits bitterlich bereut“, erzählt sie weiter. „Deswegen steht meine Entscheidung jetzt fest.“ Neben dem Schaukasten findet sich Hinweis auch auf der Website des Restaurants.

Das höre ich erstaunlich oft, von Eltern über die Mitschüler ihrer Kinder, Leuten, die Läden betreiben, und so weiter und so fort.

Neulich ist mir im Ausland auch sowas passiert.

Da gab es eine Parade, so ähnlich, wie bei uns die Faschingsumzüge, bei der die verschiedenen Gruppen der Gegend in ihren Uniformen da entlangzogen und Musik gemacht, oder irgendwas vormarschiert haben. Jede Schule. Die Girl Scouts. Irgendeine Katastrophenschutztruppe. Vereine. Musikgruppen. Von der Armee. Die sind da halt bei Sonnenschein in ihrer jewiligen Tracht die Hauptstraße langmarschiert, jeder auf seine Weise. Mittelgroßes Tschingderassabumm. Drumherum das Publikum.

Nun hatte die Polizei, wie das bei solchen Umzügen so üblich ist, an den Straßenrand, am Bordstein des Fußweges entlang, so kleine Pfosten aufgestellt, alle paar Meter einen, und durch Ösen an den Pfosten ein Seil gezogen, was von Pfosten zu Pfosten ging, deutlich durchhing, damit so eine Art Girlande auf Kniehöhe entstand, damit die Leute wissen, bis wohin sie stehen dürfen.

Das hat eigentlich auch wunderbar funktioniert.

Nur nicht da, wo ich stand. Ich hatte mich da frühzeitig hingestellt, bevor es voll wird, um ganz vorne zu stehen. Und als das schon so voll war, dass man den Platz nicht mehr wechseln konnte, kam da eine aufgetakelte Frau mit zwei kleinen Kindern, vielleicht so fünf, sechs Jahre, ein Junge und ein Mädchen, an, drängelte sich durch, und die Kinder ganz nach vorne.

Das war an sich auch noch nicht schlimm, weil dafür ja jeder Verständnis hat, dass die Kinder nur vorne was sehen können, und sie einem ja selbst auch nicht im Blick stehen. Das haben die rundherum ja auch so gemacht, dass man die Kinder ganz nach vorne stellte.

Während sich das Mädchen aber noch halbwegs benehmen konnte, war der Junge so eine Katastrophe. Der hat systematisch die Leute um ihn herum geärgert bis tyrannisiert. Zuerst schnappte der sich natürlich das Seil, was für ihn auf Griffhöhe war, um damit größtes Unheil anzurichten. Vor, zurück, vor, zurück, das Ding hatte ja Spiel, weil es locker durchhing.

Dann fiel dem Kotzbrocken auf, dass ich einer der ganz wenigen Leute in kurzen Hosen war, und der zog dann so an dem Seil, dass mir das gegen die Beine drückte, um es dann dort ruckartig rauf- und runterzureißen. Das stört einen nicht nur persönlich, es hält einen auch vom Fotografieren und Videoaufnahmen ab, weil es dann eben wackelt. Ein böser Blick von mir, und kurzzeitig war Ruhe. Aber nur für einen Augenblick. Der Satansbraten fing wieder an, umso heftiger. Ich habe ihm dann, auf englisch, weil ich nicht wusste, welche Sprache er spricht, aber in bösem Ton gesagt, er solle damit aufhören. Mutti steht die ganze Zeit dabei und macht gar nichts.

Das hat er dann in Bezug auf mein Bein auch getan, aber dann versucht, so weit wie möglich nach vorne auf die Straße zu kommen. Und da geht was, weil das Seil ja an den Pfosten durchrutscht und auch der durchhängende Teil der Nachbarpfosten durchrutscht. Zweimal haben Polizisten, die da entlang gingen, Kind und Mutter höflich angesprochen, dass das so nicht geht. Dass man da Platz lassen muss für Fahrzeuge und die Leute, die da durchmarschieren. Hat weder die Mutter, noch den Jungen interessiert. Der macht, was er will, und Mutti guckt zu. Zweimal sind Musikanten fast über ihn gefallen oder ins Stolpern gekommen, weil der so weit in die Straße hineinlief, dass er ihnen im Weg stand. Interessierte die Alte nicht. Zudem stand er mir noch im Bild. Ich habe dann mal Handzeichen gegeben, dass er zurückgehen soll. Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, ob ich auch zur Mutter mal gesagt habe, dass sie den Jungen zurücknehmen soll. War ja auch nicht ungefährlich.

