Früher war nicht alles besser…
Ein Leser rügt,…
ich sähe das zu pauschal. Früher sei nicht alles besser gewesen.
Stimmt. Alles war nicht besser. Wir haben in vieler Hinsicht technischen Fortschritt erreicht.
Aber auf einen Denkfehler will ich hinweisen: Man darf früher und heute nicht als Alternativen vergleichen, wie wenn man sich zwischen zwei Wohnungen, zwei Autos, zwei Kameras, zwei Matratzen entscheiden muss. Die eine hat die Vorteile, die andere hat andere Vorteile und so weiter. Es ist ja nicht so, dass die Vorteile von heute die Nachteile gegenüber früher ausgleichen oder im Wettbewerb zählen könnten.
Eigentlich nämlich müsste heute alles besser oder zumindest gleich gut sein. Weil wir ja seit Jahrzehnten daran arbeiten, aus dem früher das heute zu machen.
Jeder einzelne Punkt, der früher besser war als heute, jeder einzelne Punkt sollte uns zu denken geben, warum wir nicht in der Lage waren, den früheren Zustand aufrecht zu erhalten, oder es nicht wollten. Die Frage, was uns an Wissen, an Können, an Haben, an gesellschaftlicher Qualität verloren gegangen ist.
Ich halte solche Standard-Sprüche, auf einen Kritik am Zustand von heute mit einem „früher war nicht alles besser“ zu antworten, als ob man das gegeneinander aufwiegen könnte.
Das wirkt auf mich so, als würde einer sagen „Verdammt, ich habe meinen Geldbeutel verloren“ und der andere antworten „dafür hattest Du früher aber nicht so schöne Schuhe!“.
Jede einzelne Verschlechterung muss erkannt, festgestellt, untersucht werden. Man kann sie nicht gegen anderes aufrechnen. Und wenn ich sage, dass etwas früher besser war, dann hilft es mir nicht, wenn zum Ausgleich dafür die Fernseher heute höhere Auflösung haben oder die Handys mehr können.