Ansichten eines Informatikers

Stromzählertechnik

Hadmut
26.4.2022 14:12

Ich habe ganz viele Zuschriften erhalten.

Jede Menge Hinweise und Links auf verschiedene Produkte, die sich im wesentlichen in zwei Kategorien unterteilen lassen:

  • Zwischenstecker für zwischen Steckdose in der Wand und Stecker des Elektrogerätes
  • Geräte für die Hutschienenmontage im Sicherungskasten

Ein paar Anmerkungen dazu.

Zwischenstecker

Ja, kenne ich, davon habe ich inzwischen eine ganze Kiste voll, fallen sogar in drei Kategorien:

  • Fritz/AVM mit Steuerung per DECT über die Fritzbox,
  • Steuerung per WLAN
  • Steuerung per Zigbee

Das ist aber alles nicht so trivial.

AVM

Die Steckdosen von AVM (Fritz!Dect 200) sind gut und erfüllen ihren Zweck, sind aber leider erstens sehr teuer und zweiten sehr groß und sperrig, passen an die meisten Stellen nicht hin. Ich habe mein Fernsehgeraffels (Fernseher, DVB-T2-Empfänger, Switch, Soundbar, FireTV, Bluray-Player) an so einem Ding hängen, das sich automatisch jeden Morgen um 3 Uhr ausschaltet und erst auf manuellen Befehl wieder einschaltet, wenn ich es brauche. (Ich gucke nicht so oft im Wohnzimmer Fernsehen.) Der ganze wohnzimmrige Multimediakram ist damit die meiste Zeit stromlos. Das macht bei dem Zeug aber auch nichts, wenn der Schalter im laufenden Betrieb abschaltet, da geht nichts kaputt, da verliert nichts Daten. Geht bei PCs nicht. Und die Schalter sind einfach so groß und sperrig, dass sie an die meisten Stellen schlicht nicht passen. Nur mit Mühe habe ich sie dahin bekommen, wo sie jetzt sind.

WLAN

Ich habe mir mal einiges an Zeugs für WLAN gekauft, Zwischenstecker verschiedener Größen, auch Doppelstecker oder mit USB-Stromausgang, auch eine Steckdosenleiste. Manche sogar winzig klein und passen sogar in Steckdosenleisten nebeneinander, aber hinter Schränken immer noch zu dick.

Aber: Das ist ab Werk meistens unbrauchbar. Weil die Dinger zwar unter unzähligen Handesnamen und mit kosmetisch veränderten Gehäusen oder auch in Baumärkten verkloppt werden, die aber weit überwiegend oder nahezu alle von Tuya hergestellt werden, ich glaube, eine chinesische Firma. An der Hardware habe ich bisher nichts auszusetzen (außer dass in einer Steckdose mal ein Kabel falsch in das Gehäuse gelegt und daher eingeklemmt war und unter übler Zugbelastung stand), aber die Software ist meines Erachtens nicht akzeptabel, weil das alles über deren Rechenzentrum in China läuft, und man deren App auf dem Handy braucht. Außerdem wurden da schon Sicherheitslöcher drin gefunden. Und sowas kann ich bei der derzeitigen Sicherheitslage gar nicht gebrauchen, dass meine Steckdosen von einem Rechenzentrum in China gesteuert werden und auch noch bei mir im WLAN hängen, also andere Geräte angreifen könnten.

Nun gab es da vorrübergehend Abhilfe. Die meisten dieser Geräte haben nämlich einen ESP8266. Und damit kann man da die weitaus bessere TASMOTA-Software draufspielen, die nicht nur lokal arbeitet und ohne Rechenzentrum auskommt, sondern per MQTT an nahezu jede Heimautomatisierungsoftware anzuschließen ist und über die Emulation irgendeiner kommerziellen Steckdose sogar an Alexa (habe ich zu Testzwecken, benutze ich aber nicht) angeschlossen werden kann. Außerdem kann man da kleine Programmchen drauf laufen lassen, etwa dass ein Gerät nach gewisser Zeit wieder ausgeschaltet wird (Timer), oder es ganz ausgeschaltet sind, wenn es für gewisse Zeit eine Leistungsschwelle unterschreitet (Drucker, Mikrowelle, Fernseher im Standby usw.) Die Frage ist aber, wie man die TASMOTA-Software auf den Stecker bekommt.

Variante 1: Aufschrauben und mit dem Programmieradapter an die meist (aber nicht immer) auf der Platine zugänglichen Kontaktpunkte für UART und Steuerung gehen und wie bei einem normalen ESP8266-Board einspielen. Hat nur am Anfang funktioniert, etwa bei den Steckdosenschaltern, die es früher mal bei OBI gab (leider auch sehr groß). Irgendwo im 3D-Druck-Weltraum, ich glaube, auf Thingiverse, gab es sogar mal eine 3D-Druckvorlage für einen Programmieradapter für die ganz kleinen Tuya-Steckdosen. Inzwischen haben sie neuere, die schwerer zu öffnen sind und die Kontakte nicht mehr zugänglich haben. Und die Geräte von Tuya sind inwzischen auch nicht mehr verschraubt, sondern meist verklebt, weil die das nicht wollen (warum eigentlich nicht? Was stört die daran?)

Variante 2: Eben weil die Software von Tuya Sicherheitslöcher hat, war es Leuten mal gelungen, per Raspberry die Firmwareupdate-Server von Tuya zu imitieren und vorzugaukeln, und damit der Steckdose die Tasmota-Software als Firmwareupdate unterzujubeln. Damit habe ich einigen meiner Steckdosen ohne sie öffnen zu müssen, die Tasmota-Software beigebracht. Funktionierte aber auch nur mit den Älteren, inzwischen haben die das gestopft. Ich hatte sogar Steckdosen in einer Viererpackung gekauft, bei denen es bei dreien noch ging, bei der vierten nicht mehr.

Variante 3: Inzwischen gibt es hin und wieder sogar Anbieter, die ihre Steckdosen gleich mit Tasmota anbieten.

Nun war das aber alles vor allem eine Episode des ESP8266-Prozessors, von dem ich nicht weiß, ob der noch gebaut wird. Nachfolger ist der – größere und teurere – ESP32, und damit habe ich noch keine Steckose gesehen, die steigen auf andere, billigere Prozessoren um. Nix mehr Tasmota.

Nun habe ich zwar einige dieser Steckdosen, aber ich bin nicht so begeistert von der Herangehensweise, auf etwas zu setzen, von dem ich weiß, dass es das jetzt schon nicht mehr ohne weiteres nachzukaufen gibt, und ich weiß auch nicht, wie sich meine Fritzbox mit 30, 40 oder 50 Geräten im WLAN verhält.

Außerdem, wie gesagt, passen selbst die ganz kleinen, ganz winzigen, die kaum dicker sind als der Stecker selbst, an vielen Stellen nicht mehr hin. Nicht hinter Schränke. Nicht in die Kabelschächte unter meinen Schreibtischen.

Zigbee

Inzwischen habe ich auch Zigbee mal getestet, und das gefällt mir vor allem deshalb, weil das nicht in der normalen Internet-Netzwerkerkei mitläuft, also Angriffe, Störungen usw. nicht gleich durchschlagen. Bisher habe ich aber – außer mal zum Testen – noch keine Hausautomatisierungssoftware im Einsatz. Bin mir noch nicht sicher, welche da eigentlich meinen Vorstellungen am nächsten kommt. Die sind alle inzwischen so komplex, dass man sie zumindest nicht innerhalb der ersten halben Stunde und auf den ersten Blick beurteilen kann. Ich muss erst mal nachdenken, was ich überhaupt will und brauche.

Allerdings habe ich zu Zigbee bisher auch nur Schaltsteckdosen ohne Messfunktion (so ab etwa 10 Euro pro Stück). Ein Leser hat mich zwar auf ein Exemplar mit Messung hingewiesen, aber das kostet gleich wieder 55 Euro. Vor allem muss ich mal ausprobieren, ob ich damit von der Reichweite die ganze Wohnung abdecke. Gibt außerdem Glühbirnen und anderes Gerät.

Die Glühbirnen hätten gewisse Vorteile. In der Firma hatten wir früher in dem Raum, in dem das Betriebsteam die Produktivserver überwachte, eine ausgemusterte Straßenverkehrsampel an der Wand hängen, die rot-gelb-grün den von der Systemüberwachung gemeldeten Zustand anzeigte. Musste aber ab, nachdem sie einen Kurzschluss hatte. Weil es nun aber Zigbee-Glühbirnen mit steuerbarer Helligkeit (und leider nicht vergleichbarer Helligkeit wie die normalen LED-Glühbirnen) gibt, könnte man sich also ganz unauffällig so eine Warnanzeige in die Wohnung bauen. Fällt der Blog-Server aus, geht die Beleuchtung auf Rot. Wie im U-Boot auf Gefechtsstand.

Grundsätzlich sind die Zigbee-Schalter aber auch nicht kleiner, und das Problem, dass sie nicht passen, nicht gelöst. Allerdings gibt es von IKEA inzwischen ein (meines Erachtens überteuertes) Stecksystem aus Kabeln, Steckdosenleistenelementen und Zigbee-Schaltern, das passen könnte.

Sicherungskasten

Da gehört das meines Erachtens hin.

Und ich habe auch einige Hinweise auf diverse Geräte für die Hutschiene bekommen.

Aber, ach.

Mal ganz abgesehen davon, dass ich für solche Umbauten die Genehmigung der Hausverwaltung bräuchte und nicht bekomme, das also nicht darf, fehlt im Sicherungskasten schlicht der Platz dafür. Die sind nämlich inzwischen ziemlich klein. Und meiner reicht gerade so für die Sicherungen und den Fehlerstromschalter.

Ich habe zwar sogar zwei, aber im zweiten ist kein Strom, weil der für die Kabelfernseh- und Kategorie5-Wohnungsverkabelung gemacht ist. Ziemliche Fehlkonstruktion, weil viel zu klein, um da noch Kabel reinzubekommen, und bei Einzug auch nur mit Tricks überhaupt zu switchen war. Inzwischen habe ich einen 8-Port-Switch gefunden, der klein genug war, um da überhaupt reinzupassen, aber selbst mit dem ging das nicht sauber, sondern alles irgendwie reinstopfen und zusammenpappen, dazu Netzwerkkabel zurechtschnitzen, damit sie überhaupt reinpassen. Und noch ein Loch in die Tür bohren, weil es drinnen keinen Strom hat, der Switch aber Strom braucht. Völlig fehldimensiert und vermurkst (das Architekturbüro, das das Haus gebaut hat, ist stolz auf seinen hohen Frauenanteil, kann das Bad aber nicht mal so bauen, dass man es ordentlich reinigen kann, weil man nur so im modernen Stil einzelne Teile der Wand gekachelt und direkt daran nur weiß gestrichen hat. Weil das jetzt so in Mode ist.). Als 5 Jahre nach dem Bau mal eine Elektrofirma für die turnusmäßige Kontrolle der Elektroinstallation vorbei kam, sagten sie mir, ich sei in der ganzen Wohnanlage der Einzige, der es geschafft habe, die Kat5-Verkabelung der Wohnung in Betrieb zu nehmen. Wobei ich auch nur mit Glück und Mühe zufällig ein hutschienentaugliches Steckfeld gefunden habe, das da reingepasst hat.

Und: Der Kabelkasten direkt gegenüber der Eingangstür, dort, wo man in den 70er Jahren noch das Telefonmöbel aufstellte, weil man damals noch das Telefon im Eingangsbereich zur Verrichtung des Telefongeschäftes hatte. Dass das einfach Scheiße aussieht, wenn da die Kabel und ein Switch oder Server dran soll, kapieren die nicht. Dabei hat die Wohnung genau in der Mitte eine Besenkammer. Die wäre perfekt für ein Serverregal, ein 10-Zoll-Rack, und böte auch noch ideale WLAN-Abdeckung. Aber da ist außer einer Steckdose nichts drin, kein Kabelanschluss, kein Kat5, weil doch eine Besenkammer. Die in den Architekturbüros haben überhaupt keine Ahnung, was sie da eigentlich bauen. Haben mir übrigens auch der Elektriker und der Fließenleger bestätigt. Im Bad habe ich die Steckdose für die Waschmaschine direkt unter dem Wasserhahn. Wenn da Wasser rausläuft, läuft es in die Steckdose.