Kaum aber war die Parade vorbei, faucht mich auf einmal die Mutter an, was mir einfiele, sie überhaupt anzusprechen. Ich hätte gefälligst auf der anderen Straßenseite zu stehen, nicht wo sie stünden. (Auf der anderen Seite stand jemand mit Stativ.) Dass ich aber vor ihr da war, und man dann, als sie kam, nicht mehr über die Straße konnte – egal. Alle haben sich nach ihr zu richten. Und ich hätte sie nicht in Bezug auf Kinder anzusprechen.

Geschrei, Gezeter, aufgetakelte Walküre, und die beiden Kinder noch an je einer Hand hinter sich hergerissen.

Nachdem sich das dann auflöste, dachte ich mir, komm’, egal, bin in die andere Richtung weggegangen, als die hinter mir herkam und mich nochmal anschrie, die beiden Kinder noch hinter sich hergezerrt, dass die kaum mitkamen (ich habe es nicht mal genau verstanden), dass ich mir vorher überlegen solle, wie ich zu Russen spreche. Die meinte allen Ernstes, dass Russen so eine Art Herrenrasse sind, auch im Ausland, und man vor ihnen zu weichen habe und sie auch nicht ungebührlich ansprechen dürfe. Und dann auch noch so eine schrille Kehlkopfstimme. Mutter mit Kindern, mit denen man einfach gar nichts zu tun haben will. Die sich nicht benehmen können, denen man nichts sagen kann, nicht mal die Polizei, die auch nicht sehen, wie sie sich daneben benehmen, weil sie sich einfach für etwas besseres halten und meinen, sie stünden irgendwie über den anderen.

Kurios: Sie schnauzt mich da an, dass ich so nicht zu Russen zu sprechen hätte – woran man sie aber als Russen hätte erkennen können, sagt sie nicht. Ich hätte die nicht einschätzen können, aber wenn überhaupt, dann noch am ehesten für spanisch gehalten.

Ich hatte die Kamera zwar längst aus und weg, aber – so wie auf der Expo in Dubai – eine GoPro am Schultergurt hängen und die lief noch. Zwar etas zu tief für jemanden, der unmittelbar vor mir steht, aber immerhin. Deshalb ist der die Kamera wohl auch nicht aufgefallen. Man sieht aber, dass der Junge erschreckt guckt und dem so langsam aufgeht, dass was nicht stimmt. Und dass er der Auslöser war.

Ich habe überlegt, ob ich das ins Blog stellen soll. Weil man daran wunderbar sieht, dass die Kinder kein Benehmen lernen können, wenn schon die Mutter sich nicht benehmen kann und vor lauter Arroganz und Überheblichkeit gar nicht merkt, wie sie andere stört, die Musiker fast hinfallen, der Junge die Umgebung tyrannisiert. Ich habe es dann aber doch gelassen, weil man zu viele Menschen direkt sieht, auch die Kinder, und man da aus Ort und Zeit zu schnell Rückschlüsse ziehen und das rückverfolgen könnte.

Zeigt aber:

Die Kinder sind das Symptom, die Eltern sind das Problem.

Jede Menge Egomanen, die weder intellektuell, noch charakterlich in der Lage sind, Kinder zu erziehen.

Keine Ahnung, ob das was über Russen und deren Erziehung aussagt. Ich habe viel zu wenig mit Russen zu tun gehabt. Ich hatte einen Kollegen, ein überaus stiller und freundlicher Mensch, sehr zurückhaltend. Und ich hatte vor 20 Jahren einen in der Reisegruppe, von einer seltsamen und überheblichen süßlich-freundlichen Arroganz. Der hielt sich auch für was besseres, hat sich aber völlig verkalkuliert, ging nach hinten los. Eigentlich ein freundlicher, vor allem intelligenter, gebildeter Mensch, vornehm in Ausdruck und Auftreten, und trotzdem von jeder herablassenden Arroganz, die jede Sekunde ausstrahlt, dass er über den anderen zu stehen glaubt und milde herabblickt. Aber zwei Russen im Abstand von 20 Jahren sind halt auch keine aussagefähige Stichprobe, und nicht mal eine Korrelation, von der man auf eine Kausalität fehlschließen könnte.

Eigentlich hatte ich die Tante auch schon wieder vergessen, ist mir jetzt aber so eingefallen, als ich diesen Artikel gelesen habe.

Und nicht wenige Hotels werben ja inzwischen damit, dass es bei ihnen keine Kinder gibt.

Meiner Erfahrung nach sind das Problem dieser Gesellschaft nicht die Kinder. Sondern die Eltern. Meistens die Mütter. Der Junge wird sich vermutlich niemals benehmen können.