Die Berganfahrhilfe
It’s not a bug. It’s a feature.
Nachdem mir jetzt einige Leser schrieben, dass es das schon seit Jahren gibt, dass da das Auto die Bremse in dem Falle, dass es Anfahren am Hang erkennt, die Bremse erst löst, wenn einige Sekunden vergangen sind oder die Anfahrkraft groß genug ist (also letztlich die Hand an der Handbremse durch Software ersetzt, was ja auch erst mit neurer Fahrzeugtechnik möglich ist, weil der Bordcomputer die Bremsen halten können muss, und das gibt es ja auch erst in neueren Fahrzeugen, die dann auch automatisch bremsen können), stellt sich die Frage: Warum?
Irgendwie riecht das danach, als hätte man das als Verkaufsargument für Frauen eingebaut. So, wie auch schon die Einparkautomatik.
Das mit dem Anfahren und dem Einparken war ja in den 70er Jahren Thema in „Der 7. Sinn“ und ähnlichen Sendungen:
Ich habe das irgendwo schon mal erlebt, dass sich Feministinnen fürchterlich über diese alten Videos aufregten. Und irgendwo habe ich auch schon mal junge Frauen gehört, die das überhaupt nicht verstehen konnten, warum man „Frau am Steuer“ sagt und Autofahren früher Männersache war.
Nur: Die wissen alle nicht, wie das früher mit dem Autofahren war. Die denken, das war schon immer so wie heute. Achtet mal drauf, wenn Ihr irgendwo junge Frauen einparken seht: Die lenken fast alle im Stand mithilfe der Servolenkung. Drehen die Räder und fahren dann los, und wissen nicht, dass man das nicht nur nicht macht, sondern das eigentlich auch nicht geht. Fahrt mal ein altes Auto ohne Servolenkung. Ihr werdet merken, dass die nicht nur (der Hebelkraft wegen) viel größere Lenkräder hatten als heute üblich (achtet mal in alten Filmen aus den 50er Jahren auf LKW und Omnibusse, was für riesige Lenkräder die hatten), weil man viel mehr Kraft aufwenden musste. Ich hatte ja mal ein Auto, das – im Blog schon erzählt – mal ein Problem mit den Zündkabeln hatte, die ersetzt werden mussten. Immer bein Einfahren in die Kreuzung mit Anhalten zum Durchlassen des Gegenverkehrs beim Linksabbiegen ging der Motor aus. Was mir mal fast einen Unfall beschert hat, denn wenn beim tangentialen Linksabbiegen der Motor ausgeht und damit die Unterstützung der Servolenkung fehlt, und dann die Lenkung ohne Vorwarnung viel schwerer geht, wendet man nicht schnell genug genügend Kraft auf und lenkt nicht stark genug, kracht fast in den tangentialen Gegenverkehr. Da merkt man plötzlich (wieder), wie schwer das Lenken eigentlich geht. Bei meinen ersten zwei Autos war das auch nicht möglich, oder nur mit sehr viel Kraft, beim Einparken im Stand das Lenkrad zu drehen. Man musste immer anfahren und konnte nur in Bewegung lenken. Heute schlagen die das Lenkrad im Stand mit einem Finger ein.
Ich weiß nicht mehr wo. Ich hatte mal versucht, irgendwelchen Frauen, die sich über diesen Auto-Chauvinismus aufregten, klar zu machen, dass Autofahren früher richtig Kraft gekostet hat und richtige Arbeit war. Als ich Kind war, gab es noch Autofahrer-Handschuhe aus Ziegenleder, die man bei Sportwagen trug, um zu signalisieren, dass man „sportlich“ fährt und um sich keine Schwielen und Blasen an den Händen zu holen. Aus demselben Grund, aus dem Kraftsportler in der Muckibude Radfahrerhandschuhe tragen. Ich war als Kind mal dabei, wie ein Porschefahrer erklärte, dass das richtig Arbeit und er nach ein, zwei Stunden richtig fertig sei. Dass man richtig Kraft brauche, um solche Sportwagen zu fahren. Wollten und konnten die nicht kapieren. Würde ich mir nur ausdenken um die Ausgrenzung von Frauen zu legitimieren. Alles faule Ausrede. Dass Autos aber nicht aus der Steckdose kommen, sondern da über 100 Jahre hochintensiver Ingenieursarbeit von zigtausenden Entwicklern drinsteckt, können die sich nicht vorstellen. Autos gibt es halt einfach. Bei uns kommen die Autos aus der Steckdose. (Inzwischen ja wirklich.) Dass junge emanzipierte Frauen von heute an einem Auto der 70er immer noch scheitern würden – können sie sich nicht vorstellen.
Heute hat man also Servolenkungen, Bremskraftverstärker, Einparkautomatiken, und offenbar nun auch Berganfahrhilfen. Anscheinend auch, um Autos frauentauglicher zu machen. Und dann regen sie sich auf, wie frauendiskriminierend die Filme der 70er waren.
Hatte ich vor vielen Jahren schon bemerkt und – glaube ich – auch irgendwann mal gebloggt, nachdem ich mal einen Ford Ka gefahren war:
Woran merkt man zuerst, dass man in einem Frauenauto sitzt? Also in einem Auto, das für Frauen konstruiert wurde?
Antwort: Der Schminkspiegel in der Sonnenblende ist auf der Fahrer- statt auf der Beifahrerseite. Und dann lachen die über den siebten Sinn.
Ich fand das heute sehr ernüchternd. Irgendwann muss man zum Autofahren gar nichts mehr können und gar kein Gefühl für das Auto mehr haben, wenn man nicht mal mehr Anfahren am Hang noch selbst können muss und alles automatisch geht. Was machen die dann, wenn die dann doch mal ein Auto ohne Anfahrhilfe fahren müssen?
Oder hat sich das dann mit den E-Autos erledigt?
Da fällt mir ein, dass ich noch nie E-Auto gefahren bin (außer als Schüler Boxauto auf dem Rummelplatz). Ich weiß gar nicht, wie man beim E-Auto das Anfahren am Hang macht. Muss ich echt mal rausfinden. Vielleicht „Auto! – Fahr an!“ rufen oder sowas?