Als ich damals nach einer Wohnung gesucht habe, habe ich noch schlimmere Katastrophen gesehen. Nagelneuer Neubau, Erstbezug, ganz tolles Steckfeld in Schaltkasten für die ganze Wohnung, alles prima. Nur: zwischen den Buchsen und der Blechtür des Schaltschrankes ca. 1cm Platz. Sobald man ein Kabel reinsteckt, geht die Tür nicht mehr zu. Wer baut so eine Scheiße?

Noch besser war eine andere Wohnung. Ehemaliges Fabrikgebäude, mit schönen neuen Wohnungen ausgestattet. Teuer. Edel. Alles nagelneu. Geile Küche. Und, man ist ja modern, wirklich reichlich Kat5-Steckdosen in der ganzen Wohnung, in wirklich jedem Raum, mehrere. Überall. Ganz toll. Nur das Patchfeld habe ich nirgends entdecken können, wohlgemerkt in einer völlig leeren Wohnung, in der bis auf die Küchenschränke keinerlei Möbel waren. Mit der Maklerin wirklich alles abgesucht. Sie fragte noch „Wie meinen Sie das? Patchfeld?“

Ja, sagte ich, da hat es so schöne Kat5-Anschlüsse überall. Wo gehen die denn hin?

Man verstand, auch unter telefonischer Zuhilfenahme der Hausverwaltung und des bauenden Unternehmens, die Frage nicht. Meine Frage sei abwegig, denn bei Stromsteckdosen, Telefonsteckdosen und Kabelfernsehsteckdosen fragt man ja auch nicht, wo die hinlaufen, da sucht man ja auch nicht nach dem anderen Ende. Die hat man und ist damit zufrieden, fertig. Die kommen da halt einfach raus. Bei uns kommt das Internet aus der Steckdose.

Aha. Wir haben hier in der Wohnung also locker 40 oder 50 Kat5-Anschlüsse, und die gehen alle irgenwohin ins Weiß-man-nicht, angeblich zum Internet-Anbieter. Wer sei das denn? Ja, wen ich beauftrage. Und wie käme der dann an das andere Ende der Kabel? Man verstand die Frage nicht. Man sagte dann, dass das vermutlich in den Keller gehe, da habe aber natürlich nur der Hausmeister Zugang.

Was ich damit sagen will:

Es reicht nicht, sich irgendwelche Gimmicks im Internet zu ergoogeln und irgendwo reinzustecken.

Wir müssten mal eine ordentliche Wohnungsverkabelung definieren, die Stromversorgung, Internetversorgung, Kabelfernsehen, Telefon, WLAN und so weiter abdeckt, und das alles so in einem Schaltschrank von ausreichender Größe packt, dass man da Patchfelder hat, 10-Zoll-Einbauracks unterbringt, alle Stromleitungen messen und die Gerätschaften nicht frickelt oder klebt, sondern regulär auf Hutschienen bauen kann, und damit auch aus der Mitte der Wohnung heraus die Zimmer mit WLAN versorgen kann.

Der ganze Kram mit den Zwischensteckern ist wieder fehleranfällig und kann zu Wackelkontakten und so weiter führen.

Solange wir uns aber Architekten leisten, die nicht verstehen, was sie da eigentlich bauen, und das nur von Fotos kennen und murksig nachahmen, wird da nichts Grundsätzliches gehen.

Anmerkung dazu:

Es scheint gerade eine Initiative zu geben, in Industrie und Privatbereich einen neuen Ethernet-Standard zu etablieren, Single-Pair Ethernet. Ethernet, das mit zwei Drähten (Twisted Pair) auskommt und deshalb billigere, leichtere, dünnere Kabel braucht. Kam wohl ursprünglich aus der KFZ-Industrie für Fahrzeugverkabelungen als schnellerer Ersatz für den CAN-Bus. Wenn sich das durchsetzt, wird man wohl weit öfter und billiger Wohnungen verkabeln und weniger Platz in den Schaltschränken brauchen